Interview

Achte auf deine Stärken und komm in deinen Flow!

Auf fünf Bereiche sollen wir in unserem Leben achten, damit wir ein erfülltes Leben führen.
Dr. Erwin Gollner, Leiter des Gesundheitsdepartments der FH Burgenland, beschäftigt sich seit Jahren mit der Positiven Psychologie und dem PERMA Modell. In der aktuellen Ausgabe thematisiert er die dritte Säule: das Engagement. Nicht unsere Schwächen zählen. Auf unsere Stärken kommt es an!

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Wenn die persönlichen Fähigkeiten mit den gestellten Anforderungen zusammenpassen, ist die Basis für den Flow-Zustand geschaffen. Das macht glücklich.

 

Worum geht es beim Engagement?

Dr. Erwin Gollner: Es geht darum, wie ich mich einbringen kann in Beziehungen, in der Familie, im Beruf, bei Freunden etc. Es geht um eine Energetisierung – darum, mit Leib und Seele eine Sache zu machen. 

 

Das heißt, wenn ich mich in eine Sache einbringen kann, wenn ich für etwas brenne, dann macht mich das glücklich?

Ja. Das sehen Sie ja auch bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Es geht darum, mit welcher Leidenschaft man seine Aufgabe ausführt. Ob man eine Begeisterung
dafür hat oder man einfach nur anwesend ist. Der Ausdruck „jemand ist im Flow“ kommt ja auch daher.

 

Wann merke ich, dass ich im Flow bin?

Ganz einfach – wenn Sie alles um sich herum vergessen und in der Arbeit aufgehen. Wichtig sind die Rahmenbedingungen, damit das möglich ist.  

 

Was sind solche Rahmenbedingungen?

Beim Flow-Modell geht es um die Anpassung zwischen den Fähigkeiten des Menschen und den Anforderungen an ihn. Sind die Fähigkeiten gering, aber die Anforderungen hoch, kommt es zu einer Überforderung, zu Frustration und Angst. Wenn dieser Zustand andauert, kommt es zum Burnout. Es gibt aber natürlich auch das Gegenteil: Wenn die Fähigkeiten hoch sind, aber die Anforderungen gering, dann ist man unterfordert. Es kommt zu Routine und Langeweile. Das wird als Boreout bezeichnet. 

 

Der Idealzustand ist natürlich, wenn beides zusammenpasst. 

Richtig. Wenn die Fähigkeiten und die Anforderungen passen, kann es zum Flow-Zustand kommen. Es ist die Aufgabe einer Führungskraft, die Fähigkeiten des Mitarbeiters zu erkennen und die Anforderungen dementsprechend anzupassen. 

 

Also Stärken des Einzelnen gezielt einzusetzen.

Ja, denn wenn ich gemäß meiner Stärken eingesetzt werde, kommt es weder zur Über- noch zur Unterforderung. Ich habe dann einen Rahmen, wo ich gut in den Flow kommen kann. Und das macht zufrieden. Nicht das Ergebnis ist in so einem Zustand das Ziel, sondern der Prozess. Das hat viel mit Vertrauen in den Mitarbeiter zu tun.

 

Wird jemand, der im Flow ist, in ein Burnout kommen?

Nein, obwohl solche Menschen in diesem Zustand viel arbeiten. Aber sie sind energetisiert. Man kann auch nicht dauerhaft in einem solchen Zustand sein. Aber wenn der Rahmen passt, dann wird man ihn immer wieder erleben.

 

Wie kann ich Engagement trainieren?

Ich muss Bereiche suchen, wo ich mich einbringen kann. In der Arbeit, Familie, Partnerschaft, durch ein Hobby. Wenn ich den Flow nicht in der Arbeit erlebe, kann ich ihn in der Freizeit erleben. 

 

Also jeder braucht einen Flow?

Ja. Engagement ist nun einmal eine Säule zu psychischem Wohlbefinden. Es ist der Weg zu einem zufriedenen Leben.

 

Nun klagen Unternehmerinnen und Unternehmer oft, dass sie keine begeisterungsfähigen Mitarbeiter finden. Wie sehen Sie das?

Man muss und kann den Mitarbeiter  in diese Richtung hinführen.

Ich habe das unlängst auch im Zuge eines Seminars mit Führungskräften  bemerkt, dass viele über die jungen Kollegen gejammert haben. Aber jede Zeit hat ihre Generation. Der Wertewandel zwischen der älteren und der jüngeren Generation ist spürbar. Jungen Menschen wird der Vorwurf gemacht, dass sie weniger arbeiten wollen und nur auf Work-Life-Balance achten. Dabei haben sie viele Ressourcen und Kompetenzen. Man muss sie nur richtig abholen.

 

Wie kann man das?

Einfach schauen, wo die Stärken sind. Was sie gut können. Die Defizite, die ich feststelle bzw. ihnen ankreide, beziehen sich ja nur auf meine Werte. Die Person hat aber andere Werte und auch andere Potenziale. 

 

Was wäre Ihr Rat, damit Menschen ihr Engagement finden. 

Wir leben leider nicht in einer Stärken- sondern in einer Fehlerkultur und wachsen mit dem Rotstift auf, der uns unsere Schwächen aufzeigt. Da hinkt unser Bildungssystem nach. Ich würde jedem Menschen empfehlen, die eigenen Begabungen herauszufinden, denn dann wird die Selbstwirksamkeit aktiv.

Das empfehle ich auch jeder Führungskraft. Auf www.charakterstärken.org gibt es einen sehr guten Test von der Uni Zürich, um die persönlichen Stärken herauszufinden. 

Diese Fehlerkultur wird später in der Arbeitswelt leider fortgeführt. Bei Mitarbeitergesprächen beispielsweise. Auch hier sollte man unbedingt die Fähigkeiten hervorheben und schauen, wo diese am besten eingesetzt werden können. Bei Führungskräften, die stärkenorientiert arbeiten und kommunizieren, hat sich die Produktivität und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter um 36 Prozent erhöht. Hingegen bei Mitarbeitern, die schwächenorientiert geführt werden, hat sich die Leistungsfähigkeit um fast 28 Prozent reduziert. Aber immer noch kommunizieren und handeln rund 70 Prozent der Führungskräfte schwächenorientiert. Schade, wenn man bedenkt, welches Potenzial hier verloren geht. 

 

Teil 4 lesen Sie  in der Juni Ausgabe 2023


Das PERMA-Modell: 5 Säulen für ein erfülltes Leben

Das PERMA-Modell ist ein Konzept, das von Martin Seligman entwickelt wurde und steht für die folgenden fünf Bereiche:

Positive Emotions (positive Emotionen) – die Fähigkeit, positive Gefühle zu empfinden bzw. beim Gegenüber auszulösen.

Engagement (sich einbringen können) – die Fähigkeit, sich in Aktivitäten zu engagieren, die für einen selbst bedeutsam und erfüllend sind.

Relationships (förderliche Beziehungen) –  qualitative Beziehungen zu Menschen aufzubauen.

Meaning (Sinnhaftigkeit) – ist das Gefühl, einen Zweck oder eine 

Bedeutung im Leben zu entwickeln. 

Accomplishment (Zielerreichung) – Ziele setzen und diese verfolgen

 

Das Modell betont, dass ein gutes Leben aus einer Balance dieser fünf Bereiche besteht und dass die Entwicklung und Stärkung jeder dieser Bereiche dazu beitragen kann, das Wohlbefinden zu verbessern.


„Wer die Stärken hervorstreicht, fördert die Leistungsfähigkeit“


Prof.(FH) Mag.Dr. Erwin Gollner, MPH MBA
Leiter des Departments Gesundheit an der
FH Burgenland erläutert das PERMA-Modell.
Dabei handelt es sich um einen Denkansatz aus der
Positiven Psychologie für eine gesunde Lebensführung.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar von Mag. Michaela Resetarics, Msc über die Anwendung des PERMA-Modells in Schulen

>> PERMA@school: Engagement


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