Bericht

Babyblues

Wohl kaum ein Erlebnis ist so intensiv wie jenes der Geburt. Schmerz und Glück liegen so nahe beieinander, dass sich Frauen in einem absoluten Gefühlschaos befinden. Der sogenannte Babyblues betrifft 80 Prozent der Frauen. Doch was passiert, wenn sich die Gemütslage nicht verändert und die frischgebackene Mama die Situation über Wochen einfach nur zum Heulen findet?

Foto ©shutterstock.com_ Andrew Rybalko

Reines Mutterglück, ein permanentes Stimmungshoch und ein Dauergrinsen, sobald man sein Kind erblickt – so ist das Muttersein im Bilderbuch. Die Realität sieht anders aus. 

„Die Geburt ist ein lebenseinschneidendes Ereignis. Meist bricht am dritten Tag alles zusammen. Das Geburtserlebnis muss verarbeitet werden, das Stillen funktioniert vielleicht nicht wie es soll, Schlafmangel und eine hormonelle Umstellung wirken sich auf die Stimmung aus. Die Nerven liegen blank. Kurz gesagt: Die frischgebackene Mutter hat den Babyblues“, erklärt Beate Kayer, Studiengangsleiterin für Hebammen an der Fachhochschule Burgenland in Pinkafeld. Nach ein paar Tagen sollte dieser aber wieder vorbei sein. Dauert die depressive Stimmung länger als zwei Wochen an, redet man von einer postpartalen Depression. 15 bis 20 Prozent der Frauen leiden daran. Ihr Nervenkostüm ist über Wochen extrem dünn, sie sind über die Maßen emotional und auch Partner und Familie leiden unter der angespannten Stimmung. 

„Das Risiko, daran zu erkranken, ist höher, wenn es während der Geburt Komplikationen gab, wenn es eine Risikoschwangerschaft war oder auch, wenn in der Familie bereits Depressionen aufgetreten sind“, erklärt Kayer. Bei einer postpartalen Depression ist unbedingt ein Facharzt hinzuzuziehen. 

Was tun, wenn die Nerven blank liegen?

Ein Babyblues ist nichts Beunruhigendes und soll die frischgebackene Mutter auch nicht verwirren. „Einfach nicht zu viel zumuten“, rät Beate Kayer. Weder psychisch noch körperlich. Hilfe annehmen, ist wichtig. Auch Besuche muss man gut einteilen. „Verwandte und Freunde sind natürlich sehr neugierig auf den Familienzuwachs. Oft geben sich aber die Besucher*innen die Türklinke in die Hand. Deshalb ist es wichtig zu sagen, wenn es zu viel ist“, appelliert Kayer.

Die Hebammennachbetreuung ist eine 
wichtige Unterstützung.

 

Werdende Mütter sollten sich rechtzeitig um eine Hebammennachbetreuung kümmern. Diese wird für acht Wochen von der Krankenkasse finanziert. Wer sich für eine Wahlhebamme entscheidet, bekommt 80 Prozent refundiert. Neben der Untersuchung des Kindes und der Hilfestellung für Mütter im Alltag wird auch auf die seelische Gesundheit der Mutter geachtet. Kommt es nämlich zu einer postpartalen Depression, ist professionelle Hilfe unerlässlich. „Jede fünfte Frau leidet daran. Zuwarten verschlimmert die Situation. Eine postpartale Depression geht nicht einfach wieder vorbei“, erklärt Kayer. Es ist eine ernsthafte Erkrankung, die behandelt werden muss und mit einem Babyblues nichts mehr zu tun hat.


Beate Kayer leitet den Bachelorstudiengang Hebammen an der FH Burgenland

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