Kommentar

Verstand und Herz

SPÖ-Querelen, Gebühren, die Sache mit den Preisen und die Suche
nach dem österreichischen Herz.

© Foto Memed Nurrohmad/ Pixabay

Was für ein Mai! Keine lieblichen Nächte, dafür Regentropfen, die auf meine Birne klopfen. Soll ja gut sein gegen Haarausfall, der Mairegen. Aber irgendwann ist es mit jeder Vegetation aus und vorbei. Der See und die ihn umgebenden Lacken hatten das Wasser echt nötig, auch wenn es unsereins schon genervt hat. Dazu die Temperaturen, die uns zu allem Unglück noch eine unnötige Heizsaisonverlängerung eingebracht haben.

Dann noch die Querelen in der SPÖ mit uns Burgenländern als Hauptdarsteller, deren Ende allerdings so schnell nicht absehbar sein wird. Eine Regierung, die noch immer nicht imstande ist, im Interesse der Allgemeinheit zu handeln, sondern immer noch Klientelpolitik betreibt. Kein Mietpreisdeckel, um die Immobilienspekulanten nicht zu vergrämen, kein Klimaschutzgesetz, obwohl wir bei den Klimazielen weit hinten nachhinken. Dafür Einschnitte bei den Kommunalausgaben, was wiederum die Gemeinden als existenzbedrohend sehen, obwohl, ehrlich gesagt, wir in den letzten Jahren in allen Bereichen ordentliche Gebührenerhöhungen zu schlucken hatten. Offenbar noch nicht genug, wenn man von einer Bedrohung der Infrastruktur und Ähnlichem redet. Ich mach mir da keine großen Sorgen, denn es wird andere Mittel und Wege geben, den Bürgern in die Tasche zu fahren. Es schaut ja auch keiner drauf, ob das alles gerechtfertigt ist oder nicht. Jede kleine Preiserhöhung, jeder Engpass bei irgendeinem Produkt irgendwo auf der Welt wird von den Goldnaseschnüfflern sofort zum Anlass genommen, um Preiserhöhungen zu rechtfertigen. Und schon dreht es sich wieder, das Teuerungskarussell und die Verursacher zeigen der Regierung die lange Nase und die geht gebückt von dannen. Dann haben wir eine bombige Inflation, sind angeblich bereits das teuerste Land in der EU und haben sofort die Ursache dafür gefunden.

Die Zinsen! Sie gehören erhöht und das obwohl eigentlich klar ist, dass der Inflationstreiber der unverschämt hohe Energiepreis ist und dass wir immer noch wie kein zweites Land EU-weit von russischem Gas abhängig sind und nichts, aber auch wirklich nichts dagegen tun. Warum auch, der Staat verdient prächtig und würde er es wirklich ernst nehmen mit dem Klimaschutz und erneuerbarer Energie, dann würde es nicht halbherzige Förderungen geben, die meist schon am ersten Tag der Auflage weg sind und wie in einem Lotteriespiel vergeben werden. Werden die Zinsen erhöht, wird sich das natürlich wieder in den Preisen wiederfinden. Jungunternehmer können ihre Firma nicht weiterentwickeln, junge Familien können sich weder Wohnung noch Haus leisten. Wer jetzt glaubt, der Sparer hat was davon, irrt ebenfalls. Und wir kennen das ja alle. Was einmal teuer ist, wird selten wieder billiger. Zumindest nicht in dem Ausmaß, das fair wäre. Schließlich haben wir uns ja gewöhnt an die Preise und haben nichts dagegen unternommen. Lebensmittel und Energie sind halt keine Coronaimpfstoffe und ungeeignet, sie populistisch auszuschlachten. Wir jammern über die hohen Preise, haben uns aber selbst den Supermarktketten, die über unsere Ernährung bestimmen, ausgeliefert. Dem kleinen Greißler, der eine 80-Stunden-Woche hatte und für ein paar hundert Einwohner die Nahversorgung bestritt, hat man seinen bescheidenen Wohlstand nicht gegönnt. Wegen ein paar Cent ist man lieber ins Auto gestiegen und hat den Anonymus reich gemacht. Kennt man nicht, muss man auch nicht neidig sein drauf. Und jetzt haben wir‘s und müssen das zahlen, was die wenigen Ketten verlangen. Selber schuld kann ich da nur sagen. Immer sind es ja die anderen, die die Schuld haben und die, die dieses zutiefst österreichische Gefühl am besten bedienen, sind in der Gunst der Wähler ganz oben. Mir fällt da immer Bert Brecht ein, der einst sagte: „Nur die dümmsten Kälber wählen sich ihren Schlächter selber.”

Dann noch unsere Verteidigungsministerin und ihr Chef, die sich dagegen ausgesprochen haben, österreichische Entminungs-Spezialisten in die Ukraine zu schicken. Mit welchem Stimmenklientel rechnet man denn bei so einer kurzsichtigen, inhumanen und für unser Land beschämenden Entscheidung? Wenn es dereinst um den Wiederaufbau der Ukraine geht, wollen wir natürlich wieder dabei sein und werden uns wundern, warum man es anderen überlässt, das an Ressourcen reiche Land wieder aufzubauen. Wo ist das österreichische Herz? Wo sind die Politiker, die zu ihrer Meinung stehen, ohne auf Boulevard und Stammtischbrüder zu schielen? „Nichts macht uns feiger und gewissenloser als der Wunsch, von allen Menschen geliebt zu werden.” Marie von Ebner-Eschenbach hat das geschrieben.

Aber jetzt genug der Jammerei, macht‘s ja nicht besser, aber gehört halt auch manchmal gesagt. Wir freuen uns auf einen schönen Sommer und endlich Frieden und Liebe unter den Menschen. Alles Gute und passen Sie auf sich auf!

Ihr Feri Tschank


Feri Tschank
Seine Stimme und sein Gesicht gehören wohl zu den bekanntesten des Burgenlandes, denn zwei Jahrzehnte (ab 1979) hat er beim ORF Landesstudio Burgenland als Sprecher und Moderator Tausende Radio- und Fernsehbeiträge gestaltet. Die Sendung „Burgenland heute“ hat er von den Anfangsjahren (1988) weg begleitet. 1998 wechselte er zum BKF und war dort zunächst Programmchef, ab 2008 Chefredakteur bis zu seiner Pensionierung. Feri Tschank gilt als versierter Kenner des pannonischen Raumes und hat während seiner journalistischen Karriere besonders in den Bereichen Kunst, Kultur, Kulinarik wesentliche Eckpfeiler gesetzt. Unter anderem hat er mit „Prisma“ die erste grenzüberschreitende TV-Sendung mit EU-Mitgliedsstaaten entwickelt.

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