Reportage

Kaindorf – Leben von, neben und abseits der B 54

Wer auf der B 54 von Graz kommend Richtung Hartberg fährt, passiert Kaindorf. Schon beim Vorbeifahren fällt die gute Infrastruktur auf, die neben der Bundesstraße angesiedelt ist: Bäckereien, Gasthäuser, Nahversorger, Bank, Apotheke, Gemeindeamt und Kirche. Doch auch wenn die B 54 die wichtigste Verkehrsader der Gemeinde ist, lohnt es sich, abzubiegen und Kaindorf genauer unter die Lupe zu nehmen.

(c) Olga Seus

Etliche Gasthäuser und Läden liegen an der Hauptstraße.

Was war

Kaindorf wurde zwar erst 1255 erstmals urkundlich erwähnt, doch ist die Ortsgeschichte mit einem früheren Ereignis viel mehr verknüpft. Wie der Historiker Gottfried Allmer, der seines Zeichens in über 40 Jahren mehr als 100 Chroniken steirischer Gemeinden verfasste, postuliert, war das Jahr 1205 für Kaindorf prägend: Denn in diesem Jahr wurde zusätzlich zur alten Römerstraße, die über Gleisdorf, Ilz und Sebersdorf nach Hartberg führte, die heutige Wechselstraße gebaut, die durch die Ortschaft führt. Gottfried Allmer erläutert, dass Bauernhöfe des alten einzeiligen Ortes nach unten zur neuen Straße übersiedelten, die Kirche entstand und durch die Belebung wuchs der Ort. Dazu kam schon im 19. Jahrhundert ein „sehr solides Kleingewerbe“, das durch die Ablehnung einer Ortsumfahrung bis heute dazu beigetragen hat, dass die Gemeinde gut dasteht und auch weiterhin Gewerbe wie Gastgewerbe rund um die heutige Bundesstraße angesiedelt hat. „So sehr der Verkehr belastet durch Abgase und Lärm, so ist er nicht nur Fluch, sondern Segen zugleich“ resümiert der Historiker. Mitte des Jahres soll seine neue Chronik der Gemeinde herauskommen. Diese wird die drei bestehenden Katastralgemeindechroniken von Kaindorf, Dienersdorf und Hofkirchen zusammenfassen und um neue Aspekte erweitern. 

Was ist

Wie viele andere Gemeinden ist auch Kaindorf damit befasst, sich für einen möglichen Blackout zu rüsten. Dazu gehört, die Trinkwasserversorgung zu sichern. Bislang gibt es einen Hochbehälter im Gemeindegebiet, ein weiterer ist in Planung. Spätestens nächstes Jahr soll hier der Spatenstich erfolgen. Aber auch Notstromaggregate, um besondere Gebäude notfallsicher zu machen, werden besorgt. Bürgermeister Thomas Teubl rät jedoch jedem Gemeindemitglied, selbst für den Notfall vorzusorgen. „Grundsätzlich muss der Bevölkerung klar sein: Die Eigenversorgung ist am wichtigsten. Wir können nur in Not- und Härtefällen einspringen“.

Ein echtes Großprojekt ist die Kanalsanierung, die bereits 2022 begonnen wurde und für das gesamte Gemeindegebiet mit 2,3 Millionen zu Buche schlägt. Das klingt viel, doch ist das Kanalnetz vielfach rund 60 Jahre alt und dementsprechend an vielen Stellen inzwischen schadhaft. 

Was sein wird

Kaindorf soll eine Gemeinde für alle sein. Viele Vereine tragen zu einem bunten Gesamteindruck bei und decken vielerlei Interessen ab. Doch hat sich über die Coronajahre gezeigt, dass die Jugendlichen keinen eigenen Treffpunkt, keinen Raum für sich haben. Um dies zu ändern, sind in Zusammenarbeit mit der Landentwicklung Steiermark verschiedene Projekte und Maßnahmen angedacht. Zunächst einmal soll über Fragebogenaktionen und Treffen mit engagierten Bürgern herausgearbeitet werden, was benötigt wird. In einem zweiten Schritt werden dann gezielt Maßnahmen umgesetzt. So ist z.B. ein Plan, im Pfarrhof einen Jugendtreffpunkt zu etablieren. 

Die gesamten Maßnahmen, die nicht nur Jugendliche, sondern auch andere Gruppierungen wie z.B. die ältere Generation betreffen, werden evaluiert. Sie sind Voraussetzung für die Zertifizierung als kinder- und familienfreundliche Gemeinde, um die Kaindorf sich beworben hat.

Ein großes Thema wird auch die Zukunft der Schulen sein. Bislang hat Kaindorf eine dislozierte Volksschule mit Gruppen in Kaindorf und Hofkirchen sowie eine Mittelschule in Kaindorf direkt neben der dortigen Volksschule. Auf längere Sicht gibt es hier Überlegungen, alle drei Schulen in einem Cluster mit einer Gesamtleitung zusammenzufassen. Über die Ökoregion gibt es bisher bereits eine gute Zusammenarbeit, was die eigenen Schulhefte betrifft, die kostensparend und umweltschonend jeweils direkt über die Schulen bezogen werden können.  

Typisch für

Auch wenn die Bundesstraße die Bezugsgröße für Kaindorf bleibt, so empfiehlt Thomas Teubl, um die Gemeinde in ihrer Gesamtheit zu erfassen, auch einmal „drei Schritte neben die B 54 zu wagen und ins große und wunderschöne Hinterland“ zu schauen. Verschiedene Wanderwege wie der Sagenweg, der Marterlweg oder der Hoamatweg laden dazu ein, Kaindorf zu Fuß zu erleben. Nach der Erkundungstour bietet Kaindorf viele Einkehrmöglichkeiten neben und abseits der B 54, um sich kulinarisch verwöhnen zu lassen. 


Auch das Gemeindeamt liegt an der B 54.

Die B54 führt direkt durch Kaindorf. Seit der Errichtung der Straße 1205 hat sich die Besiedelung links und rechts dieses wichtigen Verkehrsweges geballt.

Die Volksschule und die Mittelschule liegen in Kaindorf direkt nebeneinander, die Zusammenarbeit soll in Zukunft noch enger sein.

Die Wasserversorgung ist für Kaindorf vor allem in Bezug auf Blackoutvorsorge ein wichtiges Thema.

Der Sagenweg, der neben der B 54 startet, ist nur einer von mehreren Rundwegen, die dazu einladen, die Gemeinde zu Fuß zu erkunden.

In Hofkirchen kann man in die Luft aufsteigen und die Gemeinde von oben sehen.

Bürgermeister Thomas Teubl hier bei der Präsentation der gemeinsamen Schulheftaktion der Ökoregion Kaindorf-Schulen.

Gottfried Allmer: Der Historiker bringt die Gemeindechronik heraus

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