Reportage

Bretter, die die Welt bedeuten

Wenn die Lichter ausgehen und das Stück beginnt, sind alle gespannt. Das Publikum freut sich auf das Dargebotene, aber auch die 15 Mitglieder der Liebhaberbühne selbst. Diese sind gut durchmischt. Alle verbindet die Liebe zum Theater und die Spielfreude. Im Leben außerhalb der Bühne sind sie Angestellte und Schüler, Pensionisten und Freiberufler, keine Schauspieler. Nur für die jeweils vier Vorstellungen pro Jahr spielen sie vor Publikum, da mischt sich in die Vorfreude auch etwas Aufregung.

Foto: Toth

Die aktuelle Besetzung der Liebhaberbühne (2018) – im gelben Kleid Obfrau Manuela Benc.

 

Vor bereits 100 Jahren wurde der Verein auf Antreiben des Lehrers Gustav Panitschek von namhaften Bürgern Hartbergs gegründet, darunter lokale Berühmtheiten wie Dr. Poleschinski oder Max Rieger. Anfangs war das Repertoire sehr gemischt, immerhin wurden bis zu sechs verschiedene Stücke pro Jahr gespielt. Das in der Zeit berühmteste Stück war „s‘Nullerl“, ein sozialkritisches Drama. Vier mal – 1923, 1946, 1969 und 1980 – hatte es die Liebhaberbühne auf dem Spielplan, insgesamt 25 mal wurde es hier gespielt.

Während des Zweiten Weltkrieges bzw. ab 1938 pausierte die Gruppe, machte aber bereits 1946 wieder weiter. Von 1950-1969 folgte eine Vereinspause, in der jedoch teilweise unter dem Namen „Heimkehrer-Bühne“ weitergespielt wurde.

Gespielt wird für den guten Zweck

In den letzten Jahrzehnten hat man sich für das nunmehr nur noch eine Stück pro Jahr auf Komödien spezialisiert, die haben einen höheren Zulauf, und wie Obfrau Manuela Benc sagt: „Das Leben ist tragisch genug. Da freut es uns, wenn die Leute mit lachendem Gesicht aus unserer Aufführung kommen und den Alltag vergessen können.“

Gleichgeblieben ist über all die Jahre wechselhafter Geschichte jedoch immer eines: Die Liebhaberbühne ist gemeinnützig, spielt ausschließlich für den guten Zweck. Das sind Projekte der Region, die von der Gruppe vor den Aufführungen ausgewählt werden. Dafür muss gut gehaushaltet werden.

Schließlich soll eine Saalmiete gezahlt werden, Requisiten werden von der Truppe selbst gefertigt, Kostüme kommen zumeist aus eigenen Kleiderschränken, und was viele vielleicht nicht wissen, für jedes Stück sind Aufführungsrechte an die jeweiligen Autoren zu zahlen. Einnahmen kommen durch Eintrittskarten, einen Stand am Hartberger Weihnachtsmarkt und das Buffet zu den Aufführungen herein. Alles wird selbst bestückt und selbst verkauft.

Wie eine Geburt

Gerade ist Probe. Heute ist der dritte Akt neu hinzugekommen. Noch ist nicht jede Geste, jeder Einsatz eingespielt. Alles muss erarbeitet werden. Oft auch über das eigentliche Stück hinaus. Hat jemand eine gute Idee zur Ergänzung oder Aktualisierung, so wird dies gerne eingebaut. Damit kann man auch Bezug auf Hartberg nehmen oder Besonderheiten der Bühne einbauen.

Das ganze Ensemble kann sich hier einbringen. Schließlich ist das Stück eine Gemeinschaftsarbeit. „Das ist ein bißchen wie eine Geburt“, verrät die Obfrau. „Am Anfang sind das nur schwarze Buchstaben auf einem Stück Papier in einem Buch, und dann wird das Ganze immer lebendiger. Und am Ende ist es immer ein tolles, lustiges Stück!“

Fünf Monate im Voraus wird mit den Proben begonnen. Zuerst müssen die Rollen verteilt werden. Dann wird das Stück Szene für Szene durchgegangen.

Zweitbesetzung gibt es keine, also „Krankwerden zur Aufführung gibt es bei uns nicht.“ Nur einmal, da lag die männliche Hauptrolle im Krankenhaus, da sprang einer aus dem Hintergrund mit dem Textbuch ein. „Wir haben das am Anfang dem Publikum erklärt, aber ausfallen lassen wollten wir es auch nicht. Und das Publikum hat super reagiert. Dass wir trotzdem weitergemacht haben, kam bei allen gut an.“

Das Jubiläumsstück

„Wir schauen immer nach Stücken, die lustig sind, aber einen unvorhersehbaren Schluss haben, dass es auch ein bißchen spannend bleibt“, so Manuela Benc, die die Auswahl trifft. Dieses Jahr steht „Reset. Alles auf Anfang“, ein Stück von Roman Frankl und Michael Niavarani auf dem Programm. Ein Titel wie gemacht für ein Jubiläum. Zwar mag bei der Liebhaberbühne nicht alles auf Anfang sein, doch erfindet sie sich stets aufs Neue, und Schluss ist nach 100 Jahren sicherlich noch lange nicht.


Ein Archivbild aus früheren Zeiten: 1949, „s’Mutterl“.

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