Nicole MÜHL / 28. Feber 2024
© zVg
Monika Prenner mit ihrem Sohn Jonas und ihrer Tochter Lisa.
Monika Prenner muss immer wieder lachen, wenn sie über ihre Tochter Lisa redet. Ihre grauen Augen leuchten dann und richten sich blitzschnell auf ihren Sohn Jonas. Sein Grinsen zeigt, dass er in diesem Moment wohl dasselbe spitzbübische Bild von Lisa im Kopf hat wie seine Mama. Lisa ist 12 Jahre alt und für ihre Familie ein schlagfertiger Wirbelwind. Und sie liebt es, im Mittelpunkt zu stehen. Ganz anders als ihre Mama. Aber Jonas hat im Zuge eines Projektes an der HAK Oberwart kürzlich über sein großes Vorbild referiert und dabei seine Mutter ausgewählt. Das hat Monika Prenner mutig genug gemacht, auch hier über ihr Leben mit Lisa zu reden. Weitab von Begriffen wie „Powerfrau“ oder „Heldin“. Bei solchen Bezeichnungen muss sie lachen. „Das bin ich sicherlich nicht“, sagt sie. Und doch ist ihr Leben anders.
Auf ihr zweites Kind haben sich Monika und Richard Prenner enorm gefreut. „Jonas war damals schon fünf Jahre alt und wir haben uns auf eine gesunde Tochter vorbereitet“, erzählt die in Friedberg lebende Notariatsassistentin. Alle Untersuchungen lieferten unauffällige Ergebnisse. Keine Anzeichen, dass Lisa doch nicht gesund sein könnte. Aber es kam eben anders. Kurz nach der Geburt wurden Auffälligkeiten in Richtung Trisomie 21 festgestellt. „Kinder mit Down-Syndrom haben oft auch einen Herzfehler. Lisa hat eine Herzfehler-Kombination, die sehr selten auftritt“, erzählt Monika Prenner. Bis heute hat Lisa bereits drei große Operationen hinter sich. Ihr Herz funktioniert nur durch einen Herzschrittmacher.
Warum?
Die Frage nach dem Warum ist Monika Prenner hunderte Male durch den Kopf gegangen. Aber selbst, wenn sie während der Schwangerschaft die Diagnose erhalten hätte, hätte es nichts geändert. Lisa wäre in jedem Fall zur Welt gekommen. „Lisa zeigt uns, wie weit sie gehen mag und wo ihre Grenzen sind.“ Darin liege auch der Grund für ihre großartige Entwicklung. Kinder mit Down-Syndrom haben unglaubliche Fähigkeiten und Stärken, von denen wir lernen können, weiß Monika Prenner und betont dabei Lisas spontane Freude und unglaublichen Wortwitz: „Sie ist eine Bereicherung.“
Auch wenn es da die andere Seite gibt – die Sorge um das Kind aufgrund des Herzfehlers: „Vor jeder Operation zerreißt es dich beinahe.“ Aber Monika Prenner hat auch das angenommen. Auch, dass in Lisas Zimmer ein Gerät angebracht ist zur Überwachung des Schrittmachers in der Nacht. „Man lernt, nicht alle paar Minuten draufzublicken oder im Spital anzurufen“, sagt sie.
Im Alter von zehn Jahren hat Monika Prenner ihren zweitältesten Bruder bei einem Verkehrsunfall verloren. Ein Schicksalsschlag, der sie enorm geprägt hat. Aber sie hat schon sehr früh gelernt, auch das Unbegreifliche zu akzeptieren und sich auf das Positive im Leben zu konzentrieren. Die Frage nach dem Warum stellt sie längst nicht mehr.
Auffangnetz
„Wenn werdende Eltern hören, dass ihr Kind mit Trisomie 21 zur Welt kommt, befürchten sie, dass jetzt das eigene Leben quasi vorbei ist und sie sich für das Kind aufopfern müssen“, erzählt Monika Prenner. Mit dieser Vorstellung will sie aufräumen. „In unserem Fall haben wir das Glück, in einer Großfamilie wunderbar eingebettet zu sein“, betont sie. Auch für ihren Sohn Jonas sei ihr das wichtig, weil immer jemand da ist. „Das ist großartig“, sagt sie und verweist gleichzeitig darauf, wie wichtig auch Lisas Platz in diesem Familiensystem ist. Seit dem Tod des Großvaters besucht sie ihre Oma täglich und spielt mit ihr Mensch-ärgere-dich-nicht. „An manchen Tagen sogar fünfmal“, lacht Monika Prenner. Lisa will eben, dass es allen gutgeht.
Monika Prenner hat wieder zu arbeiten begonnen, als Lisa mit drei Jahren in den Kindergarten kam. „Das war mir wichtig“, sagt sie. Ihre Arbeit – zuerst in der Gemeinde und nun in einer Notariatskanzlei in Friedberg – mache sie sehr glücklich. „Und was sollte ich auch daheim tun“, lacht sie. Lisa ist inzwischen auch in der Schule wunderbar integriert.
Für ihre Tochter wünscht sie sich, dass sie einmal einen Job in der freien Marktwirtschaft findet. In einem Kaffeehaus sei sie einmal von einem jungen Mann mit Down-Syndrom bedient worden. Alle waren begeistert von seiner Freundlichkeit und Herzlichkeit. „Es wäre wunderbar, wenn mehr Unternehmen Menschen mit Behinderung eine Möglichkeit auf Arbeit geben würden. Nicht nur für ein Taschengeld, sondern für eine faire Entlohnung“, sagt Monika Prenner. Das habe etwas mit Würde zu tun. Ein inklusives Kaffeehaus wäre ihr Traum.
Monika Prenner ist nie eine gewesen, die widersprochen hat oder für eine Sache laut wurde. Durch die Behinderung und die Herzerkrankung ihrer Tochter habe sie viel erkämpfen und selbst organisieren müssen. „Aber die Liebe zu deinem Kind macht dich stark“, sagt sie. Vor acht Jahren hat sie mit einer anderen Mama eines Down-Syndrom-Kindes den Verein „Wirbelwind 21×3“ gegründet. Eine Anlaufstelle für Betroffene und eine Möglichkeit, sich auszutauschen. „Für Eltern ist es so wichtig, sich untereinander zu vernetzen. Man kann sich gegenseitig so viel weiterhelfen und es ist eine besondere Verbundenheit, weil man sich versteht“, erklärt sie ihre Beweggründe. Und auch, weil sie weiß, dass Menschen mit Down-Syndrom oft sehr sensibel sind und leicht vereinsamen. „Uns war bei der Gründung wichtig, ein Auffangnetz zu schaffen, damit das nicht passiert“, erklärt sie.
Für ihre Tochter hat Monika Prenner gelernt, Dinge zu fordern und sich einzusetzen. Heute ist es ihr wichtig, dass sie ihre Meinung sagt und Zivilcourage zeigt. „Ohne Lisa wäre ich nie über meine Grenzen hinausgewachsen. Sie hat mich mutiger gemacht.

Für ihren Bruder Jonas und ihre Eltern (am Foto unten mit Papa Richard) ist Lisa ein schlagfertiger Wirbelwind.


Ihre Großmutter besucht Lisa täglich und spielt mit ihr „Mensch-ärgere dich-nicht“.

Lisa ist ein richtiger Sonnenschein.
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