Nicole MATSCH / 26. November 2025
© Nicole Matsch
Durch die Trüffelsuche entstand eine Freundschaft. Bernhard Mittermann mit seiner Familie, Viktoria Zsifkovits und „Trüffelhund“ Aureo auf der Plantage.
Von Istrien ins Südburgenland
Die Plantage, auf der sie suchen, betreibt Bernhard Mittermann gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Jutta Nicka. Der IT-Profi und Nebenerwerbslandwirt war der Erste, der im Südburgenland eine Trüffelplantage anlegte – und für viele „ein Verrückter“. Die Geschichte begann 2012 mit einem Urlaub in Istrien. Dort probierte Mittermann zum ersten Mal Trüffel – und war begeistert. Kurz darauf sah er eine Dokumentation über Trüffelzucht in der Schweiz. „Wenn das dort geht, warum nicht bei uns?“, erinnert er sich an den Moment, in dem die Idee in ihm zu reifen begann. Auf einem von seinem Vater geerbten Grundstück legte er noch im selben Sommer los. Mit viel Idealismus, Anleitung durch Experten und, wie er schmunzelnd zugibt, „mit YouTube-Videos“.
Die Burgundertrüffel – Tuber uncinatum – ist hier die Hauptdarstellerin. Sie geht mit den Wurzeln der Bäume eine Symbiose ein. Der Pilz versorgt den Baum mit Nährstoffen, der Baum liefert ihm dafür Zucker. Unterirdisch wachsen daraus Knollen mit marmoriertem Fleisch – die begehrten Trüffeln. Bis zum ersten Ertrag dauerte es allerdings fast zehn Jahre. „Im Herbst 2021 konnten wir endlich die erste Trüffel ernten“, erzählt Mittermann und bekommt dabei jetzt noch leuchtende Augen. Heute ist er dabei, die Plantage von 3.400 m2 auf rund einen Hektar zu erweitern.
Gut Ding braucht Weile
Der Weg dorthin war kein einfacher. Der Boden war etwas zu sauer, der Standort mit 600 Metern Seehöhe etwas zu hoch. Also arbeitete Mittermann Tonnen von Kalk ein, pflanzte dutzende junge Bäume – Eiche, Hasel, Buche und Schwarzföhre –, schnitt sie gezielt, damit die Energie in die Wurzeln gesteckt wird und sich ein schützendes Blätterdach bildet. „Trüffelanbau ist wie eine Mischung aus Wein- und Obstbau“, sagt er. „Man muss Geduld haben, die Erde feucht halten – und warten. „Unter den Bäumen liegen zudem mit Stroh gefüllte Säcke, um die Feuchtigkeit zu halten. Bewässert muss dennoch werden, über eine Zisterne. Wo rund um die Stämme kein Gras mehr wächst, zeigt sich die Brûlée (franz. verbrannt) – eine kahle Zone, die anzeigt, dass der Pilz aktiv ist.
Im Juli steht die erste Ernte an. Und dann wieder von September bis in den Dezember hinein, wenn die Trüffeln ihr volles Aroma entfalten. Mittermanns bisher größte Trüffel brachte es auf 430 Gramm – ein seltener Schatz. „Am liebsten sind mir aber die Knollen zwischen 60 und 70 Gramm“, erklärt der Plantagenbesitzer. Denn bei einem Kilopreis von 600 € – und damit liegt er noch weit unter dem Schnitt in Österreich – könnte ein hohes Gewicht Käufer eher abschrecken. „Lieber regelmäßig, als einmal teuer verkaufen“, sagt er. Zu seinen Kunden zählen private Feinschmecker und befreundete Gastronomen. „Wichtig ist mir nicht die Menge, sondern die Qualität – und eine naturnahe, biologische Bewirtschaftung“. Auf Spritzmittel und Dünger verzichtet er völlig. Zwischen den Reihen zwitschern Vögel, summen Bienen und brummen Hornissen, auf der angrenzenden Streuobstwiese wachsen alte Obstsorten. „Trüffeln sind nichts für schnelle Erfolge. Sie brauchen Zeit – wie guter Wein.“
Familienhund mit Supernase
Viktoria Zsifkovits wollte einen Familienhund. Von Trüffeln hatte sie keine Ahnung, bis sie zufällig der Rasse Lagotto Romagnolo begegnete – und sich sofort verliebte. Freundlich, verschmust, intelligent und dank ihrer feinen Nase besonders geeignet für die Trüffelsuche. Als sie ihren Rüden Aureo bekam, begann sie den Welpen spielerisch zu beschäftigen, versteckte Socken mit Trüffelöl und andere Dinge im Garten. Sein Suchtalent war unübersehbar, „darum reisten wir zu einem professionellen Trainer nach Kroatien“, sagt sie, wo Aureo die Feinheiten der Trüffelsuche lernte – und Zsifkovits, ihren Hund richtig zu „lesen“.
„Der erste selbstständige Fund in Niederösterreich war magisch. Ich hab geschrien vor Freude“, erzählt die Hundehalterin mit einem breiten Lächeln. Seitdem ist die Trüffelsuche ein gemeinsames Abenteuer. Bernhard Mittermann lernte sie über seine Plantage kennen.
Wenn Zsifkovits hierher kommt, springt Aureo aus dem Auto, stürmt zwischen die Bäume und findet oft in unter einer Minute die erste Knolle. „Manche Hunde fressen die Trüffel – das passiert öfter. Mein Hund dagegen wartet lieber auf seine Belohnung, die schmeckt ihm nämlich besser“, sagt Zsifkovits und lacht. „Aureo bekommt stattdessen sein Stangerl.“
Leidenschaft und Lebensaufgabe
Nach getaner Arbeit steht man gern noch beisammen, begutachtet die Ernte, fachsimpelt über Reifezeiten und die besten Rezepte mit Trüffel, die übrigens nicht oder nur wenig erhitzt werden darf, da sie sonst ihr Aroma verliert. Auch Bernhard Mittermanns neunjährige Tochter Marie-Sophie hilft engagiert mit. Für sie ist das „perfekte Wochenende“ eines auf der Plantage. „Sie ist richtig begeistert von alldem hier“, freut sich der stolze Papa. „Für mich geht es sich nicht mehr ganz aus, aber wenn Marie-Sophie alt genug ist, um sie zu übernehmen, wird die Plantage hoffentlich richtig guten Ertrag liefern“.
Am Ende wiegt Mittermann eine schwarze Knolle prüfend in der Hand und schneidet sie an. „Für mich ist das pure Freude“, sagt er und schwärmt vom vielschichtigen Aroma, das aus der marmorierten Schnittstelle strömt: intensiv erdig, leicht süßlich, nussig, mit Nuancen von Malz oder Kakao. Neben ihm stehen seine Familie und Viktoria Zsifkovits, Aureo liegt zufrieden zu ihren Füßen. Zu Hause wartet auf den Hund ein Bad – und unter der Erde schon der nächste Schatz darauf, gefunden zu werden.



Qualität hat ihren Preis. Eine Burgundertrüffel von Mittermanns Plantage mit etwa 70 Gramm gibt es um rund 40 Euro.
Fotos: Nicole Matsch

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