Reportage

Boy Pablo präsentiert: Wachito Rico

Das ganze Leben ist ein Soundtrack – so sieht es zumindest Laura Weingrill. Denn während sich die Welt dreht, hört sie Musik. Und wem die eigene Playlist mit der Zeit zu eintönig wird, dem verpasst sie hier jeden Monat eine neue Portion aufregender Sounds.

Michael Ray Vera Cruz Angeles

Eine voll besetzte Veranstaltungshalle, kreischende Fans drängen sich neben einen, laute Musik dröhnt aus den Lautsprechern und da ist diese eine Gruppe talentierter Künstler, die gekonnt den ganzen Raum einnimmt. Konzerte, die früher völlig normal waren, wurden aufgrund der Corona-Krise durch Live-Stream-Auftritte ersetzt, bei denen die Fans vor Bildschirmen sitzen, anstatt mitten in der Menge zu stehen und bei denen Bands für eine Kamera und für Zuschauer auftreten, die sie gar nicht sehen können. Boy Pablo ist einer der Künstler, der seine geplante Tour mit einem einmaligen Live-Stream mit dem Titel „Boy Pablo präsentiert: Wachito Rico“ austauschen musste, bei dem sein 2020 veröffentlichtes Album „Wachito Rico“ sein Live-Debüt feiern durfte. Und obwohl Pablo und seine fesselnde Band nicht für echte Menschen, sondern für Bildschirme auftreten müssen, fehlt der Show niemals die Freude und der Charme, für die Boy Pablo bekannt wurden und heute geliebt werden.

Von der ersten Sekunde an ist Boy Pablos Show alles andere als gewöhnlich. Sie beginnt damit, dass der Sänger und Frontmann, der norwegisch-chilenischen Nicolas Muñoz, die Geschichte hinter dem ersten Titel seines Debütalbums „i hope she loves me back“ erzählt und sich an die Zeit in der High School erinnert, als er gerade mit seiner Freundin Elisabeth zusammen gekommen war, mit welcher er seitdem zusammen ist. Es wird sehr schnell klar, dass ihre Beziehung im Mittelpunkt der Platte steht und wie diese den Songs ihre intime Note verleiht und sie zu den persönlichsten Musikstücken macht, die Muñoz jemals geschrieben hat. Nach der Szene, die stark dem Stil eines Dokumentarfilms ähnelt, erhalten wir einen ersten Blick auf das eigentliche Set, die Band in der Mitte des mit Pflanzen gefüllten Wohnzimmers. Es überrascht nicht, dass Muñoz noch vor der Begrüßung des Publikums in Gelächter ausbricht und seine aufgeregten Bandkollegen kurzerhand folgen. Dies ist nicht eines dieser übermäßig sorgfältig geplanten Stream-Konzerte, sondern eine entspannte und unterhaltsame Erfahrung, bei der sich jeder geehrt fühlen kann, ein Teil davon zu sein.

Während des gesamten Sets springen wir zwischen aufgezeichneten Szenen, in denen Muñoz über das Album, die Produktion, das Teilen von Geschichten mit seinen Freunden, dem Manager und seinen Bandkollegen spricht, während sie in seiner Heimatstadt Bergen, Norwegen, herumlaufen, und den eigentlichen Live-Aufführungen der Platte hin und her. Musikalisch liefert Boy Pablo eine energiegeladene, fast ekstatische Show, die es leicht macht, die dunkle Welt zu vergessen, die draußen lauert. Es besteht kein Zweifel, dass alle Bandmitglieder ihr ganzes Herz in ihre Darbietungen stecken, und auf ihren Instrumenten rocken und durch den Raum tanzen, als stünden sie auf einer Festivalbühne vor einer riesigen Menschenmenge.

Zuletzt endet das Konzert mit einem letzten Höhepunkt, dem fast akustisch gespielten „i <3 u“, das sogar draußen aufgeführt wird, während Muñoz auf einem Motorrad sitzt und langsam Schnee um ihn herum fällt. Es ist ein friedliches, sentimentales Ende einer Show, die alles andere als typisch oder langweilig ist und uns ein Lächeln im Gesicht und eine Leichtigkeit im Herzen hinterlässt, die von keinem anderen gestreamten Konzert übertroffen werden kann.


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