Reportage

„Als Region sind wir stärker“

Jede Gemeinde freut sich über Unternehmer im eigenen Ort. Nicht nur wegen der Kommunalsteuer, sondern auch aufgrund des Zuzugs an Einwohnern und des nachhaltigen wirtschaftlichen Aufschwungs. Fünf oststeirische Bürgermeister haben dabei aber nicht den Tunnelblick auf ihre eigene Gemeinde gerichtet, sondern die Weitwinkelbrille aufgesetzt und denken in etwas größeren Dimensionen.

Foto: zVg

Die Ringwarte ist Symbol der Wirtschaftsregion Hartberg.

 

Wirtschaftsregion Hartberg
Gemeinden:
Grafendorf, Greinbach, Hartberg, Hartberg Umgebung und St. Johann in der Haide
Gewerbefläche: 87 Hektar. Finanziert von den Gemeinden, gefördert von EFRE. Das Service ist für Unternehmerinnen und Unternehmer kostenlos.

 

Ein wenig wehmütig könnte Hartbergs Bürgermeister Marcus Martschitsch wohl gewesen sein, als der Naturkosmetikhersteller Ringana vor wenigen Monaten den Spatenstich für einen weiteren Firmenstandort im Nachbarort St. Johann setzte. Könnte man meinen. Doch in Hartberg und Umgebung denken die Bürgermeister in Sachen Betriebsansiedelung anders.

Grundsätzlich gilt natürlich auch hier wie überall: Die Ansiedelung von Unternehmen ist für jede einzelne Gemeinde ein Gewinn. Kommunalsteuern spülen Geld in die Kasse. Mit der Ansiedelung von Betrieben geht oft auch eine Steigerung der Einwohneranzahl einher, da sich manch Mitarbeiterin bzw. Mitarbeiter gerne hier niederlässt. Und es ist ein wirtschaftlicher Dynamikprozess im Gange, da mit dem Bau eines neuen Betriebes oft Gewerke in der unmittelbaren Umgebung beauftragt werden. Die Gewerbegebiete sind in den letzten zehn Jahren gewachsen und damit auch die Anforderungen an die Gemeinden. Denn um Unternehmer von gerade ihrem jeweiligen Standort zu begeistern, muss einiges an Infrastruktur und Lebensqualität geboten werden. Immerhin wartet ein paar Kilometer weiter bereits die nächste Gemeinde, die das investitionswillige Unternehmen ebenfalls gerne bei sich ansiedeln würde. In der Regel kocht also jeder Bürgermeister für sich sein eigenes Süppchen. In der Regel. Doch fünf oststeirische Gemeinden sind hier die Ausnahme.

 

Günter Müller, Bgm. St. Johann/Haide:
„Die Wirtschaftsregion Hartberg ist ein perfekter Standort und bietet durch die Autobahn einen raschen Zugang zu den Märkten Graz, Wien und Ungarn.“

 

Vom Einzelkämpfer zur schlagkräftigen Gruppe

„Gemeinsam sind wir überregional sichtbarer und stärker“, dachten sich die Bürgermeister der Gemeinden Grafendorf, Greinbach, Hartberg, Hartberg Umgebung und St. Johann in der Haide. Gedacht – getan. Unter dem Schlagwort „Wirtschaftsregion Hartberg“ haben sie sich nach einer Vorbereitungsphase von etwa einem Jahr im September 2016 wirtschaftlich „verbündet“. Grundgedanke ist: Betriebe in der Region zu halten und vor allem auch neue Betriebe von dem Standort zu überzeugen. Wenn also Hartberg, wie im Fall Ringana, die erforderlichen zwölf Hektar für den Bau eines neuen Firmenstandortes nicht zur Verfügung stellen kann, dann soll das Unternehmen Alternativen in diesem Raum angeboten bekommen, um in der Wirtschaftsregion Hartberg zu bleiben.

Denken in größeren Dimensionen ist die Voraussetzung, die jeder der fünf Bürgermeister von Anfang an mitgebracht hat, betont Hartbergs Bürgermeister und Sprecher der Gruppe Marcus Martschitsch.

Der Weg zum Big Player

Um also auch über die Region hinaus sichtbar zu werden, war den Bürgermeistern der fünf Kommunen klar: Das schaffen wir nur gemeinsam.
Gestartet wurde mit einem einheitlichen Logo. Auf hellblauem Hintergrund ist die Ringwarte als Symbol dieses Leuchtturmprojektes erkennbar. Ein eigenes Standort-Management wurde eingeführt, das von Anton Schuller und Franz Schnur geführt wird. Und diese sind nicht nur die Ansprechpartner für die Unternehmer. Was im Hintergrund läuft, ist ein Strategieplan. „Im Grunde geht es um drei Schwerpunkte: die Akquise und Betreuung von neuen und bestehenden Betrieben. Das Sichtbarmachen der Wirtschaftsregion durch gezielte Marketingmaßnahmen und wir forcieren die Kooperation der Gemeinden. Wir haben dazu regelmäßig Sitzungen, in denen wir Themen behandeln, die für die Wirtschaftsregion wichtig sind“, erklärt Anton Schuller. Ein Ergebnis daraus ist die Forderung der Gemeinden an Land und Bund nach einem Bahnanschluss Richtung Gleisdorf und Graz. „Solche Forderungen haben gemeinsam natürlich mehr Gewicht und Kraft, als wenn eine Gemeinde alleine auftritt“, betont Schuller.

 

Siegbert Handler, Bgm.Greinbach:
„Gemeinsam können wir eine Gewerbefläche von 87 Hektar anbieten und sind somit allen Anforderungen der Interessenten gewachsen.“

 

Und so läuft‘s ab

Möchte ein bestehender Betrieb expandieren oder hat ein neues Unternehmen Interesse an einer Niederlassung bekundet, werden von Franz Schnur und Anton Schuller die konkreten individuellen Anforderungen an den Standort erhoben. „Das geht von der direkten Autobahnanbindung über die Grundstückskosten, Anschlüsse, Internetversorgung bis hin zu der Entscheidung, ob das Unternehmen eher im Industriebereich angesiedelt werden oder die Vorteile eines Netzwerkes in einem bereits bestehenden Bürokomplex nutzen möchte. Wir können dem Interessenten dann bereits vorselektierte Möglichkeiten in unserer Wirtschaftsregion aufzeigen“, erklärt Franz Schnur. Für jeden Unternehmer eine gewaltige Zeitersparnis. Und er hat außerdem die Gewissheit, in einem wirtschaftlich schlagkräftigen Gebiet von 87 Hektar den perfekten Standort zu finden, ohne jede einzelne Gemeinde von sich aus extra abklappern zu müssen. Seit 2016 hat die Wirtschaftsregion Hartberg etwa 220 Anfragen.

 

Marcus Martschitsch, Bgm. Hartberg:
Zwischen den Unternehmern der WIrtschaftsregion Hartberg besteht ein tolles Netzwerk. Wer hier baut, vergibt die Aufträge in der Regel an ansässige Betriebe.“

 

Wohin fließt die Kommunalsteuer?

Viele hehre Gedanken und Ideen scheitern leider am lieben Geld. Und Geld ist für einen ansiedelungswilligen Unternehmer ein schlagkräftiges Argument, das für oder gegen einen Standort spricht. „Wir haben derzeit in allen Gemeinden die gleichen Fördervarianten für ein Unternehmen. Da gibt es keine Vor- und Nachteile“, sagt Martschitsch. Schwieriger ist es derzeit jedoch noch, einen Aufteilungsschlüssel für die Kommunalsteuer zu finden. „Wir haben es hier nämlich mit unterschiedlichen Grundstücken zu tun. Jede Gemeinde hat bereits einiges an Infrastruktur am Standort geschaffen. Diese Vorleistungen sollen in die Berechnung einfließen“, erklärt der Bürgermeister weiter. Soll zukünftig alles in einen Topf fließen, muss man erst noch eine passende Aufteilung finden. Dies sei aber das große und wichtige Ziel für das heurige Jahr, um vollständig als Wirtschaftsregion zu verschmelzen.

 

Franz Pötscher, Bgm. Hartberg Umgebung a.D. (seit 2. Juli 2019 ist Herbert Rodler Bürgermeister von Hartberg Umgebung)
„Die Wirtschaftsregion Hartberg bietet tolle Jobs an, und das muss den Menschen in unserer Region noch viel bewusster werden. Pendeln ist für viele nicht mehr nötig.“

 

Verpendel keine Zeit

Wo Betriebe entstehen, entstehen Arbeitsplätze. In der Wirtschaftsregion Hartberg werden Fachkräfte in den verschiedensten Bereichen gesucht. Im Feber dieses Jahres wurden rund 80 Jobangebote in einem Folder zusammengefasst und an die Haushalte verschickt. „Es gibt bei uns genauso tolle Jobs wie in Wien oder Graz. Viele Menschen müssten nicht mehr pendeln, und das wollten wir damit sichtbar machen. Was wir anstreben, ist eine Plattform, auf der man sofort sieht, welche Berufsmöglichkeiten es in der Region gibt. Das erhöht die Chance, dass sich hier auch jemand ansiedelt“, so Franz Schnur. Auch das Bildungsangebot könnte sich danach ausrichten und Fachkräfte in speziellen Bereichen ausbilden. „Wenn Ringana hier 400 Arbeitsplätze schafft, wird vielleicht einmal von einer Schule beispielsweise auf dem Gebiet der Nahrungsergänzung ein Bildungsangebot bestehen“, ergänzt Martschitsch.

Die Liste an Vorhaben der Gemeinden ist noch lang. Die Visionen sind groß. Und Marcus Martschitsch ist kurz in einen Gedanken versunken: „Wenn jetzt auch noch ein zweiter Autobahnanschluss und eine neue Bahnverbindung nach Gleisdorf vorhanden wären…“

 

Johann Handler, Bgm. Grafendorf:
„Zur Wirtschaftsregion gehören auch die Ortskerne der Gemeinden. Die Zentren mit ihren Geschäftsflächen sind besonders wertvoll.“


Die fünf Bürgermeister der Wirtschaftsregion Hartberg
Die fünf Bürgermeister der Wirtschaftsregion Hartberg (v.l.nr.): Johann Handler (Grafendorf), Franz Pötscher, a. D. (Hartberg Umgebung), Siegbert Handler (Greinbach), Marcus Martschitsch (Hartberg ) und Günter Müller (St. Johann/Haide).

Anton Schuller und Franz Schnur
Anton Schuller und Franz Schnur sind die Koordinatoren der Wirtschaftsregion Hartberg

Wirtschaftsregion Hartberg

Im September 2016 haben sich die Gemeinden

Grafendorf
Greinbach
Hartberg
Hartberg Umgebung
Sankt Johann in der Haide

zur Wirtschaftsregion Hartberg zusammengeschlossen. Gemeinsam bieten sie Betriebsflächen von 87 Hektar. Etwa 1.660 Betriebe gehören zur Wirtschaftsregion Hartberg. In den 5 Gemeinden gibt es 6 definierte Standorte:

• Grafendorf_Greinbach
• Schildbach
• Hartberg Umgebung
• Hartberg hat 2 Standorte: • Hatric und • Ökopark
• St. Johann in der Heide

Die Wirtschaftsregion Hartberg hat offene Jobs der Unternehmen aus den Gemeinden Greinbach, Grafendorf, Hartberg, Hartberg Umgebung und St. Johann gesammelt und in einem Folder zusammengefasst. 31 Unternehmen beteiligten sich an der Aktion und sind mit knapp 80 Stellenangeboten vertreten. Die Vielfalt der Unternehmen der Wirtschaftsregion spiegelt sich auch in den angebotenen Jobs wieder – gesucht wird vom Lehrling bis zum oberen Management.

Kontakt:
Wirtschaftsregion Hartberg
Hauptplatz 10
8230 Hartberg
+43 (0) 664 / 8825 3550
service@wirtschaftsregion-hartberg.at

Ansprechpartner sind:
DI(FH) Anton Schuller MBA und Mag. Franz Schnur

www.wirtschaftsregion-hartberg.at


www.rupo.co.at

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