Bericht

Der Mobilität in der Oststeiermark ist eine Sonderausstellung gewidmet

Ein großes Menschheitsthema mit hoher Brisanz hat sich das Museum Hartberg für seine diesjährige Sonderausstellung vorgenommen, heruntergebrochen auf die Region: „Mobilität in der Oststeiermark | gestern–heute-morgen“.

Foto©zVg Andreas Lehner

Die Sonderausstellung zur Mobilität in der Oststeiermark im Museum Hartberg ist bis 12. November zu besichtigen.

 

„Wir wollen einen Impuls zum Nach- und Weiterdenken geben, wie sich Mobilität im ländlichen Raum entwickeln kann und muss“, betonte Kurator Andreas Lehner in seinem Eröffnungsvortrag. „Der technische Fortschritt und die Zwänge der aktuellen Klimakrise werden einen grundlegenden Wandel unseres Verhaltens bewirken. Viele alte Gewohnheiten sind nicht aufrecht zu erhalten!“ Als Beispiel nannte er das Konzept des „eigenen Autos“, das möglicherweise schon sehr bald der Vergangenheit angehören werde. Intelligente Verkehrssysteme, die auf automatisierten, gemeinschaftlich genutzten Fahrzeugen basieren, würden an die Stelle des privaten Pkw treten.

Dr. Reinhold Glehr, als Obmann des Historischen Vereins Hartberg Hausherr im Museum, wollte mit der Sonderausstellung ausdrücklich „eine umfassende und auch kontroverse Schau zum Thema anbieten“. Deshalb fanden neben vielen historischen Zugängen (etwa zur ausführlich geschilderten Geschichte der Eisenbahn in der Region Hartberg/Fürstenfeld) auch hochaktuelle Bezüge zu den umstrittenen Aktionen der Klimaschützer angemessenen Raum. Prominent platzierte Exponate wie ein „Pucherl“ der Gendarmerie oder historische Zweiräder ermöglichen dazwischen einen wehmütig-ironischen Blick auf die jüngere Vergangenheit der Entwicklung des Individualverkehrs nach 1945.

Freilich verfolgt das Konzept des Kurators einen weitaus grundsätzlicheren Ansatz. Es holt weit aus in die Menschheitsgeschichte („Der aufrechte Gang“, „Vom Rad zum Wagen“) und weist in die Zukunft, ohne jedoch lediglich Modetrends abzuhandeln. So gibt es Erhellendes zum Thema Elektroantrieb („Das E-Auto allein löst die Probleme nicht“) ebenso wie zur Automatisierung im Verkehr, deren technische und rechtliche Problemstellungen – wer trägt die Verantwortung bei einem Unfall, wenn der Computer das Steuer übernimmt? – in illustrierten Texttafeln anschaulich gemacht werden.

Auch Bürgermeister Marcus Martschitsch zeigte sich getreu seinem Motto „Altes bewahren – Neues zulassen“ ganz handfest am Thema interessiert. Persönlich half er mit beim Aufbau eines „Moped-Simulators“, an dem Besucherinnen und Besucher ihre Fahrkünste überprüfen können. Erschwert wurde dies durch das Tragen einer „Rauschbrille“, mit der optisch ein Alkoholisierungsgrad imitiert wird, der das Führen eines Kraftfahrzeuges praktisch unmöglich macht. 

Vor welchen Herausforderungen eine Bezirkshauptstadt steht, wenn sie zuverlässige und schnelle, öffentliche Verkehrsmittel anbieten will, lässt sich am Beispiel Hartbergs gemeingültig aufzeigen. Während in der Innenstadt immer mehr Geschäftslokale leerstehen, bildet sich am Stadtrand ein Ring von Einkaufszentren und Wohnsiedlungen. Wie sich eine solche „Donut-Stadt“ wieder zum „Krapfen“ („Das Süße muss wieder in die Mitte!“) machen lassen könnte, auch darum geht es noch bis Ende November im Museum Hartberg.

Zugang zur Jugend

Kurator Andreas Lehner gelang es auch, die Jugend für das Projekt zu begeistern. Schülerinnen und Schüler der 6. Klasse am Gymnasium Hartberg steuerten einen Videofilm bei, der Besucherinnen und Besucher gleich am Eingang zu Klängen von Mozarts „Requiem“ mit unangenehmen Wahrheiten konfrontiert. Auch ein eher fröhliches Kinderbuch über die Tiere im Wald, die ein neues Zuhause suchen und finden stammt von den Jugendlichen. Ein drittes Exponat der Schülerinnen und Schüler, ein angeblich in der Zukunft aufgefundener Datenstick ihrer „Oma“, in dem als „Rückschau“ Bilder und Informationen zur oft absurden Verkehrssituation der Jetztzeit präsentiert werden, offenbart eine weitere Stärke der Ausstellung. Sie geht die schweren Themen häufig mit einer Prise Humor an. So werden auch bittere Tatsachen leichter konsumierbar und die Gesamtwirkung der Schau bleibt positiv.

 

Die Besucherinnen und Besucher können jederzeit selbst entscheiden, wie weit sie in die Materie eintauchen wollen. Die eigens für die Ausstellung gebauten Möbel bilden drei „Inseln“ im Raum, die jeweils von vier Seiten aus erkundet werden können. Auch an allen weiteren Themenstationen befinden sich in ausziehbaren Laden vertiefende Informationen, die aktiv eingeholt werden können. Dabei gibt es keine vorgegebene Richtung, in der die Ausstellung erschlossen werden müsste. Sie kann vielmehr frei durchstreift und erkundet werden, momentanen Impulsen- oder inhaltlichen Interessen folgend.

 

Quelle: Andreas Lehner

 


„Mobilität in der Oststeiermark, gestern-heute-morgen“
Sonderausstellung des Historischen Vereins Hartberg


16. Juni – 12. November 2023, Mi-So von 10-16 Uhr


Museum Hartberg, 
Herrengasse 6, 8230 Hartberg 


www.museum.hartberg.at

Foto: Steyr-Puch 700 (Gendarmerieauto)

Holztragegestell eines Webers aus Pinggau, der seine Tuchwaren zu Fuß auf Märkten in NÖ feilbot. Das Dach diente auch als Regen- und Sonnenschutz für den Träger.
(19. Jahrhundert)

Gruppenbild bei der Eröffnung u.a. mit Kurator Andreas Lehner, Bürgermeister Marcus Martschitsch, Reinhold Glehr und Schülerinnen des Gymnasium Hartbergs

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