„Ich bin…“ Geschichten eines Tagträumers

Willy Puchner hat in seiner künstlerischen Selbstverwirklichung wahrscheinlich eines perfektioniert: das innere Kind stets an seiner Seite zu haben. In seinem neuen Buch „Ich bin…“ lässt er Emotionen und innerliche Herausforderungen in verschiedenen Fabelwesen aufleben und schafft damit nicht nur für Kinder eine unterhaltsame und vor allem tröstliche Lektüre.

Eva Maria KAMPER / 29. November 2023

Foto©Eva Maria Kamper

Es ist einer der späten warmen Herbsttage, als der namhafte Künstler und Wahlburgenländer Willy Puchner das geheimnisvolle Tor zu seinem Vierkanthof in Oberschützen erneut für prima! öffnet. „Mögen Sie Rosinen?“, ist die einhergehende Frage seinerseits. Er habe nämlich gerade einen Apfelstrudel gebacken. „Es ist aber wohl mehr ein Rosinenstrudel geworden“, lacht der 71-jährige freischaffende Fotograf und Autor verschmitzt.

Grund des Besuches ist die Buchbesprechung seines neuen Werks „Ich bin…“ für das wir direkt im Wohnzimmeratelier von Willy Puchner Platz nehmen, mit grandiosem Ausblick ins Grüne durch das große Fenster des Obergeschoßes. „Inspirationen für meine Geschichten finde ich überall, bei Spaziergängen in der Natur oder bei momentanen Augenblicken“, schildert Willy Puchner und erzählt, dass er für seine Arbeit auch mit Workshops durch unterschiedliche gesellschaftliche Settings in Betrieben, in Altenheimen, Spitälern oder sogar Gefängnissen oder im Parlament zugegen war. Doch nichts sei ihm wichtiger, als wenn eine Kindheitserinnerung hochkommt. „Eine Erinnerung aus der Kindheit ernst zu nehmen, ist für mich eine Form von Glück“, ist ein Motto von Willy Puchner. 

Einhergehend mit der Entstehung der Geschichten im Buch sind auch die Illustrationen der Fabelwesen alle von Willy Puchner im Original selbst gemalt, per Pinsel oder Feder mit Acryl. Detailgetreu und für sämtliche Eigeninterpretationen gewappnet. 

So finden sich im neuen Buch 32 eigens illustrierte, wundersame Fabelwesen, die jeweils einen eigenen Zugang zu Gefühlen und zur Phantasie haben. „Ich bin… die Schmuckmaus. Ich lebe im dunklen Wald. Am liebsten trage ich ein Halsband mit goldgelben Blättern. Ich würde mich gerne in den Spiegel schauen, aber im Wald gibt es keinen. Darum schleiche ich mich manchmal in die Häuser der Menschen“, liest Willy Puchner laut aus seinem Buch vor. 

In Kurzgeschichten wie diesen kommen auch andere originelle Tiere wie der Angsthase, das Arbeitstier, die Leseratte, der Schneefisch und viele weitere mit „Ich bin…“ zu Wort, die kleinen und großen Leserinnen und Lesern dabei helfen sollen, sich selbst zu finden, verschiedene Gefühlswelten zu erkunden und das Selbstwertgefühl zu stärken. Die wichtigste Botschaft dabei sei: Jeder ist anders und jeder darf so sein, wie er ist. Oder jeder soll träumen können, wie er einmal sein möchte. Der Künstler Willy Puchner hat diesen Vorsatz längst zum Alltag gemacht, mit seinem eigenen Ich und seinen Träumen gut umzugehen: „Oft träume ich irgendetwas und wache auf und skizziere es.“ Aber noch besser sei der sogenannte Tagtraum, dessen Kunst es ist, ihn trotzdem zu bewahren. 

Willy Puchner

Geboren am 15. März 1952, wuchs er in der niederösterreichischen Bezirkshauptstadt Mistelbach als Sohn eines Fotografenehepaars auf. Von 1967 bis 1974 besuchte er die Graphische Bundes-Lehr- und Versuchsanstalt in Wien, Abteilung Fotografie. Seit 1978 ist er freischaffender Fotograf, Zeichner, Künstler und Autor. Von 1983 bis 1988 studierte er Philosophie, Publizistik, Geschichte und Soziologie.
Berühmt wurde Willy Puchner mit dem Projekt „Die Sehnsucht der Pinguine“. Er reiste mit den Polyester-Pinguin-Figuren Joe & Sally vier Jahre lang ans Meer und in die Wüste, nach New York, Sydney, Peking und Paris, nach Venedig, Tokio, Honolulu und Kairo, um sie dort im Bild festzuhalten.
Seine gezeichneten und handgeschriebenen (Reise-)Materialbücher, erschienen als „Tagebuch der Natur“ (2001) und „Illustriertes Fernweh“ (2006), sind „eine ruhelose Vermessung der Welt“, vielleicht auch der Wunsch, seinen eigenen Platz im Koordinatensystem des Globus zu finden.

Willy Puchner arbeitete viel mit alten Menschen, dabei entstanden die Projekte „Die 90-Jährigen“, „Dialog mit dem Alter“, „Die 100-Jährigen“, „Lebensgeschichte und Fotografie“ und „Liebe im Alter“.
Willy Puchner ist Gewinner des Österreichischen Kunstpreises 2022 in der Sparte Kinder- und Jugendliteratur. Seine Materialbücher seien „kunstvolle Wunderkammern voller Eindrücke und Geschichten, die dazu anregen, die eigenen Wunderwelten und sich selbst in ihnen zu entdecken“, so die Jury.

Ich bin …: Originelle Fantasie-Tiere und wundersame Fabelwesen.

Ein Kinderbuch ab 5 Jahren. Fördert die Identitätsentwicklung, den Umgang mit eigenen Emotionen und die kindliche Vorstellungskraft. Gebundene Ausgabe – 1. September 2023
von Willy Puchner / Vermes-Verlag; 1. Edition

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