Porträt

Otti und ihr Weihnachtswunsch

„Tu mich bloß nicht in den Vordergrund stellen. Nicht dass am End noch jemand böse ist“,
sagt Ottilie Szabo, als das Interview schon fertig ist. Da hat die 72-Jährige aber schon so viele
Botschaften vermittelt. Darüber, wie wir wieder ein wenig näher zusammenrücken können, damit
es sozial wärmer wird. Denn Otti ist in sämtlichen Vereinen tätig und ist darüber hinaus dort zur
Stelle, wo sie gebraucht wird. Ein schöner Tag ist, wenn sie wieder wo mithelfen konnte. Da dankt
sie dann abends dem Herrgott dafür. „Wenn keiner neidig ist, haben alle was“, sagt sie.

(c) LEXI

Ottilie Szabo aus Oberwart ist die erste Frau, die den „Roten Pullover gegen soziale Kälte“ von den SPÖ Bezirksfrauen verliehen bekam – wegen ihrer Zuverlässigkeit, ihrer Selbstlosigkeit und weil sie überall hilft, wo es notwendig ist.

 

95 Mal ist Ottilie Szabo in ihrem Leben Blutspenden gegangen. Seit ihrem 70er vor zwei Jahren darf sie nicht mehr. Aber die Goldene Verdienstmedaille hat sie vom Roten Kreuz bekommen. Eines der Dokumente ihres Lebens. Ebenso wie die gelbe Mappe mit den vielen Fotos und Zeitungsausschnitten. Stationen einer Frau, die immer gerne im Hintergrund gearbeitet hat. „Weißt du, es gibt bei jedem Verein die Hackler und die Repräsentanten. Ich hab immer zu den Hacklern gehört“, lacht sie.

Wenn Ottilie Szabo die Vereine, in denen sie tätig ist, aufzählt, dann muss sie drei Mal neu ansetzen. Immer wieder fällt ihr ein weiterer ein. Auf elf ist sie gekommen. Das Rote Kreuz, der Kroatische und der Ungarische Kulturverein. Sie kümmert sich beim Frauenfrühstück und beim Treffen der Seniorinnen des betreuten Wohnens in Oberwart um die Versorgung der Gäste. Bei den SPÖ Frauen ist sie dabei, beim Bibelkreis, beim Blutspendedienst der AK. Sie ist Reiseleiterin für Kroatien. Ist bei fast jeder Veranstaltung im OHO, denn „der Mensch braucht mehr Kultur“. Und – ihr Herzensprojekt: Sie ist wöchentlich im Carla Laden der Caritas und sortiert die Kleidungsstücke und abgegebenen Artikel. Etwas vergessen? Ganz sicher. Denn wer bei einem Festl Hilfe braucht, jemanden, der anpacken kann, der fragt die Otti. Der Feuerwehr wird sie immer aushelfen. „Weil mein Mann dort Mitglied war“, erklärt sie. Vor zehn Jahren ist er gestorben. In ihrer Lebenseinstellung haben sich die beiden ergänzt. Einer, der nichts für die Gemeinschaft tut, der wäre für die junge Otti nicht in Frage gekommen.

Mit 21 hat sie seinetwegen ihre gute Stellung als Chemielaborantin in Wien aufgegeben. Der Liebe wegen ist die gebürtige Stinatzerin dann zu ihrem Otto nach Oberwart gezogen, hat geheiratet und eine Tochter bekommen. Und zusätzlich zu ihrer Muttersprache Kroatisch und Deutsch hat sie auch noch Ungarisch gelernt. Aber eine Stelle in ihrem erlernten Beruf hat sie in Oberwart nicht mehr gefunden, sondern die Kirche geputzt und dann lange in einer Restaurantküche gearbeitet. Die Otti kennt jeder, weil sie überall auftaucht, wo Menschen zusammentreffen. Bei jedem Vereinsfest, bei jeder Veranstaltung. „Stell dir vor, du machst ein Fest und keiner geht hin. Für die Vereine ist es ein Unterschied, ob sie fünf oder fünfzig Kaffees verkaufen können“, erklärt Otti. Sie kauft fürs Stelzenschnapsen ebenso Karten, wie sie für Bälle Tombolatreffer sammeln geht. 

Dankbarkeit

Ihre Großmutter hat ihr gesagt: „Bevor du mit einer Arbeit beginnst, frag dich immer, ob das, was du tust, sozial ist und ob jeder das bekommt, das ihm zusteht.“ Das hat sich Ottilie bis heute gemerkt. Ungerechtigkeit hält sie gar nicht aus. Wenn sie davon redet, beginnt sie auf ihrem Stuhl hin und her zu rutschen. „Weißt“, sagt sie, „es geht uns nicht schlecht, weil zu wenig da ist. Das Problem ist die Gier.“ Und gierig war Ottilie nie. Auch wenn sie viel sparen und jeden Schilling umdrehen musste, war sie trotzdem immer dankbar. „Für mich ist ein undankbarer Mensch ein schlechter Mensch“, sagt sie. Die Leute wollen alles haben und nichts geben. „Vor allem die, die eh so viel bekommen haben, die jammern am meisten“, fügt sie dazu. „Der Mensch kriegt halt nie genug.“

Dabei sieht Ottilie auch die andere Seite. Im Carla Laden der Caritas, wenn Menschen kommen, die nicht einmal Geld für das Notwendigste haben. Jeden Mittwoch steht sie mit anderen freiwilligen Helferinnen zwei, manchmal auch vier Stunden im Keller und sortiert abgegebene Spenden. Manche Menschen kommen auch hierher, um zu reden – weil sie einsam sind und mit irgendjemandem ein wenig plaudern wollen. 

Dann wird Ottilie Szabo langsam unruhig, weil im Carla Laden schon längst die anderen warten und sie eigentlich keine Zeit mehr fürs Interview hat. Aber eines muss sie noch los werden: Dass der Mensch doch bitte nicht über andere urteilen soll, bevor er nicht in derselben Situation war. Egoismus und Getratsche ist für die Otti ganz fürchterlich. 

Ein wenig mehr von diesen Menschen wie Ottilie Szabo würde die Welt schon dringend brauchen können. Aber sie hat ja doch 95 Mal Blut gespendet. Vielleicht hat die Otti da ein bisserl was von ihrem guten Herz mitgegeben.


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4 Antworten

  1. Liebe Frau Otti , wir kennen uns noch nicht sehr lange , aber solche Menschen wie Sie , gibts nicht sehr oft . Glg Viktor