Interview

Nachgefragt: Energiepreise – kennen Sie sich noch aus?

Hat sich die Lage am Energiesektor wieder stabilisiert? Wie weiß man, dass man einen guten Energiepreis hat? Und vor allem: Hat man alle Förderungen beansprucht? Wir haben wieder bei Dr. Wilfried Drexler nachgefragt.

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Dr. Wilfried Drexler ist Unternehmensberater, Obmann der Fachgruppe Unternehmensberatung, Buchhaltung und Informationstechnologie Burgenland und führt von Seiten der WK Burgenland auch Energieberatungen für Unternehmen durch. 

 

Haben sich die Energiepreise generell stabilisiert und dürfen wir endlich aufatmen?

Dr. Wilfried Drexler: Kurz gesagt: Ja, die Energiepreise haben sich stabilisiert, werden aber 2023 voraussichtlich leider auf hohem Niveau bleiben. Es gibt auch wieder günstigere Tarife, sie sind besser als 2022, ein Preis-Vergleich in den Internetportalen lohnt sich. Ein Aufatmen in dem Sinn, dass die Energiepreise wieder leistbarer werden, sehe ich mittelfristig nicht. Vielmehr ist jeder Verbraucher gefordert, seinen Energieverbrauch so gut wie möglich zu reduzieren, indem die vielfältigsten Maßnahmen der Einsparung umgesetzt werden oder etwa im Strombereich durch Anschaffung einer Photovoltaikanlage die Abhängigkeit vom EVU verringert wird. Optimal wäre hierbei noch die Ergänzung mit einer kleinen Speicheranlage von etwa 10 kW, dann ist man zumindest in den Monaten von Mai bis Oktober nahezu „stromautark“.

Generell kann jedenfalls ganz sicher eine Feststellung getroffen werden: „Jede Kilowattstunde, die nicht verbraucht wird, tut dem Budget und der Umwelt gut.“ In diesem Zusammenhang möchte ich auf die geförderte Energieberatung der Wirtschaftskammer Burgenland für Betriebe hinweisen (Anmeldung bis 30.6.2023 möglich), bei der ein unabhängiger Berater vor Ort das Potenzial von Energie- und/oder Ressourceneffizienz analysiert und lösungsorientierte Einsparungsvorschläge erarbeitet.

 

Stromkostenbremse, Wärmepreisdeckel, Energiekostenzuschuss etc.– haben Sie den Eindruck, dass die Menschen bei all den Förderungen durchblicken oder bleibt da viel Geld liegen?

Natürlich ist das jetzt nicht einfacher geworden, ganz im Gegenteil. Aber man muss differenziert an die Sache herangehen. Zum einen muss zwischen privatem Haushalt und gewerblichem Verbraucher unterschieden werden und  zum anderen nach den Bereichen Elektrizität und Wärme. 

Im privaten Segment im Strombereich werden alle Förderungen automatisch über das EVU abgewickelt, d.h. niemand muss Angst haben, dass die Stromkostenbremse bei seiner Abrechnung untergeht. Dies gilt auch für den Energiekostengutschein in Höhe von 150 Euro. Da bleibt kein Geld liegen. Der Wärmepreisdeckel im Burgenland muss aktiv beantragt werden, das geht noch bis zum Jahresende 2023.

Die Unternehmen hingegen müssen selbst aktiv werden und die entsprechenden Anträge stellen. Der Energiekostenzuschuss stellt beispielsweise eine Hilfe für größere „energieintensive“ Betriebe dar, wie etwa produzierende Betriebe oder Transport- bzw. Bauunternehmen. Ab April gibt es jetzt aber NEU die Energiekostenpauschale, das ist eine Pauschalförderung in Höhe zwischen 110 Euro und 2.475 Euro und wird abhängig von der Branche und dem Jahresumsatz berechnet. Diese Energiekostenpauschale kann rückwirkend für das Jahr 2022 beantragt werden. Gefördert werden in diesem Zusammenhang Klein- und Kleinstunternehmen mit einem Mindestjahresumsatz von 10.000 Euro und einem Höchstjahresumsatz von 400.000 Euro.

 

Wie hoch waren und sind die Energiekostensteigerungen in den Haushalten und Unternehmen tatsächlich? Manche berichten vom Dreifachen, bei anderen sind die Energiekosten gleich geblieben. Wie gibt es das?

Auch hier muss wieder das Detail gesehen werden. Viele Verbraucher hatten Tarifmodelle mit einem Fixpreis, andere wieder hatten einen indexgebundenen, also volatilen Tarif. Bei letzteren wurden bzw. werden die Preisschwankungen auf den Energiemärkten unmittelbar an die Kunden weitergegeben. In der Regel wird der Energiepreis monatlich auf Basis des aktuellen Index verändert, sprich gesenkt oder erhöht.

 Nachdem jetzt nach und nach die Jahresabrechnungen für die letzte Verbrauchsperiode (z.B.: April 2022 bis März 2023) bei den Strom- und Gaskunden eintreffen, wird die Kostensteigerung richtig transparent. Beim Fixpreistarif profitierten die Verbraucher noch von den „alten“ billigen Tarifen und wurden erst nach Vertragsablauf an die aktuellen Marktpreise angeglichen. Bei den sogenannten (flexiblen) Float- oder Flex-Tarifen wird die Kilowattstunde monatlich abgerechnet und es ergibt sich ein Durchschnittspreis auf der Gesamtrechnung. Dieser ist in den meisten Fällen wesentlich höher als früher, wird aber durch die Durchschnittswertberechnung abgefedert. Manche Verbraucher hatten vertragliche Bindungen mit einem „guten“, also billigeren Tarif bis zum Jahresende 2022, sodass sich die Kostensteigerung per März oder April 2023 nicht so stark niedergeschlagen hat. Zudem greift im Privatkundensegment die Strompreisbremse.

 

Wie kann man sicher sein, dass man einen guten Energiepreis hat? Die Burgenland Energie hat beispielsweise einen Neu-Tarif von 23 Cent netto pro kWh Strom angeboten. Ein Unternehmer aus dem Bezirk Oberwart berichtet davon, dass er bei einem anderen Anbieter 15 Cent bekommt. Wie soll man solche Angebote einordnen?

Auch das ist in heutigen Zeiten eine schwierige Frage und kann nicht einfach beantwortet werden. Das Tarifmodell der Energie Burgenland sieht vor, dass die Burgenländerinnen und Burgenländer ab 1. April 2023 bis 31. März 2024 für Strom 23 Cent pro Kilowattstunde netto, für Gas 9,99 Cent pro Kilowattstunde netto zahlen. Der neue Tarif gilt für Private, Unternehmen und Gemeinden bis 100.000 Kilowattstunden Jahresverbrauch und der Kunde ist an diesen Tarif ein ganzes Jahr gebunden. Bei „normalen“ Marktverhältnissen sinkt erfahrungsgemäß der Strompreis in den Sommermonaten, d.h. es werden bereits Tarife unter 15 Cent netto pro kWh in den Strom-Portalen angeboten. Aktuell bietet die Energie Steiermark das Tarifmodell „SteirerStrom Flex“ an, wo ein Preis von 13,57 Cent / kWh netto verrechnet wird. Sohin zahlen jene 60.000 Burgenländerinnen und Burgenländer, die den Vertrag aktuell unterzeichnet haben, mehr. Allerdings ziehen die Preise im Herbst wieder an und werden voraussichtlich wieder in Höhen von bis zu 35 Cent netto steigen, dann ist der „Burgenlandtarif“ wieder besser.

 

Was wäre Ihr Tipp?

Lohnenswert ist die Prüfung des Beitritts zu einer lokalen oder regionalen Energiegenossenschaft. Darunter versteht man den Zusammenschluss von mindestens zwei Teilnehmern zur gemeinsamen Produktion und Speicherung sowie zum Verbrauch und Verkauf von Energie. Der wirtschaftliche Vorteil besteht darin, dass die Mitglieder die selbst erzeugte Energie innerhalb der Gemeinschaft verkaufen oder beziehen. Der Preis wird innerhalb der Energiegemeinschaft festgelegt und ist mittelfristig stabil. Im Rahmen der Raiffeisen Burgenland Nachhaltigkeitsinitiative (www.rni-bgld.at) entstanden im Burgenland flächendeckend 18 solcher Energiegenossenschaften, welche schon mehr als 1.000 Mitglieder haben. Dieses Modell wird ab jetzt auch in der Steiermark umgesetzt. 


Förderungen – ein Überblick

BURGENLAND (von Bund und Land)

>> für Private:

Die „Strompreisbremse“ subventioniert Haushalte zu einem gewissen Teil und gilt ab 1. Dezember 2022 bis 30. Juni 2024. Der Strompreis wird durch einen Stromkostenzuschuss für einen Stromgrundverbrauch von 2.900 kWh mit zehn Cent pro kWh netto verrechnet und automatisch bei der Jahresabrechnung vom EVU abgezogen. Der darüberhinausgehende Verbrauch wird wieder marktüblich abgerechnet – abhängig davon, welchen Energietarif der Verbraucher hat. Der Zuschuss beträgt maximal 30 Cent pro kWh. Für größere Haushalte mit mehr als drei Personen gibt es eine zusätzliche Unterstützung.

Der „Wärmepreisdeckel“ ist eine Förderung des Landes Burgenland für Privathaushalte. Bei der Berechnung der Förderhöhe werden die Netto-Haushaltseinkommen und die Wärmekosten (Heizkosten) des Haushalts berücksichtigt. Diese Förderung muss aktiv beantragt werden.

>> für Unternehmen:

Der „Energiekostenzuschuss“ stellt beispielsweise eine Hilfe für größere „energieintensive“ Betriebe dar und muss selbst beantragt werden.

Mit der „Energiekostenpauschale“ hilft die Bundesregierung Kleinst- und Kleinunternehmen dabei, die hohen Energiekosten zu bewältigen. Sie ist eine Pauschalförderung in Höhe zwischen 110 Euro und 2.475 Euro und wird abhängig von der Branche und dem Jahresumsatz berechnet. Die Energiekostenpauschale kann rückwirkend für das Jahr 2022 beantragt werden.

Gefördert werden Klein- und Kleinstunternehmen mit einem 

Mindestjahresumsatz von 10.000 Euro und einem Höchstjahresumsatz von 400.000 Euro.


STEIERMARK (von Bund und Land)

>> für Private:

Die „Strompreisbremse“ gilt gleich wie im Burgenland, einen 

„Burgenlandtarif“ und einen „Wärmepreisdeckel“ gibt es nicht.

>> für Unternehmen:

Die Situation ist gleich wie im Burgenland, jedoch gibt es die 

Enegieberatung nicht.


Dr. Wilfried Drexler MBA ist Unternehmensberater und unabhängiger Energieberater für die WK Burgenland.

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