Nicole MÜHL / 28. November 2024
© Geben für Leben
Peter Jandrasits ist nach seiner Knochenmarkspende im Vorjahr immer wieder bei Typisierungsaktionen vor Ort, um dem Team von „Geben für Leben – Leukämiehilfe Österreich“ – hier in Vertretung von Lisa Jost, Barbara Potzinger, Dr. Barbara Pelzmann und Kurt Posch – zur Seite zu stehen und seine positiven Erfahrungen an Interessierte weiterzugeben.
Der 3. Juli ist im Kalender von Peter Jandrasits rot angestrichen. Das Gefühl an diesem Tag lasse sich nicht beschreiben, sagt er, denn wie beschreibt man es, wenn man einem Menschen, den man nicht einmal kennt, etwas von sich gibt, damit dieser weiterleben kann? Peter Jandrasits schüttelt den Kopf. „Dafür gibt es keine Worte“, sagt er. Aber der Gedanke, etwas gut und richtig gemacht zu haben, trage ihn seither durchs Leben. Am 3. Juli 2023 hat der Unternehmer und Familienvater aus Jabing Knochenmark gespendet. Stammzell- bzw. Knochenmarkspen-den sind das letzte Mittel im Kampf gegen Leukämie. In Österreich sind jedoch nur drei Prozent der Menschen, die als Spenderin bzw. Spender in Frage kommen, registriert. So viele Menschen könnten Leben retten, ohne es zu wissen, denn ohne Typisierung können sie nicht gefunden werden. Es ist ein einfacher Wangenabstrich, um genetische Zwillinge zu bestimmen und ein krankes Immunsystem mit gesunden Stammzellen neu aufbauen zu können. Die Wahrscheinlichkeit für betroffene
Patientinnen und Patienten, den passenden Spender bzw. die passende Spenderin zu finden, liegt bei eins zu 500.000 bis eins zu einer Million. Für 15 Prozent der Erkrankten ist die Chance noch geringer, die lebensrettende Stammzellspende zu finden. Peter Jandrasits war einer von denen, die sich registrieren ließen und damit in die weltweite Datenbank aufgenommen wurden. Als er tatsächlich vom Verein „Geben für Leben – Leukämiehilfe Österreich“ kontaktiert wurde, war für ihn sofort klar: „Wenn ich die Möglichkeit habe, das Leben eines anderen Menschen zu retten, werde ich das tun.“
Alles begann im November 2022, als Peter bei einer Blutspende-aktion spontan entschied, sich typisieren zu lassen. Es war eine dieser Entscheidungen, die man trifft, ohne groß darüber nachzudenken – und die dann doch auch das eigene Leben verändert.
Der Treffer
Im April 2023 bekam Peter Jandrasits dann die Nachricht: „Wir haben eine Patientin, die Knochenmark benötigt. Sie könnten der passende Spender sein.“ Seine erste Reaktion war Freude. „Ich war glücklich, dass ich helfen kann“, erzählt er. Nach der ersten Kontaktaufnahme begann die medizinische Prüfung.
„Alles wurde von ‚Geben für Leben‘ perfekt organisiert. Ich musste mich um nichts kümmern“, berichtet der Familienvater. Der Verein begleitet Spender wie Peter Jandrasits durch jeden Schritt des Verfahrens.
Dr. Barbara Pelzmann ist seit den frühen 1990er Jahren als Ärztin ehrenamtlich für den Verein „Geben für Leben“ tätig. Früher hat sie selbst Knochenmark und Stammzellen von den Spenderinnen und Spendern entnommen. Seit 2018 betreut sie diese im Burgenland und ist bei Typisierungsaktionen vor Ort. Ihre wichtige Botschaft lautet, sich nicht nur als Stammzellspender, sondern auch als Knochenmarkspender registrieren zu lassen. „Knochenmark benötigt man vor allem bei Kindern bis zum 15. Lebensjahr, aber auch dann, wenn bei der Stammzellspende der vermehrte Aufbau an weißen Blutkörperchen nicht wie benötigt stattgefunden hat, aber der Patient bereits vorbereitet ist und dringend eine Spende braucht. Da greift man dann auf das Knochenmark zurück“, erklärt die Ärztin. Daher sei es wichtig, sich für beides typisieren zu lassen.
Der Weg zum Lebensretter
Peter Jandrastis wusste gleich bei der ersten Kontaktaufnahme, dass sein genetischer Zwilling sein Knochenmark benötigte.
„Auch wenn es sich dabei um einen Eingriff unter Narkose handelt, war für mich klar, dass ich das unbedingt mache – ein Rückzieher ist für mich gar nicht in Frage gekommen“, sagt er. Ob er denn auch wirklich als Spender geeignet war, musste ohnehin nochmals überprüft werden. Eine Blutabnahme beim Hausarzt bestätigte die Übereinstimmung und schließlich wurde er nach München zur Voruntersuchung eingeladen.
„Alles war bis ins kleinste Detail durchgeplant. Ich wurde unglaublich umsorgt und man muss auch den positiven Nebeneffekt erwähnen: Wer bekommt schon so einen detaillierten Gesundheitscheck wie vor einer Stammzell- bzw. Knochenmarkspende. Alle Kosten werden vom Verein ‚Geben für Leben‘ getragen“, erzählt der Familienvater. Drei Wochen später, Anfang Juli, war es dann so weit. Der Eingriff dauerte etwa 45 Minuten. „Es war überhaupt nicht schmerzhaft“, sagt Peter Jandrasits. Nach der Operation aufzuwachen und zu wissen, dass man einem Menschen eine zweite Chance gegeben hat, „das ist ein wirklich gutes Gefühl.“
Das Engagement geht weiter
Seit seiner Spende ist Peter Jandrasits, wann immer es seine Zeit erlaubt, selbst bei Typisierungsaktionen dabei, klärt Menschen über die Bedeutung der Spende auf und motiviert andere, sich registrieren zu lassen. „Weil es so einfach ist, ein Menschenleben zu retten. In meiner Firma haben sich inzwischen alle Mitarbei-ter typisieren lassen“, sagt er stolz. Der Nachahmungseffekt ist groß. „Wo ich helfen kann, helfe ich. Gerade jetzt, in einer Zeit, in der der Egoismus immer stärker wird, brauchen wir mehr von dieser Haltung“, meint er.
Peter Jandrasits weiß inzwischen, dass sein genetischer Zwilling – eine Frau – lebt. Ob sie jemals Kontakt haben werden, weiß er nicht. Die Spende passiert anonym und beide müssen einwilligen einander kennenzulernen. „Das hängt auch vom jeweiligen Land ab, ob die Patientendaten überhaupt freigegeben werden“, erklärt Dr. Barbara Pelzmann. Aber das ist für Peter Jandrasits auch nicht wichtig. Am 3. Juli denkt er besonders an seinen genetischen Zwilling. „Ich bin seit meiner Spende ein klein wenig stolzer auf mich. Das wird auch nicht weggehen. Es ist in mir drinnen.“
Peter Jandrasits nach der Knochenmarkspende am 3. Juli 2023. Seinem genetischen Zwilling hat er damit das Leben gerettet. Er will mehr Menschen dazu bewegen, sich ebenfalls typisieren zu lassen.
Auch Chiara Carolina Fürst aus Neuberg ist Lebensretterin. Sie hat Stammzellen gespendet. Dazu ist keine Vollnarkose wie bei der Knochenmarkspende nötig. Vor der Spende hat sie fünf Tage einen Wachstumsstoff gespritzt, um die Anzahl der Stammzellen zu erhöhen. Diese wurden dann an beiden Armen entnommen (ähnlich einer Blutabnahme/Blutwäsche). Als Danke erhielt sie – wie jede Spenderin und jeder Spender – eine Urkunde, die ihr von Kurt Posch vom Verein „Geben für Leben – Leukämiehilfe Österreich“ überreicht wurde.
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