Reportage

Ort der Bücher

Es war einmal… so beginnen die meisten Märchen. Darin geht es gerne um einen großen Schatz, die Liebe und natürlich um Abenteuer. Doch das größte Abenteuer wäre nichts, wenn es nicht aufgeschrieben worden und in einem Buch nachzulesen wäre. Überhaupt: Bücher nehmen uns mit in längst vergangene Zeiten, an fiktive Orte, zu den Schauplätzen der furchtbarsten Verbrechen, lassen uns die größten Liebesgeschichten mitfühlen oder klären uns über schwierige Sachverhalte auf. Sind sie nicht eigentlich der größte Schatz? prima! am Schauplatz Bibliothek.

Foto: Lexi

Die Tür zur Schatzkammer steht weit offen: „Nur herein“, sagt Gerlinde Fuchs mit freundlicher Stimme und einladender Geste. Wer viel gereist ist, denkt beim Wort „Bibliothek“ vielleicht an die überwältigenden Bilder vom Trinity College in Dublin oder die Bibliothèque Sainte-Geneviève in Paris oder naheliegender die österreichischen Stiftsbibliotheken von Melk, Admont oder auch Vorau. Im Pfarrgemeindehaus von Bad Waltersdorf ist die Bücherei in einem einzigen Raum untergebracht, den man allerdings nicht unterschätzen sollte. 4.538 Medien, also vorwiegend Bücher und einige Zeitschriften finden sich hier. Eine von der Mittelschule Bad Waltersdorf gestaltete Leseecke lädt mit Kissen und kuscheltierischen Helden aus Büchern zum Schmökern ein. Am Tresen trifft der Besucher auf „Walbi“ (Abkürzung von Waltersdorfer Bibliothek), die Leseraupe.

Vorwiegend weibliche Leserschaft

Mit einem eigenen Maskottchen kann die Hartberger Bücherei nicht aufwarten, doch hat sie eine eigene Spielecke. Gleich vis á vis des Eingangs das Regal mit den Neuerscheinungen und natürlich ebenso Kinder- und Jugendbücher, Sachbücher und erzählende Literatur. Rund 10.000 Medien insgesamt. Dazu kommt das seit diesem Jahr etablierte Regal mit der „Bibliothek der Zeit“, mit Büchern zu aktuellen Themen, die auch zur Stadt passen – etwa Ökologie, Naturschutz, Garten, allgemein Entschleunigung. Doch auch in Hartberg ist der Sachbuchanteil recht gering. „Unsere Leserschaft besteht vorwiegend aus Kindern bis etwa elf Jahren und bei den Erwachsenen zum überwiegenden Teil aus Frauen. Da Sachbücher eher eine männliche Domäne sind, haben wir nur etwa bis zu zehn Prozent Sachbuchanteil“, erklärt Rita Schreiner, Leiterin der Bibliothek Hartberg. Ihre Kollegin aus Bad Waltersdorf weiß Ähnliches zu berichten.

Büchereien verändern sich laufend

Wer sich eine Bücherei als starres Gebilde mit altehrwürdigen Bänden und viel Staub vorstellt, dem sei versichert: Beide Büchereien desinfizieren die zurückgegeben Bücher – und das nicht erst seit Corona, als dies vorübergehend verpflichtend wurde. Außerdem sind beide Institutionen dem ständigen Wandel unterworfen. In Waltersdorf sind allein im heurigen Jahr bis Mitte Oktober schon 622 Bücher (vorwiegend wegen veralteter Rechtschreibung) aussortiert worden. In Hartberg liegt die Quote bei etwa 1.000 ausgemusterten Werken pro Jahr. „Eine Bücherei ist kein Sammlungsort. Der Fokus liegt darauf, dass Bücher bewegt werden sollen“, definiert Rita Schreiner. Dementsprechend werden pro Monat rund 100 neue Bände bestellt. Auf die Wunschliste der Leserinnen und Leser wird dabei gerne eingegangen. Logisch, dass hier wie dort jeweils pro Buch nur ein Exemplar in den Regalen steht. Schließlich kann das Gebäude nicht mitwachsen. Dazu gibt es in beiden Büchereien – wie in den meisten anderen steirischen Bibliotheken auch – die Möglichkeit, mit der Jahreskarte kostenlos bei DigiBib registriert zu werden und somit für ein Jahr über 45.000 Medien online zur Verfügung zu haben.

Die Bücherei in Bad Waltersdorf wird übrigens zum Großteil von der Gemeinde finanziert und erhält eine fixe kirchliche Bezuschussung. Für größere Anschaffungen oder Veranstaltungen wird um eine Landesförderung angesucht.

Hartberg hingegen hat eine Größe, bei der Fördervorgaben leichter eingehalten werden können. Das bedeutet beispielsweise, dass die vorhandenen Medien im Schnitt mindestens 1,5 mal im Jahr ausgeliehen werden müssen. Hartberg hat übrigens mit über 20.000 Entlehnungen einen Wert um die „2“ und bezieht von daher sowohl Landes- als auch Bundesförderungen.

Bibliothekarsausbildung

Wie wird man zu einem Hüter der Bücher? „Ganz wichtig ist natürlich, dass man die Lust am Lesen und die Freude am Buch mitbringt“, gibt Rita Schreiner schmunzelnd zu bedenken. Der Rest ergibt sich. So wie bei Gerlinde Fuchs, die früher in ihrer aktiven Berufszeit selbst eine Stammleserin war und von ihrer Vorgängerin angesprochen wurde, ob sie sich eine Mitarbeit vorstellen könne. Ehrenamtlich. Heute ist sie pensioniert und leitet mit einer geringfügigen Anstellung die Bibliothek. Unter sich hat sie ein Team aus sechs ehrenamtlichen Helfern. Rita Schreiner ist bei der Stadt Hartberg angestellt, vorwiegend für Kultur- und Stadtmarketing, seit 2018 auch als Leiterin der Bücherei. Die Bibliothekarsausbildung dauert drei Jahre, jedes Jahr einen einwöchigen Kurs. Die Begeisterung fürs gedruckte Wort hält hingegen ein Leben lang an.


Bücherei Hartberg
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Rita Schreiner
Rita Schreiner ist Leiterin der Bücherei Hartberg.

Gerlinde Fuchs
Gerlinde Fuchs ist Bibliothekarin in Bad Waltersdorf.

Leseraupe Walbi
Die Bücherei dort hat auch ihr eigenes Maskottchen: Die Leseraupe Walbi.

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