Reportage

Lange Nächte, wilde Gesellen

Dämmerung, leichter Nebel. Die dunkle Jahreszeit ist gekommen. Da, ein Geräusch: Große Schatten nähern sich, zottige Gestalten mit Hörnern, die bimmeln und klingen wie eine ganze Kuhherde. Ruten in der Hand, die Zungen rausgestreckt, große, verzerrte Augen. Die Krampusse kommen! Wer keine Verstärkung am Hosenboden hat, bringt sich jetzt besser in Sicherheit, denn eine Begegnung mit der wilden Schar kann durchaus schmerzhaft enden. „Mit der Rute werden die Sünden ausgebläut, zugleich ist sie – traditionell aus Birkenstöcken – aber auch ein Fruchtbarkeitssymbol, mit dem Glück gebracht wird“, so Uwe Horst Stückelschwaiger, Obmann des Brauchtumsvereins „Ringkogel Pass“. Abseits der Krampusläufe und ohne sein Zottelfell ist er eigentlich ganz friedlich, es sei denn man bezeichnet ihn als „Percht“. Mit seiner Hilfe taucht prima! bei Tee und Keksen ein in die Welt des winterlichen Brauchtums.

©LEXI

Der Verein Ringkogelpass – der Krampusverein mit Obmann Uwe Horst Stückelschwaiger im Nikolauskostüm – ist am 2. Dezember um 19 Uhr bei der Hartberger Disco Excalibur zu sehen. Gratis Nikolosackerl für die Kleinen gibt es natürlich auch.

 

Perchten sind keine Krampusse

Ganz wichtig ist für Uwe Horst Stückelschwaiger die Unterscheidung von „Perchten“ und „Krampussen“. Der Krampus ist der Begleiter des Nikolaus, er leitet die Weihnachtszeit ein. Mit dem sechsten Dezember ist die Krampuszeit vorbei. Typisch für ihn ist ein menschliches Antlitz, zumeist mit der rausgestreckten Zunge und auf keinen Fall mehr als ein Hörnerpaar. 

Vom Gasteiner Tal ausgehend hat sich im 17. Jahrhundert der Brauch der Perchten abgespalten. Sie symbolisieren die Macht der Natur, haben dementsprechend eher tierische Gestalt, können auch direkt einen Tierkopf haben, z.B. den von einem Hirsch, dazu mehrere Hörnerpaare und ganz wichtig, sie treten erst mit den Rauhnächten auf, also ab 21. Dezember bis 5. Jänner. Sie beenden die Weihnachtszeit. Grundsätzlich kann man zwischen den „Schönperchten“ und den „Schiachperchten“ unterscheiden.

Zum Brauch der Perchten gehören etwa die Glöckler, also Salinenarbeiter, die im Salzkammergut am 5. Jänner mit Lichterkappen, die die Symbole ihrer jeweiligen Gemeinde trugen, von Bauer zu Bauer liefen und sich damit nicht nur ein Zubrot verdienten, sondern vor allem auch die Rauhnächte austrieben. 

Frau Perchta

Ebenso zu erwähnen ist die Figur der „Frau Perchta“. Sie tritt in verschiedenen Gestalten auf, etwa als Perchtelmutter bzw. Pudelmutter, als Lucia oder Lutzl oder auch in Hexengestalt. Ob sie aus der germanischen Göttin Frigg mit keltischer Überformung hervorgegangenen ist oder ob ihr Name aus dem Althochdeutschen „peraht“ ‚hell, glänzend‘ abgeleitet und demnach „die Glänzende“ bedeutet, lässt sich nicht mehr rekonstruieren. Meist kommt sie, wie im Brauch der Pudelmutter, schweigend zu den Kindern und verteilt Essensgaben. In früheren Zeiten war bei den Armen das Essen im Winter knapp und die klassischen Wintergaben, Nüsse, Äpfel, Orangen waren eine willkommene Abwechslung. Daraus abgeleitet bringt diese Figur auch heute noch etwas, das vor allem die Kinder erfreut, nämlich Süßigkeiten. 

Unabhängig davon gibt es auch noch den Brauch des „Frisch und Gesund“ bzw. das „Aufkindeln“. Hier laufen die Kinder der jeweiligen Ortschaft von Haus zu Haus und wünschen „frisch und gesund“. Durch ihren Spruch sollen sie das Haus das gesamte kommende Jahr gesund halten. Brauch ist es, ihnen ein kleines Taschengeld für ihren Segenswunsch mitzugeben.


Ringkogel Pass

Der Begriff „Pass“ hat nichts mit einem Bergkamm zu tun, er leitet sich vielmehr von dem Wort „zusammenpassen“ ab. Die Tradition der Passen ist schon alt: Früher schlossen sich in den einzelnen Gemeinden gleiche Berufsstände zusammen und bildeten eine Art Krampusverein, die jeweilige Pass. Mitglied konnten nur die ledigen Männer werden. Am Krampusabend, dem 5. Dezember, zogen die Passen dann durch die Ortschaften und straften die „Unbraven“ mit ihren Ruten. Dieser Tradition folgt auch der Verein Ringkogel Pass, der im kommenden Jahr 2023 bereits sein 10-jähriges Bestehen feiern kann. Ziel der Gruppe rund um Obmann Uwe Horst Stückelschwaiger ist es, den Brauch der Krampusse ganz im althergebrachten Sinne zu feiern. „Der Krampus ist kein Kuscheltier“, sagt Stückelschwaiger und weist darauf hin, dass im Umfeld ihrer Gruppe mit der Rute nicht nur gedroht wird, sondern sie auch zum Einsatz kommt. „Dafür haben wir bei unserem selbst organisierten Traditionslauf bei der Hartberger Disco ‚Excalibur‘ – heuer ist er am 2. Dezember um 19 Uhr – einen eigenen ‚Kinderbereich‘ mit hohem Absperrgitter, bei dem kein Krampus reinlangen darf. Überall sonst geht es zur Sache.“ Bei besagtem Lauf treten übrigens noch etwa 25 weitere Gruppen auf, wie auch der Verein Ringkogel Pass etliche Auswärtstermine hat. Dazu kommen ein paar Nikolaussackerlaktionen, etwa beim Weihnachtsmarkt bei der Greini Freizeitwelt und Brauchtumsausstellungen. So organisierte der Verein Ringkogel Pass erst vor Kurzem eine eigene Ausstellung in Hartberg, bei der an über 50 Ständen die verschiedenen Masken, Felle, Glocken und vieles mehr bestaunt werden konnten. Eines ist für die Gruppe Ehrensache: „Brauchtum darf nichts kosten.“ Sowohl Sackerlaktionen als auch der Lauf selbst wie die Ausstellung werden mit freiwilligen Spenden und mit viel Engagement der Mitglieder organisiert.



Masken werden aufwendig per Hand geschnitzt.

Krampusse haben im Gegensatz zu Perchten ein verzerrtes menschliches Gesicht.

Perchten haben eher tierische Gestalt und können viele verschiedene Hörnerpaare haben.

Weibliche Gestalten kommen in vielen Brauchtumsgruppen vor, meist sind sie Abwandlungen der „Frau Perchta“.

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