„Naturschutz braucht die Zusammenarbeit mit den Gemeinden“

Seit Jahrzehnten stehen sie an vorderster Front, wenn es um den Schutz von Flora und Fauna im Bezirk Oberwart geht: Josef Weinzettl, Botaniklehrer, Pionier des burgenländischen Naturschutzes und ehemaliger Obmann der Naturschutzorgane, sowie sein Nachfolger Hans Leitner, der die Obmannschaft 2021 übernommen hat. Ob verletzte Wildtiere, schwindende Ufergehölze oder verwaiste Otterbabys – als Rückgrat der Naturschutzorgane setzen sie sich seit Jahrzehnten ein für Aufklärung, Zusammenarbeit mit Gemeinden und eine intakte Umwelt. Und manchmal schenkt die Natur etwas zurück: In Weinzettls Garten blühen hunderte wilde Orchideen und Schneeglöckchen – ganz ohne Zutun, nur durch Geduld und Respekt vor dem natürlichen Rhythmus.

Nicole MÜHL / 28. Mai 2025

Hans Leitner hat 2021 die Obmannschaft der Naturschutzorgane im Bezirk Oberwart von Josef Weinzettl übernommen. Dieser hat 30 Jahre lang die Ehrenamtlichen angeführt. 

Die herausforderndsten Einsätze passieren immer am Wochenende“, sagt Hans Leitner und zuckt mit den Schultern. Immer dann, wenn Behörden und Gemeinden nicht mehr erreichbar sind. Auch dieser Abend im Spätsommer 2024 war ein Samstag, als aus dem Unterholz beim Pinkaufer in Oberwart hohe, fiepende Laute zu hören waren. Fischotterbabys, verwaist, unterkühlt, kaum eine Überlebenschance. Anrainer reagierten rasch und alarmierten die Naturschutzorgane. Hans Leitner, seit 2021 Obmann der Bezirksgruppe Oberwart, war sofort zur Stelle. Gemeinsam mit zwei anderen Naturschutzorganen stieg er in die Pinka. „Wir haben Stunden dort verbracht. Auch im Sommer wird es dir ordentlich kalt, wenn es Nacht wird“, sagt er. Auf die Uhr schaut bei einem solchen Einsatz niemand. Die Tiere hätten die Nacht nicht überlebt, ist Leitner sicher. Die Rettung gelang. Die Otterbabys wurden gesichert, versorgt und schließlich in die Wildtierstation nach Parndorf gebracht. Es ist einer dieser Einsätze, die im Verborgenen stattfinden, aber das Wesen der Arbeit von Leitner und seinem Vorgänger Josef Weinzettl auf den Punkt bringen: konsequent und unverzichtbar. 

„Die Zusammenarbeit mit den Gemeinden wäre so wichtig“

Josef Weinzettl war drei Jahrzehnte lang Obmann der Naturschutzorgane Burgenland im Bezirk Oberwart und übergab die Leitung 2021 an Hans Leitner. „Am Anfang, vor über 30 Jahren, war nichts. Kein Gesetz, keine Struktur. Nur ein paar Idealisten“, sagt Weinzettl. Seit 1991 gibt es sie offiziell: die ehrenamtlichen Naturschutzorgane, gesetzlich verankert, geschult, vereidigt auf die Landesverfassung. Ihre Aufgaben reichen von Kontrolle in Schutzgebieten über die Rettung verletzter Wildtiere bis zur rechtlichen Aufklärung bei Umweltvergehen. Dabei geht es nie um Bestrafung, sondern um Schutz. „Wir haben nie mit erhobenem  Zeigefinger gearbeitet. Zuerst kommt immer das Gespräch“, betont Leitner.

Jeder Gemeinde des Bezirks ist ein Naturschutzorgan zugeordnet. „Wünschenswert ist, dass wir mit den Umweltgemeinderäten zusammenarbeiten“, sagt Leitner. Wo der Austausch stattfindet, funktioniert Naturschutz. Leider nutzen viel zu wenige Gemeinden diese Ressource, bedauert Weinzettl. Man werde viel zu oft als Verhinderer gesehen, wenn man die Natur schützt.

Die zunehmende Rodung von Flussufergehölzen macht es sichtbar. Diese Vegetationsstreifen entlang von Bächen und Flüssen kühlen das Wasser, halten das Ufer stabil, filtern Schadstoffe, bieten Lebensraum für Vögel, Insekten, Amphibien. „Wenn diese Gehölze verschwinden, verlieren wir nicht nur Artenvielfalt, sondern auch natürlichen Hochwasserschutz“, erklärt Weinzettl. Laufend werden Informationen an die Gemeinden geschickt – zur Bewusstseinsbildung und Aufklärung der politisch Verantwortlichen und der Bevölkerung. In Gemeinden wie Wörterberg, wo solche Themen offen in der Gemeindezeitung kommuniziert werden, funktioniert der Austausch. Doch das ist die Ausnahme. „Oft wissen Bürger gar nicht, was erlaubt ist und was nicht. Und viele Gemeinden unterlassen es, diese Infos weiterzugeben.“ 

Aktuell verursache die Entsorgung von Alu-Dosen in den gelben Säcken einige Probleme. „Was viele nicht bedenken: In Dosen bleiben immer Reste zurück“, sagt Leitner. „Wenn ein Igel in den gelben Sack kommt, schneidet er sich an den Rändern und kann sich dabei lebensbedrohlich verletzen. Auch Katzen können in leere Dosen den Kopf hineinstecken und qualvoll verenden.“ Deshalb rufen die Naturschutzorgane eindringlich dazu auf, Dosen auszuwaschen und zusammenzudrücken. Doch leider lande auch diese wichtige Information kaum oder gar nicht in den Gemeindezeitungen. 

Generell schmerze der Rückzug vieler Gemeinden. Früher unterstützten fast alle den Verein VBNO (Verein der bgld. Naturschutzorgane) finanziell, heute nur noch wenige. Einige wenige gehen mit gutem Beispiel voran. Andere geben zumindest einen symbolischen Beitrag, manche gar nichts, erzählen Weinzettl und Leitner. Dabei sei es auch eine Frage der Anerkennung. „Wir haben 43 aktive Naturschutzorgane im Bezirk. Die machen das alle ehrenamtlich.“

Stille Helfer

Nur selten machen Naturschutzorgane Schlagzeilen. Der Fall Markt Allhau hat es dann aber doch in die größte Tageszeitung geschafft. In der südburgenländischen Gemeinde war ein Biber in ein Kleinwasserkraftwerk an der Lafnitz gefallen. Wegen fehlender Ausstiegshilfen war er gefangen und bereits am Ende seiner Kräfte, als er entdeckt wurde und die Naturschutzorgane zur Hilfe gerufen wurden – eine Aktion, die auch juristisch abgesichert war: Bei Gefahr im Verzug dürfen Naturschutzorgane auch Privatgrund betreten. Ein Ausstieg aus Beton oder Holz kann Leben retten und sollte selbstverständlich sein, so der Obmann. Auch dieser Einsatz dauerte Stunden – mit Erfolg. Der Biber konnte gerettet werden. Mittels einer Sachverhaltsdarstellung an das Amt der Burgenländischen Landesregierung will Leitner nun prüfen lassen, ob eine Ausstiegshilfe vorgeschrieben werden kann.

Was Hans Leitner im Vorjahr beschäftigte, war die hohe Anzahl an abgemagerten Störchen. „Sie waren völlig unterernährt und hätten den Abflug in den Süden nie geschafft.“ Die Naturschutzorgane  brachten sie in die Wildtierstation nach Parndorf. „Wo keine Wiesen, da keine Insekten und auch keine Vögel“, sagt Weinzettl. Sein Appell an die Menschen ist heute derselbe wie damals: „Lasst bitte wenigstens in den Gärten Wiesen stehen!“ Das Insektensterben ist beängstigend. Auch die Bodenversiegelung ist für ihn das größte Übel unserer Zeit. 

Ein Stück Paradies

30 Jahre als Naturschutzorgan unterwegs – da erlebt man schon einiges, erzählt Josef Weinzettl. Dann berichtet er von geschützten Pflanzen, die von Wanderern ausgegraben und daheim im Garten eingesetzt werden, weil die Menschen ein Stück Paradies nach Hause holen wollen. „Nur dass das leider nicht funktioniert, weil die Bodenstruktur nicht passt. Die Pflanzen gehen im Garten ein.“ Dabei käme ein Blumenparadies ganz von selber, wenn man den Garten viel mehr in Ruhe ließe und nur die notwendigsten Flächen mähen würde. Er selbst darf sich in seinem Garten über ein Meer an Orchideen und Schneeglöckchen freuen. Sein Geheimnis: „Ich mähe nur zweimal im Jahr das hohe Gras. Ohne Roboter. Die Natur dankt es mir mit diesem Blumenparadies.“

Positiv stimmen ihn Initiativen wie die Naturakademie Burgenland oder Projekte zu Amphibienzäunen. Der Schutz von Fledermäusen, die Zählung in Wiesfleck mit über 2.500 Exemplaren, die Biberexkursionen – sie alle zeigen, wie lebendig und wirksam Naturschutz sein kann. „Manchmal verzweifelt man, wenn man den Blick auf die Welt richtet. Aber es hilft ja nichts. Trotz der globalen Krisen müssen wir vor Ort das machen, was möglich ist und uns an den kleinen Erfolgen freuen.“

NATURSCHUTZORGANE

… sind im burgenländischen Naturschutzgesetz verankert. Sie setzen aktiv Maßnahmen zum Schutz der Natur vor schädigenden Eingriffen. Sie überwachen die Einhaltung aller Gebote und Verbote der landesgesetzlichen Vorschriften. Sie informieren und klären auf über rechtliche und fachliche Angelegenheiten des Naturschutzes, pflegen mit Gemeindevertretern Kontakt betreffend Naturschutz und sie sind auch aktiv tätig, wenn es um Pflegemaßnahmen in Schutzgebieten geht (Entbuschung von Trockenrasen, Neophytenbekämpfung, …), im Fledermausschutz, Amphibienschutz etc.
Naturschutzorgane müssen eine Prüfung ablegen und werden auf die Landesverfassung vereidigt.


Rufen Sie die Naturschutzorgane, wenn es um Naturschutz und um Wildtiere in Not geht: 
Rufnummer Bezirk Oberwart: 0664-390 06 82 
(Bezirks-Obmann: Mag. Hans Leitner)
www.burgenland.at/themen/natur/naturschutz/naturschutzorgane


Naturschutz Bezirk Hartberg: 03332 606 313

Mann mit Storch und Hund auf einem Bauernhof neben einem offenen Karton am sonnigen Tag.
© Hans Leitner

Zu den Aufgaben gehört auch die Hilfe für Wildtiere in Not. Im Vorjahr mussten sieben Störche mangels Unterernährung gerettet werden (im Bild re: Naturschutzorgan Dietmar Rudolics bei der Rettung eines Storches). 

Fledermäuse hängen dicht aneinander unter einem Holzdach, in einem natürlichen Lebensraum.
©Josef Weinzettl

In der katholischen Friedhofskapelle in Wiesfleck befindet sich eine der größten Fledermaus-Kolonien des Großen Mausohrs im Burgenland mit ca. 2.500 Individuen. Alljährlich ist daher in den Wintermonaten die Entfernung des Fledermaus-Guanos vonnöten, und einmal im Jahr gibt es im Sommer zur Wochenstubenzeit eine Ausflugszählung.

Zwei junge Otter liegen auf einer blauen Decke und schauen sich liebevoll an.

Durch den beherzten Einsatz der Naturschutzorgane konnten im Vorjahr diese beiden Fischotterbabys an der Pinka in Oberwart gerettet werden. 

Foto: Alice Siebenbrunner

Zwei junge Otter kuscheln auf einer blauen Decke, entspannen und genießen die Nähe zueinander.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Eine Antwort

  1. Arno Hofer

    Danke Allen ganz herzlich für ihr Engagement. Zu viele von uns sind viel zu weit in die künstlichen und maschinellen Welten abgedriftet – Vieles sollten – ja müßten- wir neu lernen!