Bio und regional im Kampf gegen billige Importware

Die österreichische Landwirtschaft hatte in den vergangenen Jahren mit verschiedenen Herausforderungen zu kämpfen, darunter Pandemie-bedingte Lieferkettenprobleme und die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf die Energie- und Inflationslage. Dennoch hat die Branche Durchhaltevermögen bewiesen. Doch nachdem während der Pandemie die Nachfrage nach regionalen Produkten zugenommen hat, scheinen Verbraucherinnen und Verbraucher im Supermarkt nun wieder vermehrt zu günstigerer Importware zu greifen. Verantwortlich seien hier die erhöhten Herstellungs- und Verkaufskosten und die überbordenden EU-Regelungen für die Land- und Forstwirtschaft.

Saskia KANCZER / 27. März 2024

Die österreichische Bevölkerung greift häufig nach billigerer Importware.

Qualität fordern, aber nicht kaufen?

Die österreichische Bevölkerung fordert von der Regierung verstärkte Maßnahmen bezüglich Tierwohl in der Landwirtschaft sowie gesündere, chemikalienfreie Obst- und Gemüsesorten. Doch trotz dieser Forderungen scheint es einen Widerspruch zu geben, insbesondere mit dem Anstieg der Inflation, der die Ausgaben beeinflusst. Viele greifen aufgrund finanzieller Überlegungen zu günstigeren Importwaren. Herbert Lebitsch, Obmann der Bezirkskammer Oststeiermark, hinterfragt hier die Prioritäten: „Der Griff zu Billigprodukten und Aktionsartikeln steigt und Importware ersetzt heimische Qualität. Die Umsatzzahlen von regionalen und Bioprodukten sind wieder auf das Vorkrisenniveau zurückgegangen. Natürlich belasten die hohen Energiepreise und Wohnkosten die Menschen, doch für Freizeit und Urlaub wird so viel Geld ausgegeben wie schon lange nicht mehr.“ Die Menschen scheinen nachholen zu wollen, was sie in der Pandemie nicht machen konnten und planen ihr Geld anders ein. Aber schlussendlich entscheiden die Konsumierenden mit ihrem Einkauf, was der Markt anbietet. Allerdings sei es hier wichtig, die Erwartung, dass alle Gemüse- und Obstsorten ganzjährig verfügbar sein müssen, nicht zu unterstützen. Österreich ist zwar Bio-Europameister, aber der Treibhauseffekt schlage voll zu und Importware sorgt für Regionalersatz. Das betonten Expertinnen und Experten beim Ernährungskongress von Symposion Dürnstein Mitte März.

Bio und regional – sowohl als auch!

Bioprodukte gewinnen zunehmend an Bedeutung und Österreich nimmt in der EU eine führende Rolle ein, mit 27 Prozent der Betriebe, die biologisch arbeiten. Insbesondere im Burgenland wird diese Entwicklung mit Projekten unterstützt. Ein Selbstbedienungs-Bauernladen in Eisenstadt bietet Landwirtinnen und Landwirten die Möglichkeit, in der Landeshauptstadt ihre Produkte zu verkaufen. Auch das Projekt „Bio-Wende“ wird aktiv vorangetrieben: Um Bio-Betrieben neue Absatzmärkte zu erschließen, wird der Bioanteil in Landes- und landesnahen Küchen schrittweise erhöht, mit dem Ziel, bis 2024 einen Anteil von 100 Prozent zu erreichen. Allerdings müssen Betriebe EU-Regelungen für Futter- und Düngemittel einhalten, um den Titel „Bio“ zu tragen. Die Inflation hat auch hier zu einem Anstieg der Kosten für diese Arbeitsmittel geführt. Obwohl das Burgenland bis jetzt einen beeindruckenden Anteil von 37 Prozent an der Bioproduktion vorweisen kann, führen die erhöhten Kosten dazu, dass immer mehr Betriebe wieder auf konventionelle Produktion umsteigen. Die Landwirtschaftskammern sehen hier die Politik gefragt. Die Förderungen für Bio sind wichtig, aber auch die Regionalität müsse gleichzeitig gestärkt werden. „Wir von der Landwirtschaftskammer unterstützen die Idee von Bio. Aber unsere Landwirtschaft ist klein strukturiert, somit müssen wir neben Bioproduktion auch unsere Regionalität bestärken“, betont der Präsident der Landwirtschaftskammer Burgenland, Nikolaus Berlakovich. Hier gehe es nicht um „Bio oder regional“, sondern um ein sowohl als auch, damit die heimischen Landwirtinnen und -wirte überleben können. Auch die Landwirtschaftskammer Steiermark hat eine starke Bioberatung vorzuweisen und befürwortet die Bioschiene. Betont allerdings kritisch, dass Vorhaben wie die „Bio-Wende“ nur
dann funktionieren können, wenn sich die Herstellung und der Verkauf der Produkte durch kostendeckende Preise für die Bäuerinnen und Bauern tatsächlich rentieren. Für faire Preise am Markt und vor allem auch im Sinne der Nachhaltigkeit und des Umweltschutzes kann also nur gesorgt werden, wenn der Kauf von heimisch produzierten Lebensmitteln ansteigt. Solange die Nachfrage nach Importprodukten hoch bleibt, werden hier eher schwer Verbesserungen folgen. Das heißt, die Kundinnen und Kunden haben es in der Hand, ob Bio leistbar wird.

Was braucht es also?

Einen weiteren Einfluss auf die Preisgestaltung der Bio-Produktion haben die EU-Regelungen. Die Landwirtschaftskammern Burgenland und Steiermark fordern, dass diese angepasst werden müssen, um den heimischen Bäuerinnen und Bauern eine Chance zu geben. Die derzeitigen Auflagen sind mit dem Kostenaufwand nicht einhaltbar. Zusätzlich führen Importprodukte dazu, dass die im Inland produzierten Lebensmittel im Regal liegen bleiben, da sie im Vergleich teurer sind. Ein Beispiel für den problematischen Import und wie dieser den Preis steuert, war bis Mitte März das ukrainische Getreide. Mit dem Kriegsausbruch wurden die Regelungen bezüglich Mengenkontrolle aufgehoben und ein Solidaritätskorridor geschaffen. Das führte dazu, dass große Mengen des ukrainischen Getreides, die nach Afrika gehen sollten, in Österreich blieben und den inländischen Marktpreis drückten. Dieser Situation konnte mit ersten Schritten bereits entgegengewirkt werden: Mitte März gab die Wirtschaftskammer Burgenland bekannt, dass die Mehrheit der Abgeordneten im EU-Parlament dafür stimmte, dieselben Beschränkungen für Getreide einzuführen wie bereits für Geflügel, Eier und Zucker aus der Ukraine.

Bürokratie: Eine zusätzliche tägliche Belastung

Was die Arbeit der Landwirtinnen und Landwirten zusätzlich erschwert, ist der bürokratische Aufwand. Die Dokumentationsverpflichtungen laut ÖPUL (Österreichisches Programm für umweltgerechte Landwirtschaft) bezüglich Aufbewahrung, Ackerflächenbegrünung, Humuserhaltung etc. müssen täglich aufgezeichnet werden. Auch hier sind sich die Landwirtschaftskammern ganz klar einig: Dass Bäuerinnen und Bauern diese zusätzliche Belastung haben, sei nicht der richtige Weg und dem müsse man entgegensteuern.

Die überbordenden Produktions- und Bürokratievorschriften der EU führen seit Dezember 2023 zu europaweiten Protesten, bei denen Bäuerinnen und Bauern eine Lockerung dieser Vorschriften fordern. Auch die österreichische Landwirtschaft tritt für eine Anpassung der Regelungen ein. Österreich könne Österreich durchaus versorgen – sogar bio und regional. Allerdings bräuchte es eben weniger überbordende EU-Vorschriften, mehr Unterstützung für Betriebe, die auf gesunde Lebensmittel und Tierwohl setzen und letztendlich auch Konsumentinnen und Konsumenten, die dann zu diesen heimischen Qualitätsprodukten greifen.

Porträkt Nikolaus Berlakovich Präsident Landwirtschaftskammer Burgenland
©zVg LK Burgenland
Nikolaus Berlakovich

Präsident der
Landwirtschaftskammer Burgenland

Porträt Herbert Lebitsch Obmann der Bezirkskammer Hartberg-Fürstenfeld
©zVg
Herbert Lebitsch

Obmann der Landwirtschaftskammer Hartberg-Fürstenfeld

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