Reportage

Unterkohlstätten – Fünf Ortsteile, eine Heimat

Weit weg vom Stress großer Städte, liegt die hügelige Gemeinde zwischen Bernsteiner und Günser Gebirge. Im Norden ist Unterkohlstätten durch den Günsbach begrenzt, der gleichzeitig auch die Grenze zum Bezirk Oberpullendorf bildet. Durch die waldreiche und natürliche Umgebung des Naturparks Geschriebenstein kommen hier vor allem Wandersleute auf ihre Rechnung. Mit viel Glück oder Wissen kommen sie auch beim Königsbrunnen vorbei. Mehr dazu aber später....

Foto: Gemeinde Unterkohlstätten

„Wer wissen will, wie es früher einmal war, ist bei uns richtig,“ so Christian Pinzker (SPÖ), Bürgermeister der Gemeinde Unterkohlstätten. Und wahrlich, die Zeit scheint stehengeblieben, entlang des alpannonia Wanderwegs. Eigentlich weniger stehen geblieben, als bewusst wieder in den Vordergrund gestellt. „Wir sind mittlerweile eine Gemeinde, die für ihre Brauchtumspflege bekannt ist“, erzählt der Bürgermeister.

Die Gemeinde Unterkohlstätten besteht aus fünf Ortsteilen und zwei Rotten. Schmucke kleine Dörfer inmitten des Burgenlandes, die durch ihr gepflegtes Ortsbild die idyllischsten Seiten des Bundeslandes zeigen. Die Ortschaften mit dem typischen Vereinsleben, den alten Bräuchen und den vielen ruhigen Plätzen, die hier wie selbstverständlich noch Ruhe und Erholung versprechen, werden somit zum Geheimtipp.

„Mit all diesen Aspekten wird der dörfliche Charakter unserer Ortschaften hervorgehoben“, so Pinzker. Die Einwohner freut es, die Touristen genießen es. Vor allem die zahlreichen Wanderwege, die die Naturparkgemeinde Unterkohlstätten umspielen, sind eine Empfehlung für Ruhesuchende.

Der Name ist Programm

Die Namen aller Ortsteile gehen auf das Arbeiten mit Holz zurück. „In Oberkohlstätten waren die „Köhler“ mit ihren Kohlenmeilern zu Hause, in Unterkohlstätten die „Kalkbrenner“, die die Kalksteinvorkommen der Region genutzt haben und mit Holz ihre Brennöfen heizten. In Holzschlag wurde viel Holz für die Herrschaft Bernstein geschlagen, und in Günseck waren die Holzrechenmacher zu Hause. In Glashütten wurde Glas erzeugt“, erzählt Bürgermeister Pinzker von früher.

Heute ist natürlich nicht mehr die Arbeit mit Holz die Haupteinnahmequelle der Bevölkerung. Die Berufsbilder von damals haben aber in anderer Form wieder Einzug in die Gemeinde gefunden und verbinden so Vergangenheit und Zukunft, überliefertes Handwerk und Tourismus.

Die alten Kalköfen wurden seit den 1950er-Jahren nicht mehr gebraucht und sind mittlerweile von der Natur überwuchert und verfallen. Um dem Vergessen entgegenzuwirken, wurde im Jahr 2002 ein neuer Kalkofen in Unterkohlstätten gebaut, gleichzeitig wurde in Oberkohlstätten ein Kohlenmeiler errichtet. „So kann beobachtet werden, wie historisches Handwerk wieder lebt, wenn auch nur als Schaubrauch“, erklärt Christian Pinzker.

Trinken und Essen wie ein König

Mitten auf einer Waldlichtung im Gebiet von Glashütten bei Schlaining entspringt eine Quelle, die seit jeher frisches Wasser als Durstlöscher anbietet. Alten Erzählungen zufolge einst von einem ungarischen König entdeckt, ist die Lichtung mit dem Königsbrunnen auch heute immer noch ein kleiner, idyllischer Rastplatz. „Das Steingewölbe, das die Quellfassung geschützt hat, war vom Verfall bedroht. Also haben wir auch den Königsbrunnen 2010 saniert. Außerdem verbindet heute eine kleine Brücke einen neu angelegten Holzsteg mit dem alpannonia Wanderweg.“

Ausgehend von dem Bild der braven Holzarbeiter hat sich Unterkohlstätten neu positioniert. Die fünf Ortsteile scheinen es geschafft zu haben, ihre Vergangenheit zu ihrer gemeinsamen Zukunft zu machen. „Aber machen sie sich selbst ein Bild“, lädt Christian Pinzker unaufdringlich ein, in „seinem“ Gemeindegebiet Energie zu tanken.


Bürgermeister Christian Pinzker (SPÖ)
Seit November 2016 ist Christian Pinzker Bürgermeister der Gemeinde Unterkohlstätten im Herzen des Naturpark Geschriebenstein. Schon davor engagierte sich der IT Techniker bei zahlreichen Vereinen wie der Feuerwehr, dem Naturparkverein, Sportverein, Verschönerungsverein, aber auch als Gemeinderat in der Kommunalpolitik. Sein Amt und seine Berufung interpretiert der 47-jährige Teamplayer und Kommunikator als Zusammenspiel zwischen Helfen und Gestalten.

In seiner Amtszeit will Pinzker die Gemeinde Unterkohlstätten finanziell und infrastrukturell zukunftsfit machen. Für seine Ziele und Projekte arbeitet Pinzker hart und penibel.

Das Amt des Bürgermeisters verbunden mit einem Job in der Privatwirtschaft bedeutet: „In der Früh früher auf, am Abend länger am Schreibtisch im Gemeindeamt. Mit der notwendigen Leidenschaft für dieses Amt stellen sich schon bald Erfolge und positive Rückmeldungen aus der Bevölkerung ein. Natürlich gibt es auch immer wieder kritische Stimmen, die zu diesem Job genauso dazugehören.

Selbst würde ich mich als zukunftsorientiert bezeichnen, der sinnvolle Projekte für die Gemeinschaft anpackt und konsequent zum Wohle der Gemeinde umsetzt, so Pinzker!

Kalkofen in Unterkohlstätten.

Für einen Kohlenmeiler wurden rund 20 rm Rotbuche aufgeschichtet.

Der Königsbrunnen bei Glashütten. Ein Steingewölbe schützt die Quelle

Bei den Köhlern in Oberkohlstätten

Die Köhlerei ist ein sehr altes Handwerk, das bereits in die Eisenzeit (etwa 1000 bis 500 Jahre v. Chr.) zurückreicht. Schon damals wurde mit Hilfe der gewonnen Holzkohle das Eisenerz geschmolzen. Neben den Eisengießereien wurde vor allem in den Glashütten, den Hufschmieden, sowie in den Ziegeleien und für die Herstellung von Schwarzpulver, Holzkohle benötigt.

Mit der zunehmenden Technologisierung Mitte des 20. Jahrhunderts wurde die Nachfrage nach Holzkohle so gering, dass das alte Gewerbe in unserer Gegend ausgestorben ist. In Oberkohlstätten wurde im Jahre 1938 der letzte Kohlenmeiler errichtet. Heute verwendet man Holzkohle nur mehr zum Grillen bei Festen und privaten Gartenpartys, welche in Baumärkten bequem gekauft werden kann.

Um diese alte Tradition wieder zu beleben, wurde im Oktober 2002 wieder ein Kohlenmeiler in Oberkohlstätten errichtet und Holzkohle erzeugt. Ebenfalls wurde ein Schaumeiler und eine Köhlerhütte errichtet, und auf Schautafeln kann man anhand von Fotos den Werdegang vom Holz zur Holzkohle genau verfolgen.

Der Kohlenmeiler

Auf einem möglichst ebenen Platz (es wurde der alte Meilerplatz von 1938 genommen) wurde das zu verkohlende Holz (ca. 20 rm Rotbuche) aufgeschichtet. Damit möglichst wenig Hohlräume verbleiben, muss das Kohlholz sorgfältig aufgeschichtet werden. Danach deckt der Köhler den Holzhügel sorgfältig mit Stroh, Fichtenreisig und nicht zu trockener Erde ab. Dann wird der Meiler entzündet. An der Farbe und am Geruch des aus dem Meiler entweichenden Rauches erkennt der Köhler den ordnungsgemäßen Verlauf der Holzverkohlung.

Je nach Holzart und Menge dauert der Schwelprozess zwei bis drei Wochen. Während dieser Zeit muss der Köhler Tag und Nacht bei seinem Meiler sein. Hierzu befindet sich in unmittelbarer Meilernähe eine Köhlerhütte, als Unterkunft für den Köhler. Nach dem Ablöschen des Meilergutes erfolgt die „Ernte“ – auf Grund der unausbleiblichen Staubentwicklung eine nicht besonders angenehme Tätigkeit, das Ausbringen und Einsacken der Holzkohle.

Die Kalkbrenner von Unterkohlstätten

In der Zwischenkriegszeit nützten einige Bauern das Kalkgesteinvorkommen rund um Unterkohlstätten um den alten wertvollen Baustoff „Kalk“ herzustellen.

Vorwiegend in der Ried Steinwandriegel wurden Steine aus der Felswand gebrochen, dieser Kalkstein war das Ausgangmaterial für die Kalkbrennerei

Der Kalkofen war aus Ziegel gemauert und zum Teil in die Erde hineingebaut. Die Kalksteine wurden zylinderförmig im Kalkofen aufgeschichtet. Für eine Füllung waren ca. 5000kg Steine notwendig. Der Ofen musste auf 1100 °C aufgeheizt werden. Bei einem Brennvorgang wurden ca. 10 Raummeter Holz verheizt.

Erst nach ca. 32-36 Stunden Brenndauer war der Branntkalk (Stückkalk) fertig. Diese Branntkalkstücke wurden früher mit Pferdefuhrwerken auf die Baustelle gebracht. Die Kalkstücke wurden durch die Zugabe von Wasser erst gebrauchsfertig gemacht. In den 50er Jahren wurde der Stückkalk vom industriegefertigten Staubkalk verdrängt.

Die Kalköfen sind inzwischen verfallen und von der Natur überwuchert.

Um das Gewerbe des Kalkbrennens in unserer Region vor dem Vergessen zu bewahren haben wir im Jahr 2002 einen neuen Kalkofen errichtet. Anhand von Schautafeln wird erklärt, wie die Menschen früher mit einfachen Hilfsmitteln und durch chemische Vorgänge aus Naturstein den so begehrten Branntkalk erzeugt haben. Früherer Anwendungsbereich: Beim Hausbau zur Herstellung des Mörtels. Als Löschkalk zum Weißen der Wände.


Schreibe einen Kommentar

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

1 Antworten