„Schade um jeden Streckhof, den wir verlieren!“
Der Erhalt sogenannter Streckhöfe, die auch heute noch typisch für manch burgenländisches Dorf sind, ist die Mission von Klaus-Jürgen Bauer. Der burgenländische Architekt und Dozent an der TU Wien für Architekturwissenschaften prangert den Umgang mit alter Bausubstanz an, das allzu leichtfertige Abreißen alter Gebäude im Ortskern sowie die Auswüchse modernen Bauens.
Foto: KJB
Architekt Klaus-Jürgen Bauer will die Streckhöfe erhalten.
Sie sind typisch für ganz Mittel- und Osteuropa und prägen noch in vielen burgenländischen Dörfern das Ortsbild – Streckhöfe. Noch bis in die 1950er Jahre gebaut, handelt es sich dabei um langgestreckte, schmale Häuser. Im vorderen Trakt wurde gewohnt, der hintere Bereich bestand aus Stallungen und Wirtschaftsgebäuden. Mit dem Ende der bäuerlichen Kleinbetriebe haben die meisten dieser Streckhöfe keinen Nutzen mehr. Viele davon stehen mitten im Ortskern. Was tun damit? „Ich behaupte nicht, dass es leicht ist, einen Streckhof zu revitalisieren. Es ist wohl einfach, in bautechnischem Sinne. Und hier liegt eine Schwierigkeit unserer Zeit. Wir haben uns daran gewöhnt, dass Bauen etwas Massives, Teures, Hochtechnologisches und Kompliziertes ist. In Wirklichkeit gibt es aber eine Alternative, und wir haben nun mal im Burgenland an die 15.000 dieser einfachen, kleinen Häuser. Die haben alle eine unglaubliche Qualität, die man durch unterschiedliche Maßnahmen erst mal herausarbeiten muss. Und darum geht’s mir!“
Der Umwelt zuliebe
Für Klaus-Jürgen Bauer, der selbst in einem Streckhof aufwuchs, ist der Erhalt dieser Häuser ein Gebot der Stunde – und das nicht etwa aus nostalgischen Gründen: „Es geht um die Themen Klimaerwärmung, Versiegelung, Ressourcenvergeudung. Jedes Haus, das wir abreissen, ist eine Anhäufung von Müll und eine Vergeudung von Energie, nur weil wir der Meinung sind, wir müssen alles Alte radikal beseitigen und durch Größeres und vermeintlich Besseres, weil neuer, ersetzen. Ein Plastikfenster, das man einbaut, ist nach 20 Jahren kaputt und Müll. Die alten Holzkastenfenster halten problemlos 150 Jahre, weil sie reparaturfähig sind.“
Alt aber komfortabel
Und da sind wir schon beim zentralen Thema: Wie versetzt man einen Streckhof mit maximal 70 Quadratmeter Wohnfläche in einen Zustand, der zeitgenössisches Wohnen mit allen Standards und allem Komfort erlaubt?
An die 20 Streckhöfe hat Klaus-Jürgen Bauer selbst in den letzten Jahren saniert. Seine klare Botschaft: „Mit originellen Ideen kann jeder Streckhof nachhaltig, zeitgemäß und kostengünstig hergerichtet werden. Man muss nur wissen wie.“
Da gilt es, zuerst das Raumpotenzial optimal zu nutzen, ehemalige Wirtschaftsgebäude für das Wohnen zu adaptieren. Oft hat man es auch mit durchfeuchteten Räumen zu tun. Für Bauer kommt nun beim Beseitigen dieser Mängel ein simpler Umstand zum Tragen: „Diese alten Häuser sind sehr einfach gebaut, deshalb sind sie auch einfach zu reparieren – wenn man dafür jene Materialien verwendet, die ursprünglich auch beim Bauen verwendet wurden.“ Die findet man aber nicht immer beim Baumarkt ums Eck. Wie zum Beispiel Lehm und Kalk, die dafür sorgen, dass Feuchtigkeit auch wieder raus kann.
Die richtige Wahl und Anwendung dieser Materialien erfordert ein entsprechendes Wissen. „Viele Baumeister, Fachleute, Architekten gehen da nach dem Schema vor: Da ist was zum Abdichten, dafür gibt es die und die Önorm und verwenden dann ein Material, sozusagen die schwere Artillerie des Baumarkts und schießen damit auf diese armen, kleinen Häuser. Das erfüllt dann zwar die Normen und Vorschriften, aber es erfüllt nicht jenen Zweck, nämlich dieses Haus weitere 200 Jahre gesund und dauerhaft als schönes Heim zu behalten.“
Gemeinsam für den Erhalt
Dieses Manko versucht Klaus-Jürgen Bauer mit dem von ihm eigens ins Leben gerufenen Streckhofinstitut zu beseitigen. „Mein Anliegen ist es, Verbündete zu suchen und das Wissen um das einfache Reparieren dieser Streckhöfe weiterzugeben.“
Die Homepage https://www.rettetdiestreckhöfe.at/ informiert über das Beratungsangebot von Klaus-Jürgen Bauer, hält ausgewählte Buchtipps bereit und bietet eine umfangreiche Bildergalerie von Streckhöfen aller Art. Ein eigener Newsletter zur Streckhofsanierung liefert Tipps und erfolgserprobte Methoden, Hinweise, Insider-Techniken und Beispiellösungen. Tipps rund um die Streckhofsanierung sollen dabei helfen, die Welt der Streckhöfe besser zu verstehen.
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2 Antworten
„Schade um jeden Streckhof, den wir verlieren!“
Wie recht er hat. Manche leben lieber in plastikverkleideten Schuhkartonhäusern.