Reportage

Häuser sanieren – Lebensgeschichten bewahren

Sanieren oder abreißen? Wenn Feuchtigkeit die Mauern eines Hauses durchdringt und bereits eine Schimmelbildung vorhanden ist, ist die gängige Meinung, dass sich eine Sanierung nicht auszahle. Sabina Kasumovic denkt da vollkommen anders. Dort, wo üblicherweise nur mehr die Abrissbirne zuschlägt, beginnt die Bauexpertin aus Pinkafeld eine immense Leidenschaft zu entwickeln, um aus den alten, desolaten Mauern ein Schmuckstück herauszuholen.

Foto©Kasumovic

Aus einem sehr sanierungsbedürftigen Haus wurde ein Schmuckstück.

 

Wenn man seine Beziehung liebt, ist es manchmal besser, wenn man sein Zuhause von anderen bauen lässt. Davon ist Isabella Strnad überzeugt. „Hätten wir das alles selber machen müssen, wären wir womöglich nicht mehr verheiratet“, sagt die Wienerin, die in wenigen Monaten mit ihrem Mann und ihren beiden Töchtern ins Südburgenland übersiedeln wird. 

Grund dafür ist ein Haus in Wiesfleck. Als die Familie es zum ersten Mal gesehen hat, wurde es gerade vollkommen entkernt. Geschockt hat das die mutigen Wiener nicht. „Wir haben Sabina vertraut“, sagen sie rückblickend. Letztlich blieb nur die Fassade bestehen und auch die hatte es in sich. Das Haus wurde Zentimeter für Zentimeter aufgeschnitten und isoliert. Auch die Arkaden. „Alles war feucht. Der Schimmel hatte sich schon an den Wänden breitgemacht“, erzählt Sabina Kasumovic. Durch ihre Immobilienvermittlungsfirma KSM Immobilien wird sie immer wieder auf solche stark renovierungsbedürftigen Objekte aufmerksam. „Die meisten Menschen würden sie abreißen und auf dem Grundstück etwas Neues bauen“, weiß sie. Aber die IBAU Kasumovic, die Baufirma ihres Mannes, ist auch auf solche Renovierungen spezialisiert. „120 Tonnen Schutt haben wir von dieser Baustelle wegtransportiert. Ein 300 Jahre altes Haus reißt man nicht nieder“, sagt die Immobilienexpertin. Der Charakter eines solchen Hauses ist einfach zu stark, den spüre sie förmlich. 

Welchen Wert hat Geschichte?

Aus dem ehemaligen Lagerraum mit vielen kleinen Räumen wurde ein heller, hoher Wohnbereich mit einem Rundbogen. Die Decke im Erdgeschoß wurde um 30 Zentimeter erhöht. Ebenso der Boden. Ein matter Eichenparkett zieht sich durch das gesamte Haus. Auch die original Holzbalken an der Decke sind wiederkehrende Elemente. 

Der Eingangsbereich wurde versetzt und die Fenster zeigen, wie wichtig Original-Feinheiten bei den Kasumovic-Bauprojekten sind: „Im Zuge des Baus haben wir kleine Fenster entdeckt, die wir als eine Art Ablage für Bücher oder Dekoration herausgearbeitet haben“, erklärt Sabina Kasumovic. Solch liebevolle Elemente sind auch an anderen Stellen zu finden. Wie etwa die alte Holzschiebetür im Schlafzimmer.

Ein besonders markantes Detail trägt die Holztreppe im jüngsten Teil des Hauses. 150 Jahre ist dieser Bereich alt. Das Datum des Zubaus wurde in einen Holzbalken eingraviert, der als Fundament der Treppe dient, die ins Obergeschoß führt: in den lichtdurchfluteten Kinderbereich.

Warum also sanieren?

Der Wert alter Häuser ist für Sabina Kasumovic nicht zu bemessen. Auch wenn die Kosten einer kompletten Sanierung einem Neubau gleichkommen, wiegen bei ihr immer die Vorteile. „Allein der Baumbestand und Innenhof hier in Wiesfleck haben ihren eigenen Wert. Sanieren lohnt sich dann, wenn man es professionell macht und nicht nur oberflächlich kaschiert. „Letztendlich sind die Lebensgeschichten von Menschen immer mit Häusern verbunden. Es wird darin gelacht, gestritten und versöhnt, miteinander gegessen und gefeiert“, sagt Sabina Kasumovic. „Es macht mich immer sehr traurig, wenn Häuser verfallen. Deshalb ist jede Sanierung wertvoll, denn damit entstehen auch neue Geschichten – und auch die alten bleiben lebendig.“


Ausführende Firmen

Der Bau wurde von der IBAU Kasumovic aus Pinkafeld durchgeführt.

Für Estriche und den Fußbodenaufbau sowie für die Wärme- und Trittschalldämmung ist das Unternehmen Grabner Estriche aus Markt Hartmannsdorf verantwortlich. Die Luftwärmepumpe hat das Unternehmen Ing. Varga aus Riedlingsdorf installiert.


Eindrücke vom Haus

Aus dem ehemaligen Lagerraum wurde das Wohnzimmer. Die Sanierungsarbeiten waren gewaltig.

Zentimeter für Zentimeter wurde das Haus „aufgeschnitten“ und isoliert.

Hier nochmals das Wohnzimmer im Zuge der Sanierung.

Blick vom heutigen Wohnzimmer in Richtung Küche.

Blick vom Wohnzimmer HEUTE in Richtung Küche.

Das lichtdurchflutete Obergeschoss ist das "Reich" der Kinder.

Das Schlafzimmer mit einer Holzschiebetür.

Weitere Aufnahme vom Schlafzimmer

Das Badezimmer. Hier wurden die kleinen Original-Fenster als Abstellfläche herausgearbeitet.

Aus den ehemaligen Lagerrräumen wurde ein großer Wohnzimmerbereich.

Nochmals der Vergleich: Das Wohnzimmer im Zuge der Sanierung.

Blick zur Küche vom Wohnzimmer aus.

Durchgang bei den Arkaden

Die Arkaden sind natürlich geblieben und wurden ebenfalls saniert.

Ein alter Balken vom einstigen Schlafzimmer wurde für den Stiegenaufgang verwendet. Hier ist auch die Jahreszahl des Zubaus zu sehen.

Die Treppe, die zum Obergeschoss – in den Kinderbereich – führt.

Ein weiteres Foto von der Treppe

Stiegenaufgang von der Küche aus gesehen

Das Haus vor der Sanierung

Der Eingangsbereich.

Die Küche mit dem Blick zur Stiege, die in den Kinderbereich führt

Das Wohnzimmer mit der dezenten Beleuchtung.

Das Wohnzimmer

Hier nochmals die Arkaden

Für Sabina Kasumovic steht fest: „Alte Häuser finden mich, weil ich davon überzeugt bin, dass wir sie erhalten müssen.“

Sabina Kasumovic mit den neuen Eigentümern – Isabella und Bernhard Strnad.

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2 Antworten

  1. Sehr geehrte Frau Mühl,
    die Reportage, Häuser sanieren – Lebensgeschichten bewahren, hat mich begeistert und gleichzeitig berührt. Ich hätte bei der Teilsanierung meines altes Haus (Bj 1928) auch den ursprünglichen Charakter des Gebäudes mehr berücksichtigen sollen.
    Der Familie Strnad gratulierte ich herzlich zu ihrem schönen Haus.
    Liebe Grüße
    Erni Samer
    Liebe Grüße
    Erni Samer