Reportage

Vom Bauleiter zum Tofu-Produzenten

Die südburgenländischen Tofu Produkte von Shu-Chen Chuang aus Rotenturm haben sich in der
Region längst einen Namen gemacht. Für die Einzelunternehmerin mit taiwanesischen Wurzeln ist
inzwischen die Zeit für die wohlverdiente Pension gekommen. Auf ihrer Suche nach einem
Nachfolger hat sich ein junges Pärchen aus dem Bezirk Hartberg gefunden, das den Betrieb
nun mit Herzblut übernommen hat – und dafür sein ganzes Leben umkrempelt.

© AMA GENUSS REGION/Mias Photoart

Die Gründerin der Rotenturmer Bio Manufaktur „Unser Sojahaus“ Shu-Chen Chuang und Nachfolger Kevin Wagner

 

Noch vor einem halben Jahr hat für Kevin Wagner schon vor vier Uhr früh der Wecker geläutet, um täglich bis spätabends nach Wien auf die Baustellen zu pendeln. Als Teamleiter von durchschnittlich 400 Mitarbeitern in der Baubranche hat der 31 Jahre junge Steirer eine gut bezahlte, verantwortungsvolle Berufslaufbahn erlebt. Trotzdem wurde ein inneres Gefühl immer lauter, dass er in seinem Job unglücklich war. Dass ihm etwas fehlte. 

„Ich hatte als Kind drei Traumberufe im Sinn: Bauarbeiter, Koch oder Pilot”, lacht Kevin Wagner. Mit experimentierfreudiger Neugier hatte er daher auch schon seit Langem damit begonnen, in seiner spärlichen, nächtlichen Freizeit ganz ambitioniert Tofu zu selchen, im hauseigenen Ofen. Da war die Idee, einmal eine Tofuproduktion zu übernehmen, noch in weiter Ferne. Außer, dass das Interesse am Produkt sehr hoch war: „Der Tofu aus Rotenturm war aus dem Selchofen immer am besten im Endergebnis”, sagt Kevin. „Sabrina und ich haben oft gescherzt, dass wir genau diesen Tofu noch veredeln könnten.”

Als die beiden die Ausschreibung zur Übernahme der Rotenturmer Tofu-Produktion entdeckt hatten, überkam sie das abenteuerliche Gefühl, dass aus einer verrückten Idee durchaus ernst werden könnte: „Wir haben die Inhaberin Shu-Chen per Mail kontaktiert und aus dem Termin wurde ein stundenlanges, konstruktives Gespräch, das nach wenigen Tagen zur Entscheidung geführt hat und das nun ein sehr freundschaftliches, vertrauensvolles Verhältnis mit Shu-Chen als Basis hat. Sie betont nämlich immer, dass in ihrem Tofu ganz viel Liebe drinnen steckt. Und das ist genau diese Begeisterung, die wir für dieses Produkt mitbringen”, erzählt Sabrina Leitner. Auch sie hat ihren alten Job in der Kreativbranche reduziert, um sich fortan mit dem Marketingkonzept und Vermarktung ihres Tofus zu befassen. Mit der Unterstützung vom Unternehmensgründungsprogramm des AMS, das auch bei einer Betriebsübernahme zur Seite steht, sind die beiden Jungunternehmer seit August für den Rotenturmer Betrieb, der sich nun „Unser Sojahaus” nennt, verantwortlich. „Die Tochter von Shu-Chen, die als Ärztin in der Schweiz tätig ist, verbleibt mit einem Anteil im Unternehmen. Auch Shu-Chen selbst wird mit ihrer Persönlichkeit als Pionierin und Gründerin im visuellen Marketingauftritt erhalten bleiben”, erklärt die 27jährige Steirerin.

Mit großen Zukunftsplänen im Gepäck hat man aber schnell bemerkt, dass die Produktionsstätte in Rotenturm über kurz oder lang zu klein werden würde. Derzeit ist man in Verhandlungen – beziehungsweise immer noch auf der Suche – nach nachhaltigen, leerstehenden Hallen, die sich für die Anforderungen der Tofu-Produktion eignen könnten. „Der nächste Schritt ist, dass man die vielen, bislang abgesagten und österreichweiten Anfragen aufgrund eingeschränkter Kapazitäten von Shu-Chen erneut aufarbeiten und mit neuem Lieferkonzept bespielen kann. Das Ziel soll auch sein, dass es in jedem schönen Bio-Hotel unseren Tofu gibt”, sagt der hochmotivierte Jungunternehmer. Mit regionalen Soja-Bauern wurden die größeren Abnahmemengen fixiert. Der geselchte Tofu à la Kevin Wagner ist bereits in den Verkaufsstellen erhältlich. Ob ihn im neuen Berufsalltag noch etwas an die Zeit auf den Baustellen erinnert? „Ich stehe nach wie vor zeitig frühmorgens auf”, lacht Kevin Wagner. „Allerdings halte ich am Ende des Tages mein eigens erschaffenes Produkt in den Händen, das anderen Menschen Genuss und Freude bereitet, zum Klimaschutz beiträgt und Tierleid vermeidet. Und das ist ein unbeschreibliches Gefühl.”  


„In diesem Tofu steckt ganz viel Liebe drin“ – Shu-Chen Chuang


Tofu ist international aufgrund seiner pflanzlichen Herkunft und seines Proteinreichtums als Ersatz für Fleisch und Fisch bekannt.

Tofu wird durch die Gerinnung der Eiweißbestandteile von Sojamilch hergestellt, zum Beispiel mit Hilfe von Nigari (Magnesiumchlorid) oder Zitronensäure. Diese werden anschließend durch Erhitzen und Abschöpfen oder Filtrieren abgetrennt und in eine schnittfeste Form gepresst. 


Tofu aus Rotenturm.

"Geselchter Tofu à la Kevin Wagner".

Kevin Wagner und Sabrina Leitner haben die Tofu Manufaktur in Rotenturm übernommen


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2 Antworten

  1. Und der Tofu ist bei weitem der Beste den ich je gegessen habe. Schön dass die Nachfolge gesichert und eine größere Produktion geplant ist. Endlich wird es den Beste dann auch bald überall geben.