Porträt

„Ich hab den schönsten Beruf auf der Welt“

Sieglinde Pfänder ist Pfarrerin der evangelischen Kirche A.B. in Oberwart. Sie ist aber auch Ehefrau, Mutter, Geschäftsführerin, Obfrau und schafft es in jeder dieser Rollen, sich ganz auf die Menschen ihrer Umgebung einzulassen.

Foto: Nadja Meister / Diakonie Österreich

Pfarrerin Sieglinde Pfänder

 

Mit einem entspannten Lächeln sitzt Sieglinde Pfänder in ihrem Büro der evangelischen Pfarrgemeinde A.B. in Oberwart – Corona sei Dank. So belastend die Pandemie für viele Menschen auch ist, für die Seelsorgerin bedeutet Corona ein Stück Entschleunigung: „Ich bin nun jeden Abend zu Hause und dieses Gefühl erlebe ich zum ersten Mal seit 26 Jahren.“ So lange nämlich ist die gebürtige Bernsteinerin Pfarrerin und diese Entscheidung hat sie nie bereut. „Ich finde, es ist der schönste Beruf auf der Welt, denn ich liebe die Menschen. Ich bin jeden Tag dankbar dafür, dass ich mit Menschen arbeiten darf. Ich kann in der Früh oft nicht sagen, was auf mich wartet und das macht den Alltag auch schwierig und immer wieder herausfordernd.“

Der Deal mit dem Herrgott

Was die Menschen an Sieglinde Pfänder besonders schätzen, ist gleichzeitig eine ihrer großen Stärken – emphatisch sein und zuhören können, offen sein für die Sorgen und Nöte. „Ich nehme mir Zeit, höre das, was mir ein Mensch sagt und auch das, was er mir zwischen den Zeilen sagt. Zuhören und anpacken hab ich nicht im Studium gelernt, damit wurde ich von Kind an geprägt – von meinen Eltern und Freunden, von meinen Religionslehrerinnen und -lehrern.“

Die Entscheidung, Theologie zu studieren und Pfarrerin zu werden, traf sie über Umwege und ohne einen Ruf Gottes vernommen zu haben. Es hätte sie auch gereizt, Journalistin, Kindergärtnerin oder Sozialarbeiterin zu werden. Und dann gab es noch die Geschichte mit der Großmutter: „Sie erkrankte leider viel zu früh an Krebs und da hat meine Mama versucht, mit dem Herrgott einen Deal zu schließen: Wenn die Oma wieder gesund wird, dann sorgt meine Mama dafür, dass ich Pfarrerin werde. Die Oma wurde leider nicht gesund, sondern starb bald darauf. Pfarrerin bin ich trotzdem geworden.“

Ein starker Halt

Doch zuvor kam noch die Liebe in ihr Leben. Im Zuge eines Sozialpraktikums in Deutschland läuft ihr Andreas, ein gelernter Tischler, über den Weg. Die beiden heiraten, noch in Deutschland kommt Tochter Katharina auf die Welt. Zwei weitere Töchter folgen, als sich die Familie schon in Österreich niedergelassen hat. Während ihr Mann Andreas Teilzeit in die Rolle des Hausmannes schlüpft, wächst die Ehefrau und Mutter Sieglinde Pfänder in die Rolle der Pfarrerin. Ihr Credo. „Evangelisches oder besser christliches Leben beschränkt sich nicht nur auf den Sonntagsgottesdienst, vielmehr geht es um gelebte Mitmenschlichkeit. Jede und jeder einzelne kann dafür sorgen, dass es ein Stück mehr Gerechtigkeit gibt.“

Für Sieglinde Pfänder bietet die Diakonie Übungsfelder, um in der eigenen Gemeinde für mehr Gerechtigkeit zu sorgen. Seit 2010 ist sie die Geschäftsführerin der Diakonie Burgenland und die Obfrau des Evangelischen Diakonievereines. Und sie ist eine, die Bedürfnisse erkennt, die anpackt und initiiert: z.B. das Demenzzentrum Oberwart und Projekte, in denen Flüchtlinge Gemüse anbauen oder Grünland pflegen. Das Ehepaar beherbergt zu Hause seit Jahren junge Männer aus Afghanistan und dem Iran.

Mit ihrem Vorbild möchte Sieglinde Pfänder erreichen, dass die Menschen wieder mehr aufeinander schauen, statt immer nur auf sich selber. So liegt es ihr auch fern, eine Karriere anzustreben. Immer wieder wurde Sieglinde Pfänder für das Superintendenten-Amt ins Spiel gebracht, aber ihr Herz schlägt eindeutig für die Diakonie und die Pfarrgemeinde. Dem neuen Superintendenten Robert Jonischkeit wünscht sie alles Gute.

Was ihre eigene Zukunft betrifft, bleibt sie bescheiden: „Ich hoffe, dass ich noch die eine oder andere Reise machen kann. Es wäre natürlich schön, Oma zu werden, möchte aber meinen Kindern keinen Druck machen.“ Am Ende fällt ihr doch noch ein seit längerem gehegter Wunsch ein: „Ich würde gerne ein Buch schreiben, denn ich hätte viel zu erzählen“, sagt Sieglinde Pfänder noch immer mit ihrem entspannten Lächeln. Wir freuen uns schon darauf.

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