Reportage

Die Haarfee kommt

Gepflegte, lange Haare sind der Stolz vieler Menschen. Wenn im Krankheitsfall die Haarpracht verloren geht, ist die psychische Last zusätzlich enorm. Echthaarperücken aus dem Handel sind kostspielig. Gerade für betroffene Kinder gibt es deshalb eine besondere Möglichkeit, ein Stückchen Lebensqualität für die schwere Zeit zurückzuschenken: Eine Haarspende.

Foto: Eva Maria Kamper

Eva Breineder führt den Friseursalon im Krankenhaus Oberwart und ist Partnerin des Vereins „Haarfee“.

 

Frau Margit lächelt milde, als Friseurin Eva Breineder den Akkuschneider ansetzt und fragt: „Sicher?“ „Sicher!“, sagt sie. Es dauernd nur ein paar Augenblicke und Eva Breineder hält den langen Zopf ihrer Kundin in der Hand. Keine Spur von Wehmut. „Der Gedanke, dass bald ein kleines Mädchen damit Freude hat, ist die Hauptsache“, sagt die langjährige Krankenschwester, während sie ihrem neuen Spiegelbild zufrieden entgegenblickt, „es sind nur Haare.“

Seelische Belastung

Doch wenn es unfreiwillig fehlt, dann ist das Haupthaar keine Nebensache. Unabhängig davon, ob das Schicksal bei Erwachsenen oder Kindern zuschlägt. Patientinnen und Patienten, die im Zuge körperlicher Ursachen – wie beispielsweise bei einer Kreberkrankung und einer notwendigen Chemotherapie – ihre Haare verlieren, erleiden neben all den Sorgen und Ängsten dadurch eine zusätzliche seelische Belastung. „Die Glatze und die lange Zeit bis wieder etwas wächst, das drückt die Stimmung zusätzlich. Da kann eine Perücke schon ein bisschen bei der Zuversicht helfen“, schildert Friseurin Eva Breineder.

Haare spenden

Der Friseursalon von Eva Breineder im Krankenhaus Oberwart ist einer der zahlreichen Partner des Vereins „Haarfee“, der als Non-Profit-Organisation bedürftigen Kindern helfen möchte: „Für die Perücken werden gesunde, bestenfalls naturbelassene Zöpfe mit mindestens 40 Zentimetern Länge gesucht, die dann in eigener Produktion des Vereins weiterverarbeitet werden“, erzählt Eva Breineder, die regelmässig die geflochtenen Haarschätze nach Wien schickt. „Sehr oft kommen auch Kinder zu mir, die ihre langen Haare spenden möchten. Das berührt mich besonders.“ Die Anlässe dazu seien unterschiedlich. Manche motiviert das Schicksal eines Angehörigen, andere wollen schlichtweg etwas Gutes tun. Wer letztendlich die Haarspende auf dem Kopf tragen wird, ist durch die komplexe Produktion der Perücken allerdings nicht nachvollziehbar.

Perücke gibt Zuversicht

Und Eva Breineder weiß, was eine Perücke für die betroffenen Menschen bedeutet. Sie führt seit 2010 den Friseursalon im Krankenhaus Oberwart. Seit 1988 ist sie im Friseur- und Perückengeschäft. Was es heißt, wenn Krebspatientinnen und -patienten während der Chemo ihre Haare verlieren, kennt sie von vielen Einzelschicksalen aus nächster Nähe. „Der Blick der Menschen, wenn sie zum ersten Mal bemerken, dass sie ein ganzes Büschel Haare vom Kopf ziehen, der nimmt einen ganz schön mit. Da bleibt einem die Luft weg“, schildert sie mit gesenktem Blick. Doch Eva Breineder hat im Lauf der Jahrzehnte gelernt, Optimismus und Mut durch die Perücken zu vermitteln. „Die Menschen haben durch die Krankheit einen holprigen Weg vor sich. Und ich möchte diesen Weg ein wenig ebnen und mit einer Perücke beitragen, dass sie eine Sorge weniger haben. Wichtig ist, dass die Perücke schon vor dem ‚Tag X‘ – bevor die Haare ausgehen – fertig ist, damit sie wie eine gute Freundin diese Zeit begleitet. Dann kann man vielleicht ein wenig leichter in die Zukunft schauen!“




 

Echthaarperücken für Kinder

Der „Verein Haarfee“ ist eine unabhängige Non-Profit-Organisation, die Kindern, die ihr eigenes Haar durch dramatische Schicksalsschläge verloren haben, durch Haar- und Geldspenden hochwertige Echthaarperücken schenkt. Nach dem Verlust der eigenen Haare in Folge einer Chemotherapie, schweren Verbrennungen oder der Krankheit Alopecia Areata verlieren die Kinder meist auch ihr Selbstwertgefühl. Um ihnen einen möglichst natürlichen und realistischen Look zurückzugeben, brauchen die Kinder maßgeschneiderte Echthaarperücken, die perfekt sitzen und sich auch zum Herumtollen und Spielen eignen. Doch genau diese sind für die betroffenen Familien in der Regel unerschwinglich, da jede Echthaarperücke im Handel rund 1.500 bis 3.000 Euro kostet.
Um den betroffenen Kindern hochwertige Echthaarperücken zu schenken und ihnen somit ein kleines bisschen Selbstbewusstsein zurückzugeben, sammelt der Verein Haarfee Haar- und Geldspenden. Die Auswahl der Kinder und die Vergabe der Echthaarperücken erfolgt seit Beginn in enger Zusammenarbeit mit der Österreichischen Kinderkrebshilfe.

www.vereinhaarfee.at


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