Kommentar

Kater Simba – der blinde Lehrmeister

Alice Siebenbrunner ist nicht nur Obfrau des Tierschutzvereins „Wir fürs Tier“.
Sie ist auch Mama von drei Kindern. Wie bereichernd behinderte Tiere für die Familie und vor allem
für Kinder sein können, erzählt sie in der „etwas anderen“ Muttertagsgeschichte:

Als eine Katze, Geduld, Respekt und Stolz in unseren Haushalt zogen.

(c) Alice Siebenbrunner

Der Mensch kann unglaublich viel von Tieren lernen. Vor allem von jenen, die eine Behinderung haben. Es sind ganz besondere Lebewesen. So wie der blinde Simba.

 

Meine Kinder sind es gewohnt, neue Katzen im Haus willkommen zu heißen. Immerhin durften wir auf unserem kleinen privaten Gnadenhof bereits sehr viele Katzen begleiten. Wir besprechen immer ganz genau, welche Bedürfnisse die jeweilige Katze hat – wie auch beim Menschen ist ja jedes Tier anders und hat neben seinen Grundbedürfnissen auch andere Besonderheiten, auf die man im Zusammenleben Rücksicht nehmen muss. Bei der Entscheidung, Simba in unser Privat-Haus zu holen, war ich selber lange am Überlegen, ob es richtig für uns sowie auch für ihn war. 

Simba kam als Streuner in unser Katzenhaus. Nur zwei von fünf Katzen seines Wurfes hatten überlebt. Er selbst war völlig abgemagert und hatte schlimmen Katzenschnupfen. Sein Bruder ebenso. Der Zustand der beiden war so kritisch, dass sie bereits die Futteraufnahme verweigerten. Deshalb entschieden wir uns, die zwei aufzunehmen. Trotz Infusionen, Medikamenten und allem Einsatz verstarb sein Bruder noch am Aufnahmetag. Simba kämpfte. Über zwei Wochen hinweg wurde der scheue, um sich fauchende und kratzende Kater zwangsgefüttert und es ging schließlich wirklich bergauf. Sein Augenlicht konnten wir ihm nicht wiedergeben, aber sein Zustand stabilisierte sich. 

Trotzdem hatte seine Krankheit auch psychisch ihre Spuren hinterlassen. Er war völlig verängstigt und hockte die ganze Zeit in der hintersten Ecke des Zimmers. Ein Auslassen des scheuen Katers kam nicht mehr in Frage, da er fast blind war. Im Katzenhaus machte er wochenlang keine Fortschritte, was seine Beziehung zu Menschen betraf. 

Simba wird Familienmitglied

Vor diesem Hintergrund zog Simba also bei uns zu Hause ein. In ein Haus mit damals zwei Kindern, zwei Hunden und sechs anderen Katzen. Ich wusste, er bräuchte am Anfang vor allem so viel Ruhe und Zeit wie möglich. Und das bekam er. Er hatte seinen eigenen Rückzugsbereich mit Klappe, den nur er betreten konnte. 

Nach zwei Monaten verließ er diesen das erste Mal. Und wenig später bekamen meine Kinder ihn das erste Mal zu sehen. Die Freude war groß. Sie wussten, dass er ein ganz besonderer Kater war, dessen Vertrauen man sich erarbeiten muss. Es war ihnen klar, dass ihm nachzulaufen, zu versuchen ihn zu streicheln oder mit ihm zu spielen, für ihn nicht in Ordnung sind. Sie lernten seine Grenzen zu respektieren. Wir machten ein Spiel daraus. Jedes Mal, wenn Simba den Raum betrat, erstarrten wir alle zu einer Statue. Das machten wir monatelang. Natürlich funktionierte es nicht immer. Kinder sind Kinder. Manchmal laut, manchmal schlecht gelaunt und trotzig, manchmal mit ihren Gedanken ganz woanders. Aber Simba wusste, dass er dem entfliehen konnte. Wenn er Zeit bei uns verbrachte, war das freiwillig. 

Und irgendwann – wendete sich das Blatt. Er verließ das Zimmer nicht mehr, wenn es lauter wurde, sondern beobachtete das ganze Geschehen von einem hohen Kratzbaum aus. Er begann sogar in unserer Gegenwart zu schnurren. 

Eines Tages war es dann so weit. Mein Sohn spielte gerade Statue und saß regungslos auf der Couch, als Simba hereinkam. Gerade für ihn, der kaum eine ruhige Minute findet, ist so eine Übung sehr herausfordernd. Der Kater sprang neben ihn auf die Couch, streifte seinen Rücken entlang und begann zu schnurren. Es war Simbas erste freiwillige Begegnung mit einem Menschen. 

Mein Sohn war unglaublich stolz auf sich. Wenig später erlaubte Simba meinen Kindern ihn zu streicheln –noch bevor ich selbst das durfte.

Bis heute entscheidet Simba selbst, wann er gestreichelt werden möchte und bis heute ist es etwas ganz Besonderes für uns. Ebenso die Beziehung zwischen ihm und meinen Kindern. 



Alice Siebenbrunner …

… sie ist Obfrau und Gründerin des Tierschutzvereines  „Wir fürs Tier Oberwart“ mit Sitz in Loipersdorf. Vor rund fünf Jahren haben die Mitglieder aus der Not heraus allein durch Spendengelder und eigener Arbeitskraft ein Katzenhaus errichtet, weil es im Südburgenland keine Anlaufstelle für herrenlose Tiere gibt. 

Alice Siebenbrunner ist aber auch Mama von drei Kindern – Mia, Max und Marie. Im Katzenhaus leben derzeit 21 Katzen, die hier medizinisch versorgt, gefüttert, betreut und vermittelt werden.

Das ist aber nur ein Teil der Geschichte. Eine ganz besondere passiert im Privathaus der Familie Siebenbrunner. Denn hier leben Alice, ihr Mann Benjamin und die drei Kinder mit besonderen Tieren zusammen. Es sind jene Tiere, die nicht vermittelt werden können. Sie haben zum Teil so Schlimmes durch Menschen erlebt, dass sie lange brauchen, um wieder Vertrauen zu fassen. Sie haben zum Teil Behinderungen, brauchen besondere medizinische Versorgung oder sind schon sehr alt. In jedem Fall sind sie wertvolle Familienmitglieder im Hause Siebenbrunner. Wie besonders behinderte Tiere für Kinder und die gesamte Familie sind, erzählt Alice in einer „etwas anderen“ Muttertagsgeschichte. 



Merlin – unser prima! Mai Titelfoto-Kater

Merlin lebt ebenfalls seit etwa drei Jahren bei Alice und ihrer Familie im Privathaus. Auch er hat eine besonders tragische Geschichte: Als sein Herrchen verstarb, wurde er von dessen Nachkommen einfach auf die Straße gesetzt. Etwa drei Jahre vegetierte er dort vor sich hin. Wie die meisten Streunerkatzen wurde auch er krank. Er bekam Katzenschnupfen und schließlich Ohrenkrebs, der sich auch auf die Atemwege ausbreitete. Erst als er knapp vorm Sterben war, bekam „Wir fürs Tier“ einen Anruf von den Nachbarn, dass sie ihn holen können. Als die Tierschützer den Kater einfingen, war er völlig abgemagert und miaute vor Schmerzen. Er bekam den Namen Merlin und wochenlang kämpfte der Kater um sein Leben. Aber Alice gab ihn nicht auf. Auch ihn nahm sie mit zu ihrer Familie in ihr Privathaus. Und tatsächlich überlebte Merlin. Seine Ohren mussten zwar entfernt werden und er braucht weiterhin medizinische Versorgung. Aber er ist ein richtiger Schmusekater, der viel Freude am Leben hat und viel Freude in das Leben seiner Familie bringt. 


Der Verein „Wir fürs Tier“ lädt zum Brunch im Garten des  Katzenhauses.

Der Verein „Wir fürs Tier“ veranstaltet am 6.5. 2023 im Garten des Katzenhauses in Loipersdorf einen Brunch. Alle Einnahmen kommen den Tierschutztieren zugute. Selbstverständlich können die Besucher dabei auch das Haus, die Arbeit der Ehrenamtlichen und die Tiere kennenlernen. „Die Tierarztkosten sind heuer enorm hoch und die Energie- und Erhaltungskosten bringen den Verein an seine Grenzen. Wir hoffen deshalb auf zahlreiche Besucher“, freut sich Alice Siebenbrunner. 

 

Tierschutzbrunch am 6.5.2023, von 11:00 bis 14:00 Uhr im Katzenhaus

Föhrenstraße 48, 7410 Loipersdorf


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