Reportage

Aufs Pferd gekommen

Sie sind nachhaltig, umweltschonend und stehen für die guten alten Werte. Der Hartberger Christof Gerlitz und seine zwei vierbeinigen Freunde Fritzi und Poldi verrichten Wald- und Feldarbeiten so wie es früher einmal war – nur mit der Pferdestärke.

Foto: Sauter

Christof Gerlitz beim Pflügen am Lavendelfeld.

 

Wenn man Christof mit seinen Pferden sieht, versteht man die Redewendungen von Kameradschaft und Treue zwischen Mensch und Tier. Während Christof seinen Poldi putzt, redet er mit ihm wie mit einem alten Freund. Wer jetzt denkt, das sei doch Quatsch, Pferde können ja keine Menschensprache, der sollte die beiden einmal bei der Arbeit erleben. Da ist es vielfach so, dass Christof seinen vierbeinigen Kameraden nicht mit der Leine – so heißen die nach hinten zum Pferdeführer verlängerten Zügel – dirigiert, sondern per Stimmkommandos.

Das wirkt anfangs etwas irritierend, wenn der großgewachsene Mann mit hoher Stimme das Kommando „zurück“ fast trällert. Spätestens aber, wenn er das riesige Pferd – mit immerhin 1,70 Stockmaß und 850 Kilo eine beeindruckende Erscheinung – auf kleinstem Raum nur mit seiner Stimme hin- und herdirigiert, muss man staunen. Wenn der sanfte Riesenkoloss fast selbstständig Bäumen und anderen Hindernissen ausweicht und mitzudenken scheint, spürt man die enge Verbindung von Pferd und Pferdeführer, die fast zu einer Einheit werden.

Vom Gastwirt zur pferdegestützten Landwirtschaft

Doch niemand in unserer Zeit wird zum Fachmann für pferdegestützte Arbeit geboren. Christof wuchs vielmehr in einer Gastronomiedynastie auf: Seine Mutter leitete bereits in dritter Generation das Gasthaus und Hotel „Zur Sonne“ am Hartberger Hauptplatz, und zunächst wirkte es so, als ob damit der Weg von Christof vorgezeichnet wäre. Doch nicht jeder sieht in der Gastronomie seine Bestimmung. Nach langem, zähen Ringen mit sich selbst entschloss sich Christof schließlich 2015, die Sonne zu verpachten und die ehemaligen Gästezimmer zu Wohnungen umzubauen. Ein Entschluss, den er nicht bereut und hinter dem auch seine Mutter steht.

Als Christof einen malerischen Obstgarten allerdings ohne Gerätschaften erbte, ergab sich eines ums andere. Sein Pferd Fritzi beherrschte Reiten wie Kutsche fahren. Und ist mit 1,72 und 730 kg Gewicht zwar leichter als Poldi, dennoch wie alle Kaltblutpferde bestens geeignet, schwere Lasten zu ziehen. Als Christof dann einen Einführungskurs zur nachhaltigen Bodenbewirtschaftung besuchte, wusste er, was zu ihm passt. Weitere Kurse folgten, zunächst noch mit Gastpferden, dann auch mit eigenem. Ein zweites Pferd, Poldi, wurde angeschafft. Schließlich schloss Christof 2019 ab mit dem „Zertifikatslehrgang für zeitgemäßen Einsatz von Arbeitspferden in der Landwirtschaft“.

Diesen Kurs hatte er wie die anderen zuvor auch bei Wolfgang Ehmeier über die „ÖIPK – österreichische Interessensgemeinschaft Pferdekraft“ absolviert. Über die Kurse hinweg entstand eine Freundschaft zwischen den beiden Pferdemännern. Inzwischen ist Christof zu Wolfgangs Co-Trainer geworden und freut sich, sein Wissen an andere weitergeben zu können. Das sind Pferdeinteressierte, aber auch Winzer, Waldbesitzer und Schüler, die bei Aktionstagen mit Christof, Poldi und Fritzi gemeinsam ein Feld umpflügen.

Warum in heutiger Zeit auf Pferdearbeit setzen?

„Pferdearbeit hat etliche Vorteile“, weiß Christof zu berichten, und schon sprüht er los. Zum einen findet z.B. bei Holzrückarbeiten fast keine Bodenverdichtung statt, wie es bei einem Traktor oder gar Harvester der Fall wäre. Zum anderen ist auf ganz engem Raum das Pferd mit seiner Wendigkeit technischen Geräten immer noch weit überlegen. Das betrifft sowohl dicht bepflanzte Waldabschnitte und solche mit viel Unterholz genauso wie eng bepflanzte Flächen wie Weinberge oder das Lavendelgut in Bad Waltersdorf. „Was wir mehr an Zeit brauchen, machen wir dadurch wett, dass wir weitaus weniger Randpflanzen zerstören“, zählt Christof auf.

„Außerdem, wenn uns die Leute mit den Pferden arbeiten sehen, geht ihnen das Herz auf. Oft bleiben Menschen stehen und schauen uns zu, mit einem Lächeln im Gesicht. Das findet man kaum bei einem Traktor.“ Sagts und wendet sich wieder seinen beiden vierbeinigen Freunden zu. „Jetzt wart ihr brav, da habt ihr euch die Weide aber verdient.“ Neben dem, dass Pferdearbeit Eigenschaften wie Verantwortungsgefühl oder vorausschauendes Handeln trainiert, zeigt sie vor allem eines auf: den Respekt zwischen Mensch und Tier und eine Verbindung, die auf Vertrauen basiert.


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