Bericht

Burgenlands Gemeinden und der 1.700 Euro Mindestlohn

Der Mindestlohn von 1.700 Euro netto ist eines der Leuchtturmprojekte vom burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil. Das entspricht einem Stundenlohn von rund zehn Euro netto. Für den Landeshauptmann eine Frage der Gerechtigkeit für die Bediensteten. In einem ersten Schritt gilt das für die Landesbediensteten und die Mitarbeiter der Krankenanstalten-Gesellschaft Krages.

Foto: Peter Sitar

Nach den Landesbediensteten sollen im Burgenland nun auch die Gemeindemitarbeiterinnen und -mitarbeiter einen Nettolohn von 1.700 Euro bekommen.

 

In einem weiteren Schritt soll der Mindestlohn auch bei den Betrieben umgesetzt werden, wo es Landesbeteiligungen gibt und letztlich auch bei den Gemeinden. Deren Begeisterung hält sich – vor allem in Krisenzeiten wie jetzt – in Grenzen. prima! hat sich beim Land und den Gemeinden umgehört.

Wichtige Arbeit

Aus dem Büro von Landeshauptmann Hans Peter Doskozil heißt es zum Thema Mindestlohn auf Gemeindeebene: „Es gibt im Moment keinerlei Anlass, das Programm der Landesregierung zu revidieren oder aufzuschnüren. Puncto Mindestlohn zeigt sich gerade durch die Coronavirus-Krise, wie wichtig die Arbeit von Menschen ist, denen manche vor wenigen Wochen 1.700 Euro netto nicht zugestehen wollten. Jetzt gilt das volle Augenmerk der Bewältigung dieser Krise. Umsetzungsdetails sind danach zu diskutieren.“

Ein erklärter Gegner des Mindestlohns war und ist der Bürgermeister von Eisenstadt und ehemalige ÖVP-Landesparteichef Thomas Steiner. „Ich habe aus vielen Gründen keine Freude mit dem Mindestlohn, wenn er aber eingeführt wird, muss ich das wohl akzeptieren“, sagt der Eisenstädter Bürgermeister. Nach ersten Berechnungen würde die Einführung des Mindestlohns das Eisenstädter Budget mit mindestens zusätzlichen 500.000 Euro jährlich belasten. Bei der Gemeinde selbst sind rund 280 Menschen beschäftigt. Steiner rät den Betroffenen sehr genau durchzurechnen, ob sie auf das neue System umsteigen wollen.

„Das Einstiegsgehalt ist möglicherweise höher, aber die Gehaltskurve verflacht. Die Frage ist dann, wie es mit dem Lebensverdienst aussieht“, so Eisenstadts Bürgermeister. Er hofft, dass man sich seitens des Landes noch genau überlegen wird, ob der Mindestlohn auf Gemeindeebene tatsächlich eingeführt werden soll. Denn durch die Corona Pandemie komme es auf Gemeindeebene zu einem starken Verlust bei den Steuereinnahmen: „Allein für Eisenstadt rechnen wir 2020 mit einem Minus von vier bis sechs Millionen Euro“, so Steiner.

Wahlmöglichkeiten

Wolfgang Koller, SP-Bürgermeister von Kemeten, hat eine differenzierte Sicht in Sachen Mindestlohn auf Gemeindeebene. „Man wird sich anschauen müssen, wie die Details aussehen. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass langjährige Bedienstete etwa im alten Entlohnungsschema bleiben wollen, weil sie damit besser fahren“.
Für jüngere Mitarbeiter könnte es kurzfristig ein Vorteil sein, auf das neue System umzusteigen, da sie mehr Geld bekommen. Allerdings muss den Betroffenen klar sein, dass langfristig die Steigerungskurve eher flacher wird. Koller tritt dafür ein, dass die Betroffenen sich individuell entscheiden können.

Sorgen bereitet der Mindestlohn auf Gemeindeebene auch dem 2. Landtagspräsidenten und Bürgermeister von Oberwart, Georg Rosner, ÖVP: „Für Oberwart ist der Mindestlohn auf Gemeindeebene eine große Belastung. Allein für die Stadtgemeinde, mit den über 150 Beschäftigten, würde das Mehrkosten von rund 250.000 Euro pro Jahr ausmachen. Das sind in etwa die Kosten für die Sanierung der Prinz Eugen Straße.“ In Oberwart wären vom Mindestlohn rund 60 Beschäftigte betroffen.

Einfache Gesetzesmehrheit

Geregelt wird die Entlohnung über das Gemeindebedienstetengesetz. Das wird vom Land mit einfacher Mehrheit beschlossen. Für die mit absoluter Mehrheit regierende SPÖ eine leichte Übung.
Entspannter sieht die Situation etwa die Bürgermeisterin von Bernstein, Renate Habetler, SPÖ: „Der Mindestlohn auf Gemeindeebene wird sicher kommen. Ich wünsche mir und hoffe, dass das Kindergartenpersonal, das derzeit von der Gemeinde bezahlt wird, vom Land übernommen wird. Das wäre für uns eine große, finanzielle Erleichterung.

Was mich aber mehr beschäftigt, sind die Auswirkungen der Corona-Krise. Die Kommunalsteuer wird einbrechen, die Betriebe, die noch offen haben, haben ihre Leute teils auf Kurzarbeit angemeldet, und die Arbeitslosigkeit steigt dramatisch. Was wir dringend brauchen, ist ein Hilfspaket vom Bund für die Gemeinden.“


Mindestlohn

Im Burgenland gilt der Mindestlohn von 1.700 Euro netto derzeit für den Landesdienst und die KRAGES (Burgenländische Krankenanstalten GmbH). Dabei können die Betroffenen auf das neue System umsteigen, müssen aber nicht. Mit der Einführung des Mindestlohns möchte die Landesregierung auch ein Zeichen an die Wirtschaft setzen:

Betriebe, die Aufträge vom Land bekommen, sollen so animiert werden, auch in ihrem Bereich den Mindestlohn umzusetzen. Sonst könnte es mit künftigen Landesaufträgen nicht unbedingt berauschend aussehen.


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