Nur ein Streuner

Streunerkatzen erreichen im Durchschnitt nicht einmal annähernd die Hälfte der Lebenserwartung einer normalen Hauskatze. Sie sind ehemalige Haustiere, die an Hunger, Kälte und mangelnder medizinischer Betreuung sterben. Und das in Mitteleuropa. Doch jede und jeder von uns kann etwas tun.

Alice Siebenbrunner, Obfrau vom Tierschutzverein „Wir fürs Tier“ / 28. Feber 2024

Keine medizinische Versorgung, Hunger und Kälte setzen den Streunertieren hart zu. Einstein hatte Glück im Unglück. Er hatte eine Futterstelle und so wurde seine Verletzung bemerkt und er konnte gefangen und tierärztlich versorgt werden. Nach seiner Genesung wurde er wieder an seiner Futterstelle entlassen.

Wer gilt als Streunerkatze?

Streunerkatzen – so nennt man Katzen, die niemandem gehören und auf sich gestellt überleben (müssen). Sie leben von Geburt an ohne Nähe zum Menschen, weshalb sie sehr scheu sind. Haben sie Erfahrungen mit Menschen gesammelt, können sie mit der Zeit auch zutraulicher werden. Aber nicht immer gelingt das.

Hauskatzen zählen zu den domestizierten Tieren. Das heißt, durch Eingreifen des Menschen hat sich ihre Entwicklung verändert. Sie sind also keine Wildtiere. Auch Streunerkatzen können in der Natur nicht sehr lange überleben. Gleichzeitig sind Streunerkatzen auch keine wirklichen Haustiere mehr. Sie liegen also irgendwo dazwischen.

Füttern ja oder nein?

Immer wieder bekommen wir von verschiedenen politischen Stellen aufgetragen, Streuner nicht zu füttern. Also die Strategie zur Lösung des Streunerproblems in Österreich scheint offenbar zu sein, darauf zu vertrauen, dass sie in der Natur nicht lange überleben können und sich das Problem damit selbst erledigt. Eigentlich eine durchaus ethisch erschreckende Einstellung, um von Menschen geschaffene Probleme zu lösen. Vor allem für ein Land wie Österreich.

Klar, nach außen hin wird das anders kommuniziert. Man setzt auf Kastration. Eine interessante Zugangsweise. Nachdem ich bereits zehn Jahre lang Kastrationsprojekte bei Streunerkatzen durchführe, kann ich nämlich getrost behaupten, ohne regelmäßig besuchte Futterstelle kann man keine Streunerkatzenpopulation fangen, um sie kastrieren zu lassen. Da wird es dann zum ersten Mal schwierig mit dem weisen Ratschlag. Ebenso der Gedanke, nach der Kastration die Katzen einfach im Stich zu lassen, die Futterstelle wieder aufzulösen, mit dem Ziel – ja was für einem Ziel eigentlich? Ihr Leben zu verkürzen?

Kontrollierte Futterstellen sind in der Praxis der beste Weg, um eine Streunerkolonie komplett kastrieren zu können. Viel problematischer sind jene Katzen, die ohne fixen Standort und ohne Überblick, wie viele es eigentlich sind, von Misthaufen zu Misthaufen wandern. Also die Strategie des Nichtfütterns ist aus der Praxis betrachtet mehr als fragwürdig.

Streuner haben in Tierheimen nichts verloren!

Komplett verwilderte Katzen lassen sich nur noch begrenzt bis gar nicht mehr an den Menschen gewöhnen. Sie sind es gewohnt, in der Natur zu leben. Diese Entwicklung lässt sich leider nicht rückgängig machen. Es ist nicht in ihrem Sinne, sie einzusperren und dauerhaft in einem Tierheim unterzubringen. Auch hätten wir in Österreich und vor allem im Burgenland nicht einmal ansatzweise die Kapazitäten, um Streunerkatzen unterzubringen. Also die Katze einfach einzufangen und ins nächste Tierheim zu bringen, ist vollkommener Humbug und in keinem Fall im Sinne des Tieres.

Was kann man für die Streuner tun?

Der ganz klar wichtigste Punkt überhaupt: Streunerkatzen müssen unbedingt kastriert werden! Und zwar sofort, wenn sie auftauchen. Nicht, wenn sie sich dann ein, zwei Jahre später auf 20 Katzen vermehrt haben (ja so schnell geht das). Hilfe findet man bei örtlichen Tierschutzvereinen und Tierärzten. Die Mithilfe von Anrainern ist aber unbedingt notwendig, um das massive Streunerproblem hier in der Region in den Griff zu bekommen. Nur Kastration verhindert, dass noch weitere Katzen diesen traurigen Lebensbedingungen ausgesetzt sind. Das Land bietet in Kooperation mit Gemeinden und Tierärzten Gutscheine zur Kastration von Streunerkatzen an. Diese können bei der Gemeinde angefragt werden.

An dieser Stelle müssen auch die wenigen, aber unermüdlichen Tierschützerinnen erwähnt werden, die ohne jegliche Unterstützung für Fahrt- oder Futterkosten (oft auch Tierarztkosten) in ihrer Freizeit mithelfen, Streunerkatzen einzufangen.

Eine Futterstelle (bitte unbedingt auch regelmäßig frisches Wasser!) und eine warme Unterkunft in Form eines Häuschens aus Styropor zum Beispiel. Auch das ist eine Form, um Streunern zu helfen. Sie kann entscheidend über Leben und Tod sein. Wichtig bei solchen kontrollierten Futterstellen ist, darauf zu achten, ob neue unkastrierte Katzen dazukommen. Um dann auch sofort reagieren und den Neuzugang kastrieren lassen zu können.

Verletzte oder kranke Streuner sofort melden oder selbst zum Tierarzt bringen! Das Land übernimmt die Erstbehandlungskosten für verletzte Katzen. Im Zweifelsfall immer den örtlichen Tierschutzverein hinzuziehen und um Hilfe bitten. In Österreich sollte kein (Haus)tier einen langsamen leidvollen Tod aufgrund fehlender medizinischer Betreuung erleiden müssen.

Ein Auswilderungsplatz für Streuner aus Tierheimen werden. Leider sitzen immer wieder Streunerkatzen oder sehr scheue Katzen in Tierheimen. Auch wir übernehmen oft Streunerkatzen, die schwer krank oder verletzt sind und pflegen sie gesund. Unserer Ansicht nach haben auch sie es verdient zu leben und so kämpfen wir um jedes Leben. Auch um das eines Streuners. Auch wenn das manch ein Politiker nicht verstehen mag.

Sehr oft können diese Katzen aber nicht mehr an ihrem angestammten Bereich ausgewildert werden bzw. es ist keine Futterstelle vorhanden. Daher warten sie oft sehr lange im Katzenhaus, um adoptiert zu werden. Gesucht werden hier Menschen mit Reitställen oder auch Bauernhöfen, die die Katzen für die erste Zeit einsperren und ihnen dann eine verlässliche Futterstelle und warme Unterkunft im Winter anbieten können. Im Gegenzug werden sich die Katzen zum Beispiel sicherlich eifrig des Mäuseproblems annehmen.

Eine schwer verletzte Katze. der Rücken ist offen die Schwanz ist völlig abgestorben. Das Fell ist komplett zersaust

Keine medizinische Versorgung, Hunger und Kälte setzen den Streunertieren hart zu. Einstein hatte Glück im Unglück. Er hatte eine Futterstelle und so wurde seine Verletzung bemerkt und er konnte gefangen und tierärztlich versorgt werden.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert