Nicole MATSCH / 29. Oktober 2025
© Marktgemeinde Kemeten
Die Marktgemeinde Kemeten im Bezirk Oberwart liegt am Beginn des Strembachtales.
„Ein Wandel ist da – von der Landwirtschaft hin zur modernen Marktgemeinde“, sagt Bürgermeister Wolfgang Koller. Eine entscheidende Etappe war die Schaffung des Betriebsgebiets Anfang der 2000er-Jahre – „gegen so manchen Widerstand“, wie er betont. Viele hätten sich damals gefragt, wie sich eine kleine Gemeinde das erlauben könne, direkt neben Oberwart oder Pinkafeld. Heute gilt das Gewerbegebiet als Lebensader: Betriebe siedeln sich an, Arbeitsplätze entstehen. „Wir liegen ideal“, sagt Koller mit Blick auf die A2-Abfahrt und die Nähe zu Graz, Wien und Oberwart. „Jetzt kommt die Zeit, in der wir beginnen, die Früchte zu ernten.“
Geschichte mit Charakter
Erstmals urkundlich erwähnt wurde Kemeten 1475. Um 1482 kam es zu Grenzstreitigkeiten mit Oberwart und Unterwart – wohl auch der Ursprung des Spitznamens „Kraufånger“. Der Legende nach wollten die Kemeter beim Roden „nur eine Krähe fangen“, in Wahrheit aber Land gewinnen. „Ob das stimmt, weiß niemand so genau“, sagt Koller schmunzelnd, „aber es passt zu uns: Wir geben nicht so schnell auf.“ Heute erinnert ein Geschichtskreis beim Gemeindezentrum an die Entwicklung des Ortes. Gemeinsam mit Litzelsdorf und Wolfau entstand zudem eine 30 Kilometer lange Geschichtsmeile, und zum heurigen Jubiläum wird erstmals eine Ortschronik veröffentlicht – zusammengestellt von Thomas Hochwarter.
Gemeinschaft mit Leben gefüllt
Rund 15 Vereine prägen das Dorfleben. „Die Vereine sind bei uns wirklich lebendig, und wir als Gemeinde verstehen uns auch als Ideen- und Infrastrukturgeber“, sagt Koller. Besonders stolz ist er auf die Pensionisten-Organisation, eine der größten im Bezirk. Jeden Dienstag trifft man sich zum Kartenspielen und Plaudern – und das seit Jahrzehnten.
Auch ohne klassisches Wirtshaus bleibt Kemeten verbunden: Das ehemalige Gasthaus Kuich im Ortszentrum „Am Dorfbrunnen“ wurde gemeinsam mit OSG und Diakonie revitalisiert. Heute beherbergt es die Großküche der Diakonie für „Essen auf Rädern“, acht Wohnungen im Obergeschoß und den Gemeindesaal für Veranstaltungen. „So bleibt der Ort lebendig“, freut sich Koller. Und wer Neuigkeiten austauschen will, trifft sich nebenan in der Trafik, gegenüber im Friseursalon oder zwei Häuser weiter bei „Nah & Frisch“. Beliebt ist auch der regelmäßig stattfindende Flohmarkt am Kreisverkehr, der Besucherinnen und Besucher aus der ganzen Umgebung anzieht.
Krippen, Kultur und ein Landkrimi
Kemeten zeigt kulturelle Vielfalt im Kleinen. Neben Feuerwehrfest, Frühlingskonzert des Musikvereins oder Wandertag der Naturfreunde ist das neue Krippenbau-Museum seit Kurzem ein besonderer Höhepunkt – das erste seiner Art im Burgenland. „Die Idee – zuerst zum Krippenbauverein – entstand bei einer meiner Gemeinderunden, als ich mit Heinz Koller auf der Terrasse saß“, erzählt der Bürgermeister, der trotz Namensgleichheit nicht mit dem Krippenbaumeister verwandt ist. Als die Weihnachtskrippe der Kirche neu gebaut werden sollte, nahm das Projekt Gestalt an. Heute zeigt das Museum im Haus St. Nikolaus Exponate aus ganz Österreich und Südtirol.
Und dann war da noch der Landkrimi: 2017 wurde Kemeten zur Filmkulisse für den zweiten Burgenland-Krimi mit dem bekannten Schauspieler und Kemeter „Wirtshauskind“ Christoph Krutzler. „Ich war sogar als Statist dabei“, lacht Koller. „Leider hat’s meine Szene nicht in den Film geschafft – aber die Erfahrung war es wert.“
Wohnen, Arbeiten, Leben
Kemeten wächst wieder. Nach einem Rückgang 2015 steigen die Geburtenzahlen dank Zuzug. „Viele ziehen her, weil das Leben hier leistbar ist“, sagt Koller. Neue Bauplätze sind derzeit rar, doch durch die OSG entstanden zahlreiche Wohnungen. Kindergarten, Volksschule und Kinderkrippe bieten gute Voraussetzungen für junge Familien – auch wenn Letztere aus allen Nähten platzt. Übergangsweise nutzt man deshalb zusätzlich Räume der Volksschule. „Noch schwanken die Kinderzahlen“, erklärt Koller, „daher haben wir uns vorerst für diese provisorische Lösung entschieden. Hält der positive Trend an, werden wir Maßnahmen setzen.“
Die Nahversorgung bleibt klein, aber stabil: ein „Nah & Frisch“-Kaufhaus, ein Tankstellenshop, das neue Restaurant Fidelis – derzeit aus gesundheitlichen Gründen bis Jahresende geschlossen – sowie das Café/Pub Sinatra und das Kaffeehaus „8gramm“ prägen das Alltagsleben. „Wir sind keine Vorstadt von Oberwart, aber wir profitieren von der Nähe“, sagt Koller – beim Restaurantbesuch und beim Einkaufen ebenso wie bei Arbeitsplätzen.
Natur und kleine Schätze
Wer durch den Ort spaziert, begegnet Geschichte und Natur zugleich. Besonders stolz ist man auf die 300-jährige Eiche, bei der gemeinsam mit Schule und Kindergarten ein Lern- und Rastplatz entstand. Auch rund um den alten Meierhof wurden historische Spuren freigelegt und beschildert. „Wenn man am Parkplatz steirische Kennzeichen sieht, weiß man, dass die Idee funktioniert“, meint Koller mit einem Augenzwinkern.
Aufbruch mit Maß und Ziel
Stabilität und Fortschritt schließen sich in Kemeten nicht aus. Der neue Bauhof ist fertig, das Gewerbegebiet wächst, und mit dem Interreg-Projekt „CoMed History“ startet ein grenzüberschreitendes Vorhaben mit Litzelsdorf, Wolfau und ungarischen Partnergemeinden. „Wir wollen geschichtliche Highlights aufarbeiten und unsere gemeinsame Vergangenheit wieder aufleben lassen. Kick-off ist am 5. November“, sagt Koller.
Wie lange er Bürgermeister bleiben möchte? „Solange die positiven Dinge überwiegen und ich noch frische Ideen habe – aber ich bin kein Sesselpicker“, sagt er. Seine einzige Sorge gilt der Schnelllebigkeit der Zeit: „Manches geht auf Kosten des Miteinanders. Aber es liegt an uns als Gemeinde, dem gegenzusteuern.“

Im Juli 2025 überreichte Landesrat Leonhard Schneemann Bürgermeister Wolfgang Koller die Urkunde zur Markterhebung Kemetens. Foto: LMS Bgld

Die Skulptur „Geschichtskreis“ vor dem Gemeindezentrum markiert
den Ausgangspunkt der „Geschichtsmeile“.
Foto: Marktgemeinde Kemeten

Geschnitzte Figuren wie diese befinden sich bei der 300-jährigen Eiche. Auf diesen Lern- und Rastplatz in der Natur ist der Bürgermeister besonders stolz. Foto: Marktgemeinde Kemeten

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