Kommentar

Klimaschonend Bauen und Sanieren – Teil 1

Die Vorhut der Klimakrise ist schon da, die Krise selbst im Kommen. Sie wird allen seriösen Prognosen zufolge nicht nur bleiben, sondern sich intensivieren. Sowohl was die Temperaturen als auch die Zunahme der Unwetterereignisse betrifft. Ein großer Verursacher ist der Bau- und Gebäudesektor. Wie kann man klimaschonender Bauen und Sanieren? Denkanstöße hier im Baumfreunde-Gastkommentar.

© Baumfreunde Oberwart

Bäume sind Nahrungsgrundlage, Lebensraum und Energiequelle.

 

Die Klimaerwärmung hat eine ganze Reihe von Ursachen, welche auch in unterschiedlichen Quantitäten auf das weltweite Klimageschehen einwirken. Der Straßenverkehr mit ca. 18 Prozent, der Flugverkehr mit ca. 3 Prozent, die Schifffahrt mit ca. 2,6 Prozent etc.

Ein „Schattendasein“ in dieser Statistik führt der weitaus größte CO2-Emittent mit knapp 40 Prozent – der Bau- und Gebäudesektor. Ein Blick auf die Teilbereiche dieses Sektors zeigt deren Umfang. Selbst wenn man die großflächigen und weiter steigenden Bodenversiegelungen mit den meist damit verbundenen Rodungen außer Acht lässt, ergibt sich eine lange Liste umweltschädlicher Bautätigkeiten. Dazu zählen Erzeugung und Transport der Baustoffe, Erdarbeiten, alle Bau- und Professionistenarbeiten, Klimatisierung der Gebäude auf Bestandsdauer, Sanierungen und Abbruch des Bauwerks mit Entsorgung des Bauschutts usw.

Der große Anteil des Gebäudesektors am CO2-Ausstoß birgt aber auch das größte Verbesserungspotenzial sowohl beim Errichten und Sanieren als auch beim Benützen der Gebäude. Eine Auswahl der umfangreichen Palette an notwendigen klimaverbessernden Änderungen beim Bauen und Sanieren von Gebäuden soll hier vorgestellt werden.

 

1. Holzbau

 

Österreich ist zu ca. 50 Prozent mit Wald bedeckt, der nachwachsende Rohstoff Holz bietet eine große Chance zur Dekarbonisierung des Bausektors. Dabei wurde Holz früher als besonders Brand gefährdet angesehen und war nur für eingeschossige Hallen und flache Wohnbauten gestattet. Für größere Gebäude wurde für eine eventuelle Holztragkonstruktion ein Brandschutz z. B. mit GKF-Platten (Gipskarton Feuerschutzplatten) vorgeschrieben.

In letzter Zeit hat ein Umdenken stattgefunden, es sind unter anderem Wohnbauten als Verbundkonstruktionen entstanden, wie z. B. das HOHO in Wien Aspern (Holz-Hybrid-Hochhaus). Geplant aus ca. 75 Prozent Holz – und 25 Prozent massiven Baustoffen (Stahlbetonstiegenhäuser). Der höchste der drei Wohntürme ist immerhin 84 Meter hoch. Das Prinzip der Einhaltung kurzer Fluchtwege zum Stiegenhaus, der Bildung von kleinen Brandabschnitten, der Überdimensionierung tragender Holzbauteile und aussteifende Stahlbetonkerne – mit Fluchtstiegen und Lichtschächten – ermöglichte dieses zukunftsorientierte Gebäude. Sogar im Brandfall haben Holzkonstruktionen große Vorteile. Im Gegensatz zu Stahlkonstruktionen, die bei Überschreitung einer Temperatur von ca. 500 Grad ohne Vorwarnung versagen, kündigt ein Holztragwerk den bevorstehenden Bruch mit lautem Krachen an und warnt so die Bewohner und eventuelle Rettungskräfte.

Aber auch im Altbestand hat Holzbau große Chancen: Dachausbauten und Aufstockungen als sinnvolle Verdichtungsmaßnahmen in Städten bieten sich aus Holzbaustoffen an. Sowohl wegen des geringen Gewichts gegenüber massiven Baumaterialien als auch wegen der Möglichkeit der Vorfertigung und einfachen Montage großer Bauteile. Letztendlich bietet der Baustoff Holz optimale Möglichkeiten der Wiederverwertung. Diese reicht von der Produktion von Holzwerkstoffen, wie z. B. Papier bis zur thermischen Verwertung. Auf diese Weise wird also nur so viel CO2 freigesetzt, wie der Baum bis zur Schlägerung gespeichert hat.

Fazit: Der nachwachsende Rohstoff Holz ist nicht nur als Baum ein Gewinn für Natur und Lebewesen, sondern auch als Baustoff ein CO2-Speicher auf Bestandsdauer des Bauwerks. Seine Nachhaltigkeit ist also von keinem anderen Baustoff zu übertreffen.

 

2. Renovieren, Sanieren und Recycling

 

Ein großes CO2-Einsparungspotenzial liegt auch in der langen Bestandsdauer und Funktionsfähigkeit eines Bauwerks durch überlegte Materialwahl, Renovierung, Sanierung oder wenigstens durch die Wiederverwertung des Abbruchmaterials (Recycling).

Um das Problem einer wenig überlegten Materialwahl und dadurch verkürzten Bestandsdauer plastisch darzustellen, sei folgender Vergleich gebracht: Die nach dem 2. Weltkrieg nicht zerstörten Teile der Berliner Charité, erbaut im 19. Jahrhundert, sind nach der notwendigen Sanierung noch in Verwendung. Das Krankenhaus Oberwart, ein „brutalistischer“ Sichtbetonbau, wird nach ca. 40-jährigem Betrieb durch einen Neubau ersetzt, vermutlich auch, weil er kaum sanierbar ist. Schlecht sowohl für das Land als auch für das Klima.

Die Erhaltung der Bausubstanz, das Renovieren und wenn erforderlich Sanieren muss Vorrang vor Abbruch und Neubau bekommen. Einige wenige Beispiele für Sanierungsmaßnahmen zur Klimaschonung:

 

Reparaturzyklen (nach Ross-Brachmann)

Um Gebäudestandard und -funktion zu erhalten sind u. a. folgende Zyklen einzuhalten:

  • Ziegeldach 40 – 50 Jahre
  • Außenputz 35 – 50 Jahre
  • Parkettboden 40 Jahre  u.v.m.

Im Bereich der Haustechnik haben in letzter Zeit neue Entwicklungen stattgefunden, dadurch wurden nicht nur umweltfreundliche Heizsysteme geschaffen, sondern auch die Reparaturzyklen verändert.

 

Wandtrockenlegungen

Eine Mauerdurchfeuchtung und damit Dämmverlust treten auf, wenn die Horizontalisolierung mangelhaft ausgeführt ist oder überhaupt fehlt. Die nassen Flecken, meist mit Schimmel befallen, steigen so weit auf, bis das Wasser an der Maueroberfläche verdunstet ist. Das Schlimmste, das man tun kann, was aber immer wieder passiert, vor allem bei Altbauten ist as durchfeuchtete Mauerwerk inklusive Sockel vertikal zu isolieren. Besser ist es, das Mauerwerk so weit wie möglich unten horizontal zu isolieren, wofür eine ganze Reihe von Verfahren – mit unterschiedlichem Erfolg – zur Anwendung kommen. Zum Beispiel das HW-Verfahren, bei dem gewellte Nirostableche überlappend durch das feuchte Mauerwerk getrieben werden oder diverse chemische Verfahren, bei denen Silikate in vorgebohrte Mauerlöcher gepresst werden und dadurch eine abdichtende Verkieselung stattfindet.

 

Verbesserung der Wärmedämmung

Die übliche nachträgliche außenseitige Dämmung mit Polystyrol-Platten und armiertem Kunststoffputz hat ihre Vorteile, bringt aber in manchen Fällen bauphysikalische Probleme mit sich. Die Außenmauern bei Altbauten bestehen meist aus Hohl- oder Vollziegelmauerwerk, welche ein gutes Dampfdiffusionsvermögen aufweisen. Die Polystyroldämmung, vor allem aber der Kunststoffverputz, ist kaum dampfdiffusionsfähig. Daher wandert der Wasserdampf in der kalten Jahreszeit bis zur Polystyroldämmung oder bis zum Kunststoffverputz, kondensiert dort und durchfeuchtet das dahinterliegende Mauerwerk. Das bringt nicht nur Bauschäden (Schimmelbildung), sondern auch eine verringerte Wärmedämmung und damit erhöhten Heizbedarf mit sich.

Es sind daher dampfdurchlässige Baumaterialien und Wandaufbauten für die Wärmedämmung zu verwenden, z. B. Holzfaserdämmplatten mit bewehrtem Kalkzementmörtelverputz und Mineralfarbenanstrich, welche als Zusatznutzen ein besseres Raumklima bewirken. Das geschieht durch die kapillare Wasseraufnahme bei zu hoher Luftfeuchtigkeit im Innenraum und die Wasserabgabe bei zu trockener Innenluft.

 

Recycling

Unter Recycling versteht man Kreislaufwirtschaft, in unserem Fall die Wiederverwertung von Baustoffen. Im Bauwesen wird bisher überwiegend Abbruchmaterial von Bauwerken und Straßen wie Beton, Asphalt, Dachziegel etc., recycelt. Beim Frischbeton werden noch nicht abgebundene Betonreste der neuen Charge beigemischt, beim Festbeton abgebrochene Betonbauteile und andere massive Baustoffe geschreddert und als Zuschlagstoff, Beschüttungen und Füllmaterial für Straßen etc., verwendet. Problematisch sind Verbundbaustoffe, (z. B. Wärmedämmung auf Mauerwerk), weil diese sehr aufwendig sortenrein getrennt werden müssen. Im Sinne des immer wichtiger werdenden Umweltschutzes muss aber auch dieses Problem gelöst werden.

 

Zusammenfassung

 

Wichtige Teilaspekte für klimaschonendes Bauen sind die möglichst lange Bestandsdauer eines Bauwerks, die Verwendung nachhaltiger Baustoffe, wie z. B. Holz und die Einhaltung der vorgesehenen Reparaturzyklen sowie die zeitgerechte Vornahme der Sanierungsarbeiten. Der hohe Anteil des Bauwesens am Klimageschehen ermöglicht dabei besonders wirksame Maßnahmen zur Einhaltung der Klimaziele. Über weitere Umweltsünden im Bauwesen und deren Vermeidung wird im Teil 2 dieses Beitrags berichtet werden.


Beispiel für die thermische Sanierung von Gebäuden aus dem 19. Jahrhundert

 

Diese Gründerzeitbauten galten als nicht sanierbar, weil außennliegende Wärmedämmungen über der Fassadenornamentik nicht angebracht werden können. Folgende Überlegungen widersprechen diesen Bedenken: Die größten Temperaturlecks eines solchen Gebäudes ist die oberste Geschoßdecke sowie die originalen Pfostenstockfenster. Werden diese alten Fenster durch hochgedämmte, optisch angepasste Fenster ersetzt und die oberste Geschoßdecke ebenfalls entsprechend gedämmt, wird aufgrund der dicken, wärmespeichernden Vollziegelmauern eine durchaus passable thermische Qualität erreicht. So gesehen sind die Gründerzeitbauten absolut erhaltenswert.


Schreibe einen Kommentar

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

1 Antworten