Windeln wechseln oder Karriere machen?

Immer mehr Eltern entscheiden sich zu einer Aufteilung der Care-Arbeit bei ihren Kindern. Das Wort „Väter-Karenz“ ist mittlerweile ein gängiger Begriff dafür, wenn Paare sich dazu entscheiden, dass der Vater zumindest für zwei Monate mit dem Kind zuhause bleibt. Im prima! Interview erzählt Verena Florian aus ihrem Buch „Mut zum Rollentausch“ und warum dieses Konzept nicht so aufgeht, wie man es vermuten würde.

Chiara PIELER / 01. Februar 2024

Zwischen Beruf und Familie

„Willst du Windeln wechseln oder Karriere machen?“ Diese provokante Frage musste sich einer der Väter, den Verena Florian für ihr Buch „Mut zum Rollentausch“ interviewte, anhören. Dabei wollte er lediglich einen Antrag stellen, um die Care-Arbeit für wenige Monate zu übernehmen, damit seine Frau wieder in das Berufsleben einsteigen kann. Florians Buch ist reich an persönlichen Erzählungen von Vätern, die sich trotz der gesellschaftlichen Erwartungen für eine aktive Rolle in der Kinderbetreuung entschieden haben. Sie illustriert, wie diese Entscheidung nicht nur das Familienleben, sondern auch die berufliche Laufbahn dieser Männer beeinflusst „Viele der Väter erzählten mir, dass der Wunsch nach Väterkarenz zu ungläubigen Reaktionen am Arbeitsplatz führte“, so Florian.

Die Bedingungen der Väterkarenz

Um in Österreich Väterkarenz in Anspruch zu nehmen, müssen Väter verschiedene Bedingungen erfüllen, wie beispielsweise im gemeinsamen Haushalt mit dem Kind zu leben und eine schriftliche Vereinbarung mit dem Dienstgeber zu haben. „An letzterem scheitert es leider schon häufig“, so Verena Florian. Es besteht kein Anspruch auf Gehalt vom Arbeitgeber während der Karenz, jedoch gibt es einen Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld. Der Kündigungsschutz während der Väterkarenz beginnt erst vier Monate vor der Karenz und endet vier Wochen nach deren Ende: „Wirklich geschützt vor einer Kündigung ist somit leider niemand.“ Finanziell gesehen bedeutet die Väterkarenz oft eine Herausforderung. Während der Karenz fällt das reguläre Gehalt weg und es gibt stattdessen Kinderbetreuungsgeld, das jedoch niedriger als das übliche Einkommen sein kann. Dies kann besonders bei Familien, in denen der Vater der Hauptverdiener ist, zu finanziellen Engpässen führen. Neben den gesellschaftlichen Bedingungen können diese finanziellen auch ein Hindernis für Väter darstellen, die eine Väterkarenz in Erwägung ziehen. Florian meint dazu aber: „Wenn man es wirklich machen möchte, um eine gerechtere Aufteilung der Care-Arbeit zu erreichen, ist es möglich.“

Traditionelle Rollenbilder, neu überdacht

Tatsächlich möchte die Regierung den Anteil der Männer, die in Karenz gehen, erhöhen. „Die Väterkarenz ist aber nicht nur eine Frage der persönlichen Wahl, sondern auch ein Spiegelbild gesellschaftlicher und beruflicher Strukturen“, erzählt Florian. Die Erfahrungen und Herausforderungen der Väter, die sie interviewt hat, unterstreichen die Dringlichkeit eines Wandels in der Wahrnehmung und Unterstützung der Väterkarenz. Es sei eine politische Hürde, so die Expertin: „Wir brauchen eine strukturelle Veränderung, die Väterkarenz nicht nur ermöglicht, sondern auch fördert.“ Die gesellschaftliche Akzeptanz der Väterkarenz variiert. Einige Väter erleben Anerkennung und Bewunderung, während in anderen Kontexten Vorurteile herrschen. Die Akzeptanz für Väter, die in Karenz gehen, scheint in vielen Unternehmen noch gering zu sein, viele sehen nachteilige Auswirkungen auf die Karrierechancen. Bereut habe es aber keiner der befragten Väter, so Florian: „Wirklich alle Väter meinten, es keine Sekunde bereut zu haben, bei ihren Kindern zuhause geblieben zu sein.“

„Obwohl sich auch alle sicher waren, es sei der schwerste Job der Welt“, fügt sie lachend hinzu.

Verena Florian Autorin hat kurzes graues Haar und lächelt in diesem Foto.
© Gerhard Peyrer
Verena Florian

ist Autorin des Buches „Mut zum Rollentausch. 50 beruflich erfolgreiche Frauen und Männer in Väterkarenz erzählen“. Sie selbst hat sich mit ihrem Mann die Betreuung der beiden Kinder
aufgeteilt, beide haben nach der Karenzzeit jeweils 30 Stunden gearbeitet. Mit ihrer Firma „Mutfaktor“ begleitet sie Frauen in ihrer persönlichen und beruflichen Entfaltung.

Online-Plattform zur Väterbeteiligung

Bericht >> hier

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