Bericht

Ungewöhnliche Schicksale unserer Auswanderer

Manchen unserer Auswanderer sind in der Ferne besondere Erlebnisse widerfahren. Ein Beitrag zu 100 Jahre Burgenland.

Austria – Australia

Österreich ist nicht überall in den Vereinigten Staaten von Amerika so bekannt, wie es sich vielleicht viele von uns vorstellen oder wünschen würden. So mancher USA-Tourist aus unserem Land hat womöglich schon selbst erlebt, wie beharrlich beispielsweise Austria mit Australia verwechselt wird.

Maria „Mitzi“ Posch, 1898 in Rumpersdorf geboren und 1913 in die USA ausgewandert, hat diese Verwechslung sogar „amtlich“ im Heiratsdokument (Marriage License) vermerkt. Anlässlich ihrer Trauung mit William Waroff in Los Angeles wird ihre Herkunft mit Australia (anstelle von Austria) angegeben.



Weihnachtsfeier mit dem Präsidenten

Donald Keglovits, Nachkomme von Einwanderern aus Güttenbach, war selbst erfolgreicher Künstler, aber er hatte eine in mancherlei Hinsicht noch bemerkenswertere Frau: Toni G. Keglovits, geb. Boerman. Sie war begeisterte Skifahrerin und als geprüfte Skilehrerin Mitglied des renommierten National Ski Patrol, daneben noch erfolgreiche Golferin. Sie besaß auch einen Privatpilotenschein und durfte sogar Wasserflugzeuge steuern.

Für unsere Geschichten am bemerkenswertesten waren allerdings ihre Erlebnisse, als sie in jungen Jahren in Washington D.C. für den damaligen Präsidenten Harry S. Truman und seine Frau Bess im Weißen Haus arbeitete. Im Jahr 1952 wurde ihr die Ehre zuteil, gemeinsam mit anderen Mitarbeiterinnen zum Lunch mit der Frau des Präsidenten geladen zu werden. Aber als Krönung ihrer beruflichen Laufbahn sah sie ihre Teilnahme an einem Weihnachtsempfang, zu dem der Präsident geladen hatte. Am Weihnachtsabend hatte sie Tee mit Präsident Truman höchstpersönlich, ein unvergessliches Erlebnis!

Auf dem Oregon Trail nach Westen

Unter den frühen Auswanderern aus unserem Land war die Familie Flamm aus Pilgersdorf, die nach wochenlanger Seereise im Herbst 1857 in New York eintraf. Die Familie siedelte sich in Minnesota an, etwa 50 km westlich der Hauptstadt St. Paul und 1000 km nordwestlich von Chicago. Dort lebten sie als Farmer, bis sich ein Teil der Familie entschloss, weiter zu ziehen.

Obwohl die Zeit der Ochsengespanne fast vorüber war – die Eisenhahn durchquerte schon den Kontinent – benutzte die Familie Flamm ein solches Gespann, um damit zunächst die Prärie geradewegs nach Süden in Richtung Missouri zu durchqueren. Von dort machten sie sich mit ihrem Ochsengespann auf den beschwerlichen und immer noch gefährlichen Weg nach Westen. Sie folgten dem berühmten Oregon Trail, einer Route, auf der vor ihnen schon Zehntausende Siedler aus dem Osten der USA und auch Einwanderer an die Westküste gezogen waren. Diese Planwagenkolonnen kennt jedes Kind aus verschiedenen Western. Der Oregon Trail führte durch die Grassteppe, durch Wüsten und über Berge über mehr als 3000 km. Die Reise forderte viele Opfer, vor allem durch Krankheiten und Unfälle.

Die Familie Flamm kam jedoch 1872 nach monatelanger Reise glücklich in Oregon an, wo sie anschließend als Farmer lebten und eine Sägemühle betrieben. Flamm ist auch heute noch ein häufiger Name in Oregon.


Ochsengespann (Covered wagon and ox team ©Ott Historical Photograph Collection)

Bürgermeister von Laurel, Montana

Langeck im Burgenland kann stolz sein auf einen seiner Söhne, den 1900 dort geborenen Johann Beslanovits. Als Kind wanderte er mit seinen Eltern und Geschwistern in die USA aus. Sie landeten im weit im Westen liegenden Städtchen Laurel im Bundesstaat Montana, wenige Kilometer entfernt von der Hauptstadt Billings im malerischen Tal des Yellowstone River. Johann fand Arbeit in Laurel als Briefträger. Bald wurde Johann Beslanovits Stadtrat und als Höhepunkt seiner Laufbahn bekleidete er von 1961 bis 1967 das Amt des Bürgermeisters von Laurel, wahrlich eine ungewöhnliche Rolle für einen Auswanderer aus unserem Land!

Geburtstagswünsche von höchster Stelle

Rosa Hajszan kam 1886 in Szentpeterfa (Prostrum), Ungarn, zur Welt. Sie emigrierte in die USA und heiratete 1908 ihren Landsmann Johann Kurtz. Sie überlebte ihren Mann um 40 Jahre. Als sie 1988 starb, war sie mit 102 Jahren und 6 Monaten die älteste Einwohnerin von Northampton im Bundesstaat Pennsylvania. Zu ihrem 102. Geburtstag erhielt sie Glückwunschschreiben von Papst Johannes Paul II., von Präsident Ronald Reagan und vom Bürgermeister der Stadt Northampton. Das ist doch bemerkenswert für eine einfache Frau aus unserem Land!

Kizer gegen Kaiser

Ein für uns Mitteleuropäer kurioses Element enthält das Einbürgerungsansuchen von Joseph Janisch im Jahr 1871 (auch von anderen zu dieser Zeit), wo sein bisheriges Staatsoberhaupt genannt wird: „Francis Joseph present Kizer and King of Austria“.

Anstelle von Franz Francis zu sagen, ist noch verständlich, aber dass unser damaliger „Kaiser“ zu „Kizer“ degradiert wird, ist ein wenig verwunderlich. Natürlich könnte es der sprachlichen Anpassung geschuldet sein, weil die Aussprache von Kizer durchaus unserem Kaiser entspräche, aber kurios ist dieser Eintrag schon – nicht wahr? Kaiser Ferdinand I., der Onkel und Vorgänger von Kaiser Franz Joseph I., hätte vermutlich auch hier – wie bei der Revolution von 1848 – gesagt: „“Ja dürfen s‘ denn des?“



Tänzer als Beruf

Frieda und Nikolaus Deutsch waren Kinder von Einwanderern aus Reinersdorf (Vater) bzw. Neuhaus in der Wart (Mutter). Beide wurden in Nazareth, Pennsylvania, geboren und übten einen ungewöhn­lichen Beruf aus: Sie waren professionelle Polkatänzer. Bei der großen Anzahl von Oktoberfesten im ganzen Land, die auch heute noch mit großer Begeisterung gefeiert werden, sicher eine anstrengende, aber auch schöne Beschäftigung vor einem dankbaren Publikum.

 

www.rehling.weebly.com


Polka Dancers at National Polka Festival in Ennis, TX
©Arlene Honza

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