Reportage

Grenzenloses Abenteuer

15 Länder, zehn Monate, 41.136 Kilometer. August „Ossi“ Oswald aus Oberwart hat sich einen Traum erfüllt, den wohl viele motorradbegeisterte Menschen ein Leben lang hegen: einfach mal auf und davon und auf zwei Rädern die Welt erkunden. Seine Route führte vom nördlichsten Punkt Kanadas an die südlichste Spitze von Argentinien.

Foto©zVg

Aus dem Reisetagebuch mit dem Motorrad von August Oswald (li.): Machu Picchu wurde im 15. Jhdt. einer Theorie zufolge auf Befehl des Inka-Herrschers Pachakútec auf 2.430 m zwischen den Gipfeln des Huayna Picchu und Machu Picchu erbaut. Die terrassenförmige Stadt war und ist sowohl über einen schmalen Bergpfad mit einer kleinen Anlage im Gipfelbereich des Huayna Picchu als auch über vergleichsweise größere Inka-Pfade mit Cusco und den Ruinen von Llactapata verbunden.

 

„Fin del Mundo”, also das „Ende der Welt”, liest August „Ossi“ Oswald auf dem Schild, steigt von seiner – etwas staubig gewordenen – Maschine ab und schaut sich um. Er wird es fortan als einen sehr emotionalen Augenblick in seinem Leben in Erinnerung behalten, denn er ist am wichtigsten Punkt einer sehr langen Reise in Ushuaia, Süd-Argentinien, angekommen. Und das ganz allein mit seinem Motorrad.

„Dabei bin ich ein Spätberufener”, erzählt Ossi lachend, als er mit prima! nach seiner Rückkehr über seine eindrucksvolle Tour spricht. Erst mit 45 habe er sich das erste Motorrad zugelegt. Nach ersten längeren Reisen auf seinem treuen Gefährt wusste er aber: Das ist es! Und da geht noch mehr! Und so wurde der Ruf nach einem ganz großen Abenteuer immer lauter. Und was könnte größer klingen, als einmal von Nord- bis nach Südamerika quer durchzufahren.

Mit spärlichem Gepäck wurde sein „BMW 1200 GS Adventure“ Bike dann im Mai 2022 „aufmagaziniert“ und startbereit nach Hamburg zum Frachtschiff transportiert. Er selbst ist dem Motorrad danach per Luftlinie an die Ostküste Nordamerikas nachgeflogen, um seine monatelange Reise zu beginnen. „Ursprünglich sollte ein Kumpel mitkommen, der hat kurzfristig absagen müssen. Aber das hat mich nicht von meinem Traum abbringen können, denn wie ein Sprichwort richtig besagt, beim Reisen ist man ohnehin nie allein”, erzählt der pensionierte Südburgenländer. Den Rückenwind seiner Familie habe er immer schon geschätzt: „Meine Frau war zwar natürlich etwas besorgt, aber durch das Zeitalter von Wi-Fi, WhatsApp und Co. kann man immerhin regelmäßig in Kontakt bleiben.”

 

Herausforderungen

Für den stilechten Start ist August Oswald dann sogar noch vom Nordosten Amerikas bis an den nördlichsten Zipfel von Kanada quasi „warmgefahren”. Erst danach beginnt die eigentliche Route in den Süden. Oder ans andere Ende der Welt, wenn man so will. Denn mehrere Klimazonen und Temperaturunterschiede von minus fünf bis plus 40 Grad warten da darauf, bewältigt zu werden. Oder Straßen, die einfach aufhören und in einer puren Schotter-Odyssee, groben Steinen oder gemeinen Sandstürmen münden. Nur gut, dass das BMW-Motorrad für all diese Herausforderungen gewappnet war. „In Kanada war ein Tagesziel von bis zu 500 Kilometern komplett realistisch. Ab Mexiko freut man sich, wenn man auf den Straßenverhältnissen 200 Kilometer am Tag geschafft hat”, schildert Ossi. Die Richtung sei immer vorgegeben gewesen, die Tagesroute habe er stets spontan beschlossen. Und sich auch sehr oft noch viel spontaner um-entschließen müssen, wie man sich vorstellen kann. Denn was die Route so bringt oder wie lange er an einem Ort verweilen wollte, das war nie gewiss. Im Nachhinein amüsiert, erzählt er von einer etwas unheimlichen Begegnung mit einem ausgewachsenen Bison nahe dem Yellowstone Park. Oder von der niemals enden wollenden Strecke von 4.000 Kilometer durch Patagonien, wo die tapfere BMW beinahe in einer Sanddüne stecken geblieben wäre. 

 

Genuss

Unterwegs habe der ambitionierte Alleinreisende zahlreiche Menschen aller Nationen kennengelernt, die er allesamt als sensationell freundlich und hilfsbereit beschreibt. „Mit der österreichischen Nummerntafel bin ich einfach aufgefallen und wurde mehrmals von anderen Reisenden oder Einheimischen angesprochen und auch von Polizisten bejubelt. Durch WhatsApp-Gruppen anderer Motorrad-Reisender habe ich lokale Tipps erhalten und auf besondere Einladung sogar zwei ausgewanderte Burgenländer besucht“, betont Ossi immer wieder, wie sehr er diese Reise genossen hat. Als beispielsweise die Straßen Richtung Äquator immer weniger werden und er die BMW wieder gen Süden auf ein Schiff einchecken muss, gönnt er sich verdienterweise auch eine Auszeit auf dem Katamaran-Boot durch die Karibik und besucht auch die Galapagos Inseln. Sein Reisertagebuch hat der Abenteurer stets auf Facebook veröffentlicht, um die daheimgebliebenen „Mitreisenden“ auf dem Laufenden zu halten. 

Zurück in Oberwart hat August Oswald nun neben unzähligen Fotos natürlich seine unbezahlbaren Eindrücke und Geschichten mitgebracht. Denn wie er selbst zu sagen pflegt: „Reisen ist der beste Weg, Geld auszugeben und trotzdem reicher zu werden!“ Mit diesen kostbaren Erinnerungen ist er nun wohl im Ruhestand zum Millionär geworden. Und seine BMW 1200 GS? „Die hat keinen Kratzer abbekommen und wartet schon aufs nächste grenzenlose Abenteuer“, zwinkert Ossi.  


August Oswald direkt auf der Nulllinie des Äquators.

Je weiter es in Richtung Norden Yukon Territory geht, umso abwechslungsreicher wird die Landschaft. Allerdings nimmt die Besiedlung immer mehr ab.

Dawson Creek. Das Denkmal „Mile Zero“ steht für den Beginn des Alaska Highways. Dieser Abschnitt mit einer Länge von 2.450 km wurde in einer Meisterleistung des Straßenbaues 1942 in nur acht Monaten als Schotterpiste fertiggestellt. Nach und nach wurde die Straße teilweise begradigt und vollständig asphaltiert. Die Länge beträgt heute 2.232 km und führt von Dawson Creek über das Yukon Territory nach Delta Junction in Alaska.

Aus dem Reisetagebuch: Noch einmal geht es durch den Yellowstone Nationalpark. Zuerst in den nordwestlichen, dann in den östlichen Teil und von dort aus in Richtung Cody. Im Nordwesten des Yellowstone-Parks gibt es noch eine Reihe geothermischer Besonderheiten, dafür weist der Osten aufgrund der saftigen Wiesen entlang des Yellowstone Rivers den höchsten Bestand an Tieren auf. Apropos Tiere. Grundsätzlich muss man immer damit rechnen, dass plötzlich und unerwartet ein Wildtier auf der Straße steht. Aber wenn dann nach einer Kurve ein Bison vor dir auftaucht, naja ...

Von 3.300 Meter geht es hinauf über den Cumbres-Pass (4.470 Meter) und dann zur Einstiegsstelle der Death-Road auf 3.400 Meter. Nach ca. 40 Kilometer über sozusagen „Stock und Stein“ kommt man ins Dorf Yolosa (950 Meter), von wo aus es über die asphaltierte Fernstrasse zurück nach La Paz geht.

30 Kilometer bzw. eine Fläche von 254 Quadratkilometer „EIS“ wälzt sich vom Gipfel des „Cerro Pietrobelli“ in 2.950 Meter bis zum Lago Argentino auf 185 Meter. Die Kalbungsfront hat eine Gesamthöhe zwischen 160 und 240 Meter, die Breite des Gletschers beträgt fünf Kilometer.

Auf 10.582 Quadratkilometer Größe bringt es Boliviens Salzwüste, genannt „Salar de Uyuni“. Die Salzpfanne ist knapp 200 km lang, 135 km breit und die Salzmenge wird auf 10 Mrd. Tonnen geschätzt. Jährlich werden in etwa 25.000 Tonnen abgebaut und damit der Bedarf in Bolivien gedeckt.

Ushuaia – am Ziel angekommen: „Jetzt werde ich für ein paar Tage die raue Luft in Tierra del Fuego (Land des Feuers) genießen, bevor ich zurück nach Valparaiso (Chile) fahre, um mein Motorrad im Container nach Hamburg zu verschiffen“, schreibt Ossi in seinem Reiseblog auf Facebook.

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