Ein Leben für den Glauben UND die Liebe: Die besondere Berufung von Franz Horvath

Franz Horvath verbrachte 15 erfüllte Jahre als Pfarrer in Litzelsdorf und Kemeten. Doch dann trat eine Wendung in seinem Leben ein, die den bisherigen Weg auf den Kopf stellte: die Liebe zu einer Frau. In einem mutigen Schritt entschied er sich für die Liebe und verließ seinen priesterlichen Beruf, aber nicht seine Berufung. Heute, als verheirateter Familienvater, geht der Seelsorger einen neuen Weg, um seine Liebe zu Gott und den Glauben auf eine andere Weise mit Menschen zu teilen. Im Interview mit prima! erzählt er zum ersten Mal seine bemerkenswerte Geschichte.

Chiara PIELER / 29. November 2023

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Mag. Franz Horvath bezeichnet sich selbst als Seelsorger auf Lebzeit.

„Ein bisschen war es bei mir so: Genau wie andere Kinder Lokführer werden wollten, habe ich schon immer den Pfarrberuf im Kopf gehabt“, schmunzelt Franz Horvath. Aufgewachsen in einer großen Familie in Zagersdorf war er von Kindheit an mit den Traditionen und Gottesdiensten der katholischen Kirche vertraut. Die Nähe zum Glauben entwickelte sich vor allem durch seine Rolle als Ministrant. Das Ritual der Heiligen Messe, damals noch in lateinischer Sprache, übte eine besondere Faszination auf ihn aus. „Der kindliche Zugang war, dass es sich um etwas Magisches handelt. Es geht um ein Geheimnis, das macht Spiritualität aus. Was das für ein Geheimnis ist, verstehe ich erst mit zunehmendem Alter“, so der Seelsorger. Der Weg, den Pfarrberuf zu verwirklichen, war geebnet nach dem Besuch des Kleinen Seminars in Mattersburg. Ein besonderes Ereignis in seiner Kindheit, das den Berufswunsch nachhaltig geprägt hat, war ein zufälliges Zusammentreffen im Bus auf dem Weg zur Schule. Ein älterer Mann sprach Horvath an und fragte, was er denn werden wolle, wenn er erwachsen sei. Als der junge Mann ihm mit „Pfarrer“ antwortete, erhielt er 20 Schilling – verbunden mit dem Wunsch, für ihn zu beten, sollte alles so kommen. „Vielleicht war es auch ein Versprechen, das ich damals abgegeben habe, ich denke heute noch oft an diese Begegnung.“ 

Den Pfarrberuf nach der Schulzeit sofort ansteuern, wollte Horvath vorerst nicht. „Vom Ministranten zum Pfarrer, das wäre mir dann doch zu glatt gegangen“, lacht er. Somit entschied er sich nach der Matura für ein Theologiestudium, mit der Absicht, einmal Religionspädagogik zu unterrichten. Nachdem das Studium bereits weit fortgeschritten war, wagte Horvath mit 25 Jahren den Schritt dann doch und besuchte das Priesterseminar. Diese Entscheidung traf er zum damaligen Zeitpunkt mit besten Absichten. „Dass ich keine 20, 30 Jahre meines Lebens vorausschauen konnte, ist aber klar. Ereignisse können auftreten, wo dieses Versprechen nicht mehr das Gewicht hat, das es zuvor hatte“, fügt Horvath im Hinblick auf das Zölibat hinzu. Dass er den Wunsch nach einer eigenen Familie hegte, hatte er immer im Hinterkopf. Nach der Priesterweihe ging es für ihn in die Dompfarre nach Eisenstadt, wo er als Kaplan anfangen konnte. Jahre später sehnte er sich nach einer Veränderung und kam in die beiden Pfarren Litzelsdorf und Kemeten. Mit Überzeugung übte er seinen Beruf aus, aber merkte, dass sich nach insgesamt 15 Jahren als Priester etwas verändert hatte: „Die zölibatäre Lebensform habe ich zwar gewählt, aber mit der Zeit nur noch in Kauf genommen. Es führte vom Alleinsein zur Einsamkeit und war letztendlich ein Balanceakt.“ 

Bei einer spirituellen Reise nach Assisi lernte Franz Horvath schließlich seine spätere Frau kennen, und für ihn war klar: Es musste eine Entscheidung folgen. „Ich habe also bei Bischof Iby um eine einjährige Bedenkzeit gebeten“, erzählt er. Innerhalb dieses Jahres entschloss er sich dazu, den Beruf als Priester aufzugeben – aber nicht die Berufung, den Menschen den Glauben näherzubringen. Überwindung kostete es ihn damals, allen Bescheid zu geben, aus Angst vor Enttäuschung. Heute hat sich der Seelsorger mit dieser Ansicht versöhnt: „Jetzt kann ich sagen, dass ich diese zölibatäre Lebensform nicht eingehalten habe, aber das, was das Priester-Sein ausmacht, lebe ich heute noch – mit meinem Glauben.“ Horvath war danach noch 15 Jahre lang im kirchlichen Dienste, als Mitarbeiter im Hospizbereich der Caritas. Seit 2016 arbeitet er nun als Seelsorger und Psychotherapeut am Sterntalerhof. Hier unterstützt und begleitet Horvath Familien mit schwerkranken Kindern. Dabei bearbeitet er existenzielle Fragen rund um Leid, Schuld und Tod. 

„Wenn mich jemand nach meinem Beruf fragt, sage ich immer, dass ich Seelsorger bin und es auch immer war“, so Horvath. Dabei sieht er sich nach wie vor als Priester, obwohl er dieses Amt niedergelegt hat. Lediglich die Form hat sich geändert. Hier spricht er aber auch Schwierigkeiten an: „Solange man im System Kirche ist, befindet man sich in einer Filterblase und hat nicht den Blick für das, was schiefläuft. Der Glaube ist unverändert, was sich aber verändern sollte, ist die Kirche als Institution.“ Horvath hält Religionen für essenziell, sagt aber auch, dass die Kunst darin besteht, zwischen dem Glaubensinhalt und den Institutionen, die davorstehen, zu unterscheiden. Die Kirche müsse sich angesichts der gesellschaftlichen Veränderungen weiterentwickeln, ohne jedoch die inhaltlichen Werte zu vernachlässigen. Horvath plädiert rückblickend auf seinen bisherigen beruflichen Werdegang dafür, dass jeder das machen sollte, wozu er sich berufen fühlt: „Wichtig ist, dass man sich den Fragen, die das Leben aufwirft, stellt. Denn letztendlich geht es darum, dem Geheimnis des Lebens auf die Spur zu kommen. Das ist der Sinn des Lebens“, schließt der Seelsorger daraus. 

Das liturgische Gewand trägt Horvath nicht mehr als Priester in der Kirche, aber auch heute noch zu besonderen Anlässen.

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