Was Bäume für die Klimaverbesserung bewirken können

Laut Klimaschutzindex 2024 liegt Österreich auf Platz 32 von 63 bewerteten Nationen.

Baumfreunde Gastkommentar Arch.D.I. Hellmut RAUCH / 23. Jänner 2024

Bäume sind Nahrungsgrundlage, Lebensraum und Energiequelle.

Im kürzlich veröffentlichten Klimaschutzindex 2024 – erstellt nach objektiven
Kriterien (bewertete Indikatoren: Treibhausgasemissionen, Energieverbrauch, erneuerbare Energie, Klimapolitik) – liegt Österreich auf Platz 32 von 63 bewerteten Nationen. Dieses bescheidene Ranking – übrigens hinter Pakistan und Kolumbien auf den Plätzen 30 und 31 war den heimischen Medien bestenfalls eine Randnotiz wert. Um einen jahreszeitlich passenden Vergleich anzustellen: wäre bei einem internationalen Schirennen der beste Österreicher auf Platz 32 gelandet wäre vermutlich der nationale Notstand ausgerufen worden. Aber hier geht es ja „nur“ um die Grundlagen und Zukunft unserer Existenz.
Dabei ist in dieser Situation dringender und sofortiger Handlungsbedarf gegeben, eine Hauptrolle kommt hier dem Gebäudesektor zu. In einem, allerdings bereits älteren Artikel der „Presse“ lese ich den einleitenden Satz: „Diversen Studien zufolge sind Gebäude für rund 50 Prozent des weltweiten Ressourcenverbrauchs,
40 Prozent des Energiebedarfes, 30 Prozent der Emissionen und 20 Prozent der Krankheiten verantwortlich“. Diese Prozentsätze sind mehr als grob geschätzt und obendrein kaum quantifizierbar, die Quintessenz dieses Satzes ist hingegen unbestreitbar: das gegenwärtige Bauen mit dem unverantwortlichen Bodenverbrauch, der Energie fressenden Produktion von Baustoffen, wie Zement, Stahl, Aluminium, Glas, dem mangelnden Recycling etc. muss verändert werden, hin zu nachhaltigem Baustoffen und Bauprozessen.
Wie Bäume und ihre Biomasse den Ressourcenverbrauch, die Energievergeudung, die Emissionen verringern und zusätzlich der Gesundheit der Bewohner dienen können, soll nachfolgend dargestellt werden.

Der Turbobaum

Bäume haben in mehrfacher Hinsicht das Potential bei der Klimawende eine mitentscheidende Rolle zu spielen. Sie brauchen Kohlenstoff aus der Luft zum Wachstum und erzeugen mittels Assimilation Sauerstoff. Die im Verlauf des Baumlebens erzeugte Biomasse wirkt z.B. als Baustoff für Gebäude auf Bestandsdauer als CO2-Speicher. Ein unbestrittener Nachteil unserer einheimischen Bäume besteht in ihrem langsamen Wachstum. Der aus Asien stammende, am schnellsten wachsende Paulownia- oder Kiribaum, deshalb auch als „Turbobaum“ bezeichnet, könnte das Volumen unseres Holzangebotes massiv vergrößern. Sein Nachteil: er ist ein invasiver Baum, d.h. er verdrängt einheimische Pflanzenarten, deshalb wird er bei uns bisher nur als Hybrid gezüchtet, der sich nicht selbst fortpflanzt. Bekommt man dieses Problem in den Griff, wie bei anderen invasiven Pflanzen z.B. der Robinie, liegen die Vorteile klar auf der Hand: ein Baum der ein mehrfaches an Holz in demselben Zeitraum produziert wie einheimische Baumarten kann im Holzbau einen Entwicklungsschub einleiten. Die Ressourcen schonende, nachhaltige, weil nachwachsende Biomasse verarbeitende Holzbauweise ist bereits jetzt im Vormarsch. Neu entwickelte Bausysteme wie Großfertigteile aus Brettschichtholz oder wieder verwendbare Bauholzelemente, verwirklichen die mit massiven Baustoffen nur schwer umsetzbare Kreislaufwirtschaft, weisen also eine exzellente Ökobilanz auf. Dass Konstruktion und Brandschutz bei mehrgeschossigen Holzgebäuden als Hybrid – Hochhäuser (lediglich das Fluchtstiegenhaus und die Lichtschächte bestehen aus Stahlbeton) bereits ausgereift sind, zeigen wegweisende internationale und heimische Beispiele, wie das HoHo in Wien Aspern, 84 m hoch.
Im Kostenvergleich mit dem Massivbau müsste diese Bauweise in absehbarer Zeit ebenfalls punkten.

Alternative Dämmstoffe

An Gebäudedämmungen werden immer höhere Ansprüche gestellt, wobei der Trend zu naturnahen, nachwachsenden Rohstoffen geht. Diese haben im Vergleich zu synthetischen Materialien den wesentlich kleineren ökologischen Fußabdruck. Grundstoffe dafür sind Holzabfälle und Nutzpflanzen, wie Holzfasern, Hanffasern, Flachsfasern, Zellulose, Kork etc. Ein geringer Nachteil dieser naturnahen Materialien besteht darin, dass einige mit Flammschutzmitteln imprägniert werden müssen.

Gesundes Wohnen

Der moderne Mensch verbringt bis zu 80 Prozent seiner Zeit in geschlossenen Räumen, zusätzlich werden die Gebäude aus Energiespargründen immer luftdichter ausgeführt. Dadurch kommt es zum sogenannten „Sick-Building-Syndrom“: flüchtige organische Verbindungen aus Klebstoffen, Lacken, Farben, Kunststoffen etc. werden in Form von Formaldehyd, Styrol, Lösungsmittel an die Raumluft abgegeben und gefährden so die Gesundheit der Bewohner. (Weitere krankmachende Faktoren und Stoffe, wie das radioaktive Radongas werden in diesem Beitrag nicht thematisiert.)
Aus baubiologischer Sicht sind elektrostatisch neutrale, diffusionsoffene und hygroskopische Oberflächen ideal. Unbehandelte Holzwände und –decken erfüllen diese Ansprüche: sie sind im Gegensatz zu Synthetikmaterialien wie z.B. PVC – Fußbodenbelag, elektrisch neutral, sie nehmen überschüssige Luftfeuchtigkeit auf und geben diese an zu trockene Innenluft wieder ab. So leistet die Verwendung von Holz und Holzprodukten einen essentiellen Beitrag zum gesunden Wohnen.

Fazit

Der lebende Baum als Sauerstoffspender und CO2-Senker, sein Holz als nachhaltiger Baustoff sind für die Klimawende unersetzlich. Als Ergänzung zu den heimischen Baumarten bietet sich der schnell wachsende Paulowniabaum an. Durch das größer und auch kostengünstiger werdende Holzangebot ist ein Schub in Richtung ökologischer nachhaltiger Bauweise zu erwarten. Künftige effizientere Holzbauweisen und neue Holzprodukte könnten dem Massivbau – auch preislich – Paroli bieten. Der größte Pluspunkt der Holzbauweise liegt aber im kleinen ökologischen Fußabdruck und im verbesserten Wohnklima.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert