Lebenswert

Singles 2020

Singles haben es heuer besonders schwer, jemanden kennenzulernen. Statt Nähe heißt es, Abstand halten. Viele sind durch die Isolation in die Einsamkeit geschlittert. Nicht nur die ausbleibende Sexualität, die zu unseren Grundbedürfnissen gehört, macht Singles zu schaffen. Auch unter den fehlenden sozialen Kontakten leiden viele.

Foto: Nicoleta Ionescu

Bis Mitte März war die Welt für Andrea in Ordnung. Sie wünscht sich zwar einen Partner an ihrer Seite, aber der richtige war bisher nicht dabei. Bisher war sie damit gut zurecht gekommen, denn sie ist in einen guten sozialen Freundeskreis eingebunden. Dann kam Covid und der Lockdown. Aber auch nach dessen Aufhebung merkt sie, dass sie zunehmend in die Einsamkeit schlittert. Ihr soziales Umfeld hat sich verändert. Viele Freunde haben sich zurückgezogen und bleiben in ihrem System. Auch diejenigen, die in einer Paarbeziehung sind, halten Abstand zu anderen. Andrea fühlt sich alleingelassen und ausgeschlossen. Auszugehen ist auch schwierig geworden. Das Dating-Verhalten hat sich verändert. Der Babyelefant ist immer mit dabei. Aber Andrea wünscht sich mehr denn je eine Beziehung, weil sie durch den Verlust ihrer sozialen Kontakte einsam ist.

Alles anders

Vor Corona gingen Singles unbeschwerter in ein erstes Date. Nähe zulassen, sich küssen und auch Sex – alles war möglich. Aber wie soll so ein Treffen jetzt aussehen, wo Abstand angesagt ist? Was darf man und was nicht? Diese Phase der erzwungenen Isolation und Abstinenz weckt die Sehnsucht nach Körperlichkeit, nach Nähe und Zweisamkeit und nährt den Wunsch nach einer stabilen Beziehung. Die Zukunft ist ungewiss, denn es gilt nach wie vor, Abstand zu halten. Keine Partys, Konzerte oder andere Veranstaltungen, wo sich Kontakte ergeben. Was bleibt, ist das Internet – und Porno- sowie Single-Plattformen boomen. Aber das ist nicht befriedigend und ersetzt keine persönlichen Treffen. Was können Singles also tun?

Gegen die Isolation

Achten Sie jetzt mehr denn je auf sich und versuchen Sie aktiv und in Kontakt mit anderen zu bleiben. Sprechen Sie mit Ihren Freunden über Ihre Einsamkeit. Telefonieren und chatten Sie mit Ihnen und vereinbaren Sie weiterhin Treffen und Dates! Aber verlegen Sie diese in die Natur und gehen Sie spazieren. Achten Sie auf Ihr Tempo bei Dates und versuchen Sie den Blick nicht auf das zu richten, was nicht möglich ist, sondern auf das, was positiv und spannend ist. Genießen Sie es, dass nun alles etwas mehr Zeit braucht und erkennen Sie die Erotik und sexuelle Energie, die in einem Blick oder einer Gestik stecken kann. Pflegen Sie Ihre Kontakte und bleiben Sie aktiv. Aber suchen Sie nicht verbissen nach einer Beziehung, die Sie vor der Einsamkeit rettet.
Gehen Sie nicht mit dem Gedanken in ein erstes Date, dass es klappen muss, um nicht allein zu sein, sondern dass Sie vielleicht einfach nur einen Menschen kennenlernen, mit dem Sie ab und zu etwas unternehmen können. Scheuen Sie sich aber vor allem nicht davor, Ihren Freunden zu sagen, dass Sie sie gerade jetzt brauchen.

www.silviamessenlehner.at


Silvia Messenlehner
Klinische Sexologin und Sexualtherapeutin

Schreibe einen Kommentar

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

1 Antworten