Reportage

Wein und Oliven: Wie Bruder und Schwester

Es ist ein Bild, das wie kein anderes den Wandel in der Landwirtschaft zeigt: ein Olivenhain neben einem vertrockneten Kukuruzfeld. Die Landwirtschaft wird sich verändern. Während die Bedingungen für den traditionellen Anbau durch den Klimawandel schwieriger werden, eröffnen sich mit mediterranem Obst und Gemüse neue Perspektiven. Wie aus drei Freunden aus Stegersbach Olivenbauern wurden.

(c) LEXI

Die drei Stegersbacher Freunde Christoph Miksits, Siegfried Rosenkranz und Thomas Peischl haben heuer 375 Olivenbäume gepflanzt. Weitere 350 Bäume sollen dazukommen.

 

375 Olivenbäume in Stegersbach zeigen, dass eine neue Form der Landwirtschaft in unserer Region bereits möglich ist. Der Klimawandel hat bei der Geburt eine tragende Rolle gespielt. „Ich habe mir mit einem befreundeten Meteorologen die Klimakarten der letzten zehn Jahre angesehen und es ist eine Tatsache, dass es bei uns immer heißer und trockener wird“, erzählt Christoph Miksits.

Dann stieß er zufällig auf einen Bericht über die Agro Rebels in einer Tageszeitung und der Gedanke an eine eigene klimafitte Landwirtschaft wuchs weiter. Beim Frühschoppen wurde die Sache schließlich zwischen den drei Freunden Siegfried Rosenkranz, Christoph Miksits und Thomas Peischl fixiert: Es werden Oliven in Stegersbach angebaut. Und was beim Frühschoppen mit Bier und Handschlag besiegelt wird, das gilt.

Auch wenn sich in dieser Anfangsgeschichte eine gewisse Form der Leichtigkeit vermuten lässt, steckt in der weiteren Entwicklung doch ein sehr wissenschaftlich fundiertes Vorgehen. Bauern im Kampf gegen den Klimawandel durch den Anbau von mediterranen Obst- und Gemüsesorten zu unterstützen – das ist das Ziel der Agro Rebels.

Mediterrane Landwirtschaft im Südburgenland. Geht das?

Im Südburgenland seien die mutigsten Leute, sagt Dominik Rössler. „Sie haben den Willen, neu zu denken, sind interessiert und gehen neue Wege.“ Dominik Rössler ist ein Agro Rebel. Einer von vier. 2019 hat er mit den anderen Visionären den Verein gegründet, weil sie der Meinung sind, dass wir „raus aus der Opferrolle“ müssen. Der Klimawandel sei unbestritten da. Für die Landwirte werde es immer schwieriger, traditionelle Obst- und Gemüsesorten anzubauen. „Aber dafür gibt es neue Möglichkeiten, die wir nutzen können“, sagt er.

30 verschiedene Olivensorten aus fünf Ländern haben die Agro Rebels in ihrem Forschungshain in Mörbisch selbst gepflanzt. Den „Stegersbacher Oliven- hainis“ – wie sie sich untereinander nennen – haben sie eine spanische Sorte empfohlen. Das Südburgenland sei als Anbaugebiet einzigartig, meint Daniel Rössler. „Das liegt vielleicht auch daran, dass die Olive Genuss verkörpert und das passt perfekt z„u den südburgenländischen Weinen. Das ist wie Bruder und Schwester. Die Geduld, die der Anbau erfordert, passt wiederum zur südburgenländischen Mentalität“, poetisiert der Rebell.

Die Agro Rebels überlassen dabei nichts dem Zufall. Gemeinsam mit der BOKU Wien werden wissenschaftliche Unter- suchungen durchgeführt. Getestet haben sie die Pflanzen in den schwie- rigsten Regionen der Welt. Markus Fink, der in seinem Brotberuf Weltraum-Physiker ist, hat unter anderem erforscht, wie Pflanzen und Organismen im All überleben können. Daniel Rössler hat zehn Jahre lang in Entwicklungsländern gearbeitet und Agrar-Projekte in Afrika, Asien und Osteuropa unterstützt. Lukas Hecke hat Sozialunternehmen aufgebaut. Markus Simhirt ist Olivenbauer und Ölproduzent in Spanien. Das gemeinsame Food-Start-Up profitiert von den individuellen Erfahrungen der Gründer.

Oliven im Südburgenland

Auch die „Stegersbacher Olivenhainis“ kennen die intensiven Vorbereitungen der Agro Rebels. Nach unzähligen Testungen, Überprüfungen der Boden- beschaffenheit, der Niederschläge, der Temperatur und etlichen Wahrscheinlichkeitsberechnungen haben die drei Stegersbacher am 2. April um halb zehn Uhr vormittags ihren ersten Olivenbaum gesetzt. 374 Bäume folgten auf drei verschiedenen Grundstücken. „Alle unsere Freunde haben mitgeholfen und es war ein Kommen und Gehen. Wie bei einem Volksfest – Jause natürlich inklusive“, lachen sie. Angst vor dem Winter haben die drei Olivenbauern nicht. Immerhin ist ihre Sorte frostbeständig und hält Temperaturen bis minus 18 Grad gut aus. Das Risiko sei, so gut es geht, minimiert.

In spätestens sieben Jahren soll die Ernte so gut sein, dass pro Baum ein Liter Olivenöl gewonnen wird. Eine eigene Ölpresse wäre das große Ziel. Hochwertiges Olivenöl zu erzeugen, steht auch auf dem Plan der Agro Rebels. Mit ihren zehn Partner-Bauern haben sie insgesamt 1.700 Bäume am Start. Welche Form der Kooperation man dann mit ihnen eingehen wird, ist noch unklar. Jetzt heißt es für die Oliven erst einmal wachsen und gedeihen und für die „Olivenhainis aus Stegersbach“ Geduld bewahren. Wie man sagt, können das die Südburgenländer ja am besten in Gesellschaft des großen Bruders der Olive.


Am 2. April 2022 haben die „Stegersbacher Olivenhainis“ 375 Olivenbäume gepflanzt.
Salbei und Lavendel halten Schädlinge fern.

In fünf bis sieben Jahren wollen die Stegersbacher Olivenbauern ihr eigenes Öl produzieren. Die erste Olive zeigt sich bereits.

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