Reportage

Die mit den Fahrrädern tanzen

Regen liegt in der Luft, kein Wetter, um an Südfrüchte wie Ananas zu denken, eher, um sich
daheim im Warmen zu verkriechen. Doch am Gelände des alten Bauhofs in Hartberg ist viel los.
„Servus“ heißt es von allen Seiten, eifrig wird per Faustschlag begrüßt. Es ist Mittwoch, der Tag, an dem sich die „Ananas BoYs“ treffen, um wie jede Woche das „Trial Radlfoan“ zu üben.

(c) Martin Allmer

 

29 Fahrer und immerhin drei Fahrerinnen im Alter zwischen sieben und 24 zählt der Verein, der einer von nur fünf Trialbike-Vereinen österreichweit ist. Das nicht motorisierte Trial-Fahren ist noch nicht so bekannt wie die PS-starke Variante. Hier wird auf Rädern von 16 bis 20 oder 26 Zoll und einer Rahmenlänge zwischen 74 und 101 cm gefahren. Dabei sind diese speziellen Bikes ohne Sattel und ohne Gangschaltung darauf ausgelegt, dass sie wendig und auch gut auf nur einem Rad zu fahren sind. „Das Hinterradfahren ist natürlich etwas ganz Besonderes, mancher hat es schneller raus, mancher muss länger dafür üben“, erzählt Martin Allmer, der den Hartberger Verein 2016 gegründet hat und auch heute noch die Burschen trainiert. 

Wie Ballett auf zwei Rädern

Wenn sie in ihrem Element sind, auf den Hinterrädern fahren und auf Hindernisse springen, wirkt es, als ob die Gruppe mit ihren Rädern einen wilden Tanz aufführt. An Stellen, wo es unmöglich scheint, dass da jemals ein Rad hochkommt, gelingt es den Fahrer*innen mit Anlauf, Geschicklichkeit und aufgrund ihres ehrgeizigen Übens dann doch. Bei den Könnern sieht das leicht aus, bei den weniger Fortgeschrittenen erkennt man, mit wie viel Mühe ein Hindernis erklommen wird: Vorderreifen einhaken, Gewicht verlagern, mit dem Hinterrad nachziehen. Oder gleich aufs Hinterrad und auf selbigem hüpfend hoch. Ab und an wird zwischen den massiven Hindernissen aus Holzklötzen, Betonrohren und Mauern dann doch mal das Ziel verfehlt. Auch Stürze gehören dazu. Es kann nicht immer klappen. Aber das meiste wird von der Schutzbekleidung abgefangen. Das sind Schienbeinschoner, die zum Teil bis zum Knie gehen, dazu eine Brustprotektorenweste sowie ein Sturzhelm. Der Rest wird tapfer weg gelächelt. „Schimpfen gibt es bei uns nicht, wem etwas herausrutscht, der muss eine Runde Eis spendieren“, erklärt Martin Allmer, der als Vater zweier Jungs weiß, wovon er spricht. Trainiert wird bei jedem Wetter, auch an Feiertagen und zu Ferienzeiten. Wer dazugehören will, muss auch dabei sein. Die Warteliste für zukünftige Ananas BoYs ist lang, doch der Platz begrenzt. „Als ich anfing, hatte ich nicht vor, mit mehr als fünf Jungs zu trainieren“ erinnert sich Allmer. Zur Seite steht ihm Martin Weber, der die Bikes der Ananas BoYs in Schuss hält. Doch der Verein ist dann immer mehr gewachsen. Zum einen, weil sich die Jungs selbst, aber auch die Eltern sehr eingebracht haben.

Vor allem soll es Spaß machen

Wenn eine der etwa fünf Vorführungen pro Jahr ansteht und schwere Elemente transportiert werden müssen, helfen alle zusammen. Doch die Hindernisse am Platz baut Martin Allmer nach wie vor alleine mit nur ein paar Helfern auf. „Wenn dann doch mal was nicht klappt, weiß ich wenigstens genau, wer dafür verantwortlich ist“, sagt er. Durch gute Kontakte konnten der Bauhof als Headquarter-Trainingsplatz und auch eine Halle im Einkaufszentrum Hatric zum Trainieren benutzt werden. Doch Letzteres ist nun leider vorbei, momentan baut Martin Allmer mit seiner Gruppe den ersten Stock beim alten Bauhof als überdachten Winterübungsplatz aus. Auch hier erkennt man wieder: Die Gruppe hält zusammen und alle helfen mit. Das zeigt sich auch, wenn die Jungs nach dem Training zum „Kreis“ zusammenkommen. Eine gemeinsame Übung mit dem Ziel, möglichst lange im kleinen Kreis zu fahren ohne die Füße abzusetzen. Das ist aber auch ein gutes Schulung, um bei Wettbewerben Hindernis-Parcours gut zu überwinden. 

Fünf Sektionen müssen bei einem Wettbewerb dreimal durchfahren werden. Dabei werden pro überwundenem Hindernis Punkte verteilt. Auch hier im Verein sind etliche Meisterfahrer. Auf nationaler Ebene spielt übrigens das Alter keine Rolle, da fährt der ältere Einsteiger den gleichen Parcours wie der ganz junge. International gibt es Ligen nach Altersstufen. Bis zu zweimal im Jahr übt der aus Purgstall stammende Weltmeister von 2018, Thomas Pechhacker, mit den Ananas BoYs. Aber ums Gewinnen geht es nicht immer. Das Wichtigste ist und bleibt der Zusammenhalt, sagt Martin Allmer: „In erster Linie wollen wir einfach ein lustiges sportliches Zusammentreffen von Jung und Alt.“ 


Der Trial-Bike-Verein ist einer von fünf in ganz Österreich.

Die Stunts sehen teilweise aus, als würde man mit dem Rad Ballett tanzen.

Der Verein wurde 2016 von Martin Allmer gegründet.

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