Porträt

Die Kunst des Lebens

Das Tor zum Paradies öffnet sich, und ein Mann in gelbem T-Shirt begrüßt uns. Auffällig tätowiert, mit speziellen Stutzen um seine Waden, steht er inmitten seiner vier Magyar Viszla (Jagdhunde), die ihn umschwänzeln wie Bienen ihre Königin. Sofort beginnt er zu erzählen und nimmt uns mit auf eine Reise in seine Welt, die nun in Burgauberg ihren Mittelpunkt gefunden hat. Mit prima! spricht der Friseurweltmeister mit Helfersyndrom über seine Ideen, seine Tiere, die Liebe und sein Leben.

Foto: Nora Schleich

Einst hat er sich den Weltmeistertitel als Friseur in Washington geholt. Lange war Wien sein Lebensmittelpunkt. Nun hat der gebürtige Südburgenländer Markus Unger auf Gut Hochkogl mitten unter seinen vielen Tieren sein Glück gefunden. Seine vier Hunde (Magyar Vizsla) sind wie seine Kinder. Er lebt hier in tiefer Demut vor der Natur.

 

 

Coco Chanel und Madonna, das sind seine Vorbilder. Starke Frauen, die mit Energie und Disziplin ihre Kunst vertreten. Auch Markus Unger ist Künstler, aber nicht etwa (nur) weil er Frisuren schafft. Mutig geht er seinen Weg und ist nun angekommen – auf „Gut Hochkogl“ in Burgauberg. Das Haus kennt er übrigens aus einem früheren Leben. „Ich glaube an Reinkarnation, und in diesem Haus war ich definitiv früher schon mal!“ In Oberwart hat der Weg des gebürtigen Hannersdorfers begonnen. Den Lehrbetrieb hat er später selbst übernommen. Für Friseur-Wettbewerbe hat er bis spät in die Nacht trainiert und sich in Washington schließlich den Weltmeistertitel geholt. Danach war klar, dass er in Wien bleibt. Drei Betriebe hat er dort aufgebaut. Das alles hat er nun hinter sich gelassen und sein Friseur- und MakeUp-Studio hierher nach Burgauberg auf „Gut Hochkogl“ verlegt. Ein Friseursalon mitten im Paradies. Wien vermisst er nicht. „Irgendwann reicht es“, sagt er bestimmt.

Das Leben hat ihm nichts geschenkt. Ein Schicksalsschlag nach dem anderen hat ihn zum Nach- und Umdenken gebracht. „Mein erster Freund hatte einen Schlaganfall, meine erste richtig lange Beziehung ist an einem Gehirntumor gestorben, und meinen nächsten Partner haben die Drogen umgebracht.“ Immer wieder erzählt er Episoden aus seinem Dasein, als wäre es das normalste Leben auf dieser Welt. „Dann habe ich in Rumpersdorf ein dreiviertel Jahr ohne Strom und Gas in einer Hütte im Wald gelebt, um meinem damaligen Freund den kalten Entzug zu erleichtern. Der Winter war hart, aber ich habe alles aufs Wesentliche reduziert, und das hat was Gutes. Aber von Junkies habe ich nun genug. Mein gefährliches Helfersyndrom lebe ich jetzt mit den Tieren aus.“ Nun residiert er auf zehn Hektar Land mit seinen vier geliebten Hunden („Tendenz steigend“), Pfauen, Hühnern, Hasen und Ziegen. „Im Einklang mit der Natur“, wie er betont.

Alice im Wunderland

Nicht zu vergessen die Pferde. Eines heißt Alice. „Wie Alice im Wunderland“, fügt er an, was aber keiner Erklärung bedurft hätte. Was sonst? Sein Wunderland, also seinen Streichelzoo, will er nun nicht nur für sich selbst nutzen. Einerseits will er Kindern die besondere Energie der Tiere näherbringen. „Viele Kunden kommen mit ihren Kindern und genießen das ganzheitliche Konzept hier.“ Andererseits träumt Markus Unger davon, auch Menschen mit Verlustängsten auf Grund von Todesfällen zu unterstützen. „Ich ziehe trauernde Menschen an. Ich bin kein Therapeut, aber ich weiß aus eigener Erfahrung, wie meine Tiere helfen können. Ich kann den Zugang zum Tier vermitteln. Vielleicht mache ich einen Verein oder ähnliches.“

Jeder Mensch kann töten

Die Tiere sind sein Leben. „Wenn deinen Kindern jemand etwas antut, dann würdest auch du töten, glaube mir. Und mir geht es so mit meinen Hunden“, sagt er und sein Blick wird nahezu stechend. „Die Hunde geben mir etwas, was man nicht kaufen kann. Sie erwarten nichts und zeigen mir wahre Treue und bedingungslose Liebe.“ In der Liebe mit seinen Männern hat er übrigens weniger Glück gehabt. Bislang. „Kannst reinschreiben, zur Spira wäre ich gern gegangen. Die hat immer Typen gehabt in der Sendung. Ich bin nicht einfach, aber sicher suche ich jemanden, der das alles hier mit mir mitträgt,“ sagt er und sein Blick schweift über seinen Naturteich hinweg, an seinen Schwarzhühnern vorbei in die Ferne.

Ausgeflippt

Eine Geschichte hat ihn geprägt. Als ein Jäger einen seiner Hirsche getötet hat. „Die Hirsche haben mir in einer schwierigen Phase meines Lebens Seelenheil gebracht. Ganz besonders einer. Ich bin im Winter stundenlang gesessen, habe ihn beobachtet und wollte, dass er mir aus der Hand frisst. Als der Sikahirsch gefallen ist, übrigens aus einer gewissen Habgier heraus, da bin ich ausgeflippt. Jetzt mache ich den Jagdschein. Ich werde niemals jagen, aber ich will die rechtliche Situation kennen und Tierschutz- und Jagdgesetz anwenden können,“ erzählt er und seine Wut ist noch zu spüren.

Der Zenit ist erreicht. „Wir sollten noch mehr entschleunigen. Ich zum Beispiel reduziere meinen Umsatz bewusst. Ich brauche nicht so viel.“ Dieses Privileg hat er sich erarbeitet. Mit Neidern muss er leben. „Neid und Habgier machen mir Angst. Wir Menschen lernen einfach nicht dazu. Wir wollen zu viel und vergessen die Natur,“ sagt er betroffen. Glücklich sein und Gesundheit, das sind Parameter, die ihm wichtig sind. „Ich schneide Haare, weil ich es gerne mache. Materialismus ist gar nicht mein Ding. Ich schneide auch nicht jedem die Haare. Das praktiziere ich mittlerweile hardcore“, lacht er auf. „Hardcore“ ist alles, was ihn ausmacht. Nachdenklich, ausgeflippt und mit Herz bewirtschaftet er sein Anwesen. Erfolgreich ist er, weil er weiß, was er will und macht was er will. Er improvisiert. Er macht aus jeder Tugend eine noch größere Tugend. Er ist ein Lebenskünstler. „Ohne Kunst kein Leben, das ist die Kunst des Lebens“, sagt er ernst.

 

https://www.facebook.com/MarkusUngerHairstylingMakeUpStudio



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