Reportage

Weihnachtsbräuche aus aller Welt zu Gast in Hartberg

Es ist Advent und alles dreht sich um den 24. Dezember, den „Heiligen Abend“. Unterm Christbaum werden dann Geschenke getauscht, dazu selbst gemachte Kekse gegessen und Weihnachtslieder gesungen. Aber ist das die einzig mögliche Art, die Geburt Jesu zu feiern? Im Verein Omega in Hartberg hat prima! etliche Christen getroffen, deren Ursprungsländer zum Teil weit, zum Teil auch nicht allzu weit von Österreich entfernt liegen. Sie haben uns erzählt, wie in ihrer alten Heimat Weihnachten gefeiert wird.

pexels.com / Daniel Reche


Indien
Bhawna Sharma kommt aus Indien, wo sie zur christlichen Minderheit gehörte. Bereits in Neu-Delhi feierte sie von daher Weihnachten. Zum Ritual gehörte, dass sie am 24. Dezember mit Nachbarskindern, die zum Teil gar nicht christlich waren, die Geburtsgeschichte Jesu nachspielte und dann im Hotel, in dem die Mutter gearbeitet hatte, den dortigen opulenten Christbaum bewunderte. Weihnachten selbst war für sie erst der 25. Dezember. Dort gab es dann statt Keksen typisch indisches Gebäck, vor allem Gujiya, eine Art Nusstaschen, die ihre Mutter übrigens heute noch zu Weihnachten bäckt. Dazu gibt es aber inzwischen auch typisch österreichische Kekse. „Ganz neu war für mich in Österreich der Adventbrauch“, sagt sie. Von Freunden und Verwandten aus Indien weiß sie, dass der Brauch, Weihnachten zu feiern in den größeren indischen Städten durchaus Einzug genommen hat. Nicht aus überzeugtem Glauben, sondern eher aus Freude an dem Fest. Allerdings wird Weihnachten dann meist mit Santa Clause in Verbindung gebracht, der am 25. Dezember unterm geschmückten Baum kleine Geschenke hinterlässt.

Armenien
Tehmine Hayrapetyan kam vor 15 Jahren aus Armenien in die Steiermark. Stolz berichtet sie, dass Armenien das erste christliche Volk der Welt war – im Jahr 301 wurde dort das Christentum zur Staatsreligion erklärt, die Glaubensrichtung nennt sich armenisch apostolisch. „Der Hauptunterschied zum österreichischen Weihnachten ist, dass unseres am 6. Jänner begangen wird“, erzählt Tehmine und führt weiter aus, dass bereits zu Silvester der „Weihnachtsmann“ komme, der für die Kinder Geschenke unterm Weihnachtsbaum hinterlasse, die am Morgen des 1. Jänner ausgepackt werden können. Die Geburt Christi ist im armenisch apostolischen Glauben aber auf den 6. Jänner datiert. Neben großen Messen, die besucht werden, wird dieses Fest mit der Familie gefeiert, wozu es auch traditionelle Gerichte wie Reis mit Rosinen und Lavasch – das typische ungesäuerte Fladenbrot – Spinat mit Eierspeis, Fisch und Rotwein gibt. Tehmines Kinder haben übrigens Glück: Inzwischen feiert sie sowohl traditionell armenisch als auch nach österreichischer Tradition.

Kamerun
Moreno Kepseu Mendjeu kam vor über zwei Jahren aus dem bürgerkriegsgeschüttelten Kamerun nach Österreich. An die Weihnachtsfeiern in seiner alten Heimat erinnert er sich gerne. In Kamerun sind übrigens knapp 70% der Bevölkerung christlichen Glaubens. „Weihnachten ist für alle ein großes Fest. Jeder schmückt sein Haus, besorgt sich neue Kleidung, alle feiern.“ Vor den Häusern werden Plastikbäume aufgestellt, wer es sich leisten kann, hat innen noch einen echten. Auf jeden Fall aber gibt es viele Lichterketten: „Man will mit großer Helligkeit und einem sauberen Haus Christus zu sich einladen“, erzählt Moreno. Am 24. Dezember gibt es abends eine große Messe in der Kirche, die bis über Mitternacht dauert. Am 25. feiert man auch in Kamerun mit Freunden und Verwandten zuhause, doch vor allem auch auf den Straßen, draußen, überall. „Die Österreicher sind an Weihnachten nur für sich zuhause. In Kamerun feiern alle, alle sind glücklich.“

Rumänien
Loredana Fuior aus Rumänien ist seit sechs Jahren in Österreich. Begeistert berichtet sie vom Fest der Rumänisch-Orthodoxen aus ihrem Heimatland. „Es beginnt immer mit dem Fasten, vom 14. November weg bis zum 25. Dezember. Man isst während dieser Zeit kein Fleisch, keine Eier, keine Milch, also keine tierischen Produkte und trinkt keinen Alkohol – und man benutzt keine Schimpfwörter. Aber es ist ein freiwilliges Fasten.“ Am 20. Dezember, dem Ignatius-Tag, schlachten die Bauern ein Schwein für das Fest. Am Heiligabend gehen die Kinder – häufig in traditionelle Tracht gekleidet – von Tür zu Tür und singen wie bei uns die Sternsinger Weihnachtslieder. Dafür bekommen sie Äpfel, Nüsse, Süßigkeiten oder etwas Geld. Am 24. Dezember wird der Weihnachtsbaum geschmückt, unter dem am Morgen des 25sten in den bereit gestellten Schuhen die eher klein gehaltenen Geschenke vom Weihnachtsmann liegen. Für die nicht so braven Kinder gibt es zudem als Ermahnung eine geschmückte Rute. Traditionell wird an diesem Tag gemeinsam gegessen oder man besucht Freunde. Es gibt spezielle Speisen wie Sarmale, das sind Kohlrouladen mit Schweinefleisch oder ein Boeuf-Salat mit Rindfleisch und Gemüse, außerdem Schnitzel, Fleischbällchen und Cozonac, ein Nuss-Hefegebäck.

Spanien
Seit vier Jahren ist Larisa Indrei nun in Österreich, aufgewachsen ist sie aber in Spanien. „In Spanien ist Weihnachten ein großes Fest, das von 8. Dezember bis zum 6. Jänner dauert“, erklärt sie. Bereits am 8. Dezember wird der Weihnachtsbaum geschmückt. Am 22. Dezember ist dann der große nationale Los-Ziehtag der Weihnachtslotterie. Die spanische Weihnachtslotterie gilt, gemessen an der ausgespielten Gesamtsumme, als die größte Lotterie der Welt. Am 24. Dezember ist auch in Spanien Heiligabend, der aber als Nochebuena, also als neue, schöne Nacht bezeichnet wird: Die ganze Familie kommt zusammen, um die Geburt Jesu zu feiern, es werden Weihnachtslieder gesungen, traditionell wird gefüllte Pute gegessen, Schinken und Käse. Dazu gibt es Polvorón, das ist eine Art von Keksen, sowie Turrón, eine Variante des Weißen Nougats. In der Nacht kommt der Weihnachtsmann und bringt Geschenke, die am 25. geöffnet werden. Am 28. ist der „Dia de los Santos Inocentes“, der Tag der Unschuldigen. Hier spielt man sich – analog zum hiesigen 1. April – gegenseitig Streiche. Am 31. Dezember gibt es eine große Feier, wobei Silvester übrigens la noche vieja, also die alte Nacht genannt wird. Die letzten 12 Sekunden des alten Jahres werden von den Glocken von Madrid begleitet, wer nicht dort ist, sieht im Fernseher zu. Zu jedem der 12 Glockenschläge wird eine Traube gegessen, das soll Glück bringen. Am 5. Jänner schließlich gibt es große Paraden mit vielen Verkleidungen, vor allem aber mit Festwagen mit den Heiligen Drei Königen, die im Spanischen als „Magierkönige“ bezeichnet werden. Traditionell gibt es hier einen speziellen Kuchen, den Roscón des Reyes, in dem kleine Figürchen versteckt sind, die entweder Glück (einer der drei Könige) oder Pech (konträr zur hiesigen Tradition ein Schwein) bringen sollen. Am Abend stellen die Kinder ihre Schuhe auf und wie beim hiesigen Nikolausbrauch werden diese über Nacht von den drei Königen mit Geschenken befüllt, wobei es für die unartigen Kinder Kohlestückchen gibt. Damit endet am 6. Jänner das Weihnachtsfest der Spanier.

Verein Omega

Seit 2009 gibt es in Hartberg ein Büro des in Graz gegründeten Vereins Omega – Transkulturelles Zentrum. Ziel in Hartberg ist, Menschen aus unterschiedlichen Kulturen das „EinLeben“ zu erleichtern. Dieses und andere vom AMS finanziell unterstützte Projekte sollen beim AMS gemeldete Menschen mit Migrationshintergrund in den Arbeitsmarkt integrieren. Hierzu gibt es Deutschkurse in verschiedenen Niveaus, häufig mit speziellem Fachvokabular wie es z.B. für Pflegeberufe oder eine technische Ausbildung benötigt wird. Omega arbeitet hierbei mit allen Nationalitäten zusammen, seit Gründung betreute man hier schon weit über 1.500 Menschen. „Unsere Teilnehmer*innen setzen sich zu etwa einem Drittel aus Flüchtlingen, einem Drittel aus EU-Migranten und einem Drittel aus nachgezogenen Familienangehörigen zusammen“, so Sadika Morić, die Leiterin, die ihrerseits vor mehr als 30 Jahren aus Bosnien nach Österreich kam.


Bhawna Sharma (oben Mitte) feiert seit 16 Jahren mit ihrer Familie in Österreich Weihnachten.

Tehmine Hayrapetyan feiert zweimal Weihnachten: am 24.12. nach österreichischem Brauch und am 6.1. nach armenischer Sitte.

Moreno Kepseu Mendjeu schwärmt von Weihnachten in Kamerun.

Loredana Fuior erzählt von Weihnachten in Rumänien.

Larisa Indrei aus Spanien.

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