Bericht

Badeunfälle: KFV warnt vor weiteren Todesopfern

„Gratisschwimmkurse für alle Menschen“ steht im Regierungsprogramm. Ein ambitioniertes Ziel, das bislang noch nicht umgesetzt wurde. Bereits im Schulalter herrschen große Defizite. Aufgrund der pandemiebedingten Ausfälle fehlen laut dem Bereich Sport- und Freizeitsicherheit im KFV für Österreichs Schulkinder mindestens 9.000 Schwimmkurse. In diesem Jahr sind bereits mindestens zwei Kinder, ein Jugendlicher und ein junger Erwachsener ertrunken – inklusive den Erwachsenen starben mindestens 13 Menschen im Wasser. Das KFV warnt angesichts steigender Temperaturen vor weiteren Opfern und fordert die Umsetzung des Regierungsprogramms.

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Bei tödlichen Kinderunfällen sind Ertrinkungsunfälle – nach Verkehrsunfällen – die zweithäufigste Todesursache. Im Jahr 2022 sind laut vorläufigen Daten 5 Kinder ertrunken. Auch 2023 sorgten bereits tragische Todesfälle von Kindern in einem Thermalbad sowie in einem Biotop für Aufsehen. Hinzu kommt der Ertrinkungstod eines Jugendlichen und eines jungen Erwachsenen in zwei heimischen Badeseen. Laut vorläufigen Zahlen sind heuer in Summe schon mindestens 13 Personen ertrunken. Dabei hat die Outdoor-Badesaison in Österreich temperaturbedingt erst begonnen. Im Vorjahr ertranken laut vorläufigen Zahlen insgesamt mindestens 33 Personen. Zum Vergleich: Laut Statistik Austria sind von 2012 bis 2021 in Österreich pro Jahr zwischen 22 und 47 Menschen ertrunken.

Jedes Kind sollte zumindest in der Lage sein, sich ans nächste Ufer zu retten

Angesichts der beginnenden Sommerbadesaison verweist Dr. Johanna Trauner-Karner, Leiterin des Bereichs Sport- und Freizeitsicherheit im KFV auf die besondere Gefahrensituation: „Aufgrund der COVID-19-Pandemie sind viele Schwimmkurse im Rahmen des Schulsportunterrichts ausgefallen und konnten oft auch nicht nachgeholt werden. Viele Kinder und Jugendliche können aktuell gar nicht, unsicher oder im besten Fall nur mittelmäßig schwimmen.“ Basierend auf Ergebnissen der KFV-Studie zur Schwimmkompetenz aus dem Jahr 2022 kann man davon ausgehen, dass österreichweit ein Bedarf von mindestens 9.000 Schwimmkursen für Schulkinder bis 19 Jahren besteht, damit diese Zielgruppe zumindest Grundkompetenzen im Schwimmen erwerben kann. „Ein Kind muss kein Profischwimmer werden, aber wenn es ins Wasser fällt, sollte es zumindest in der Lage sein, sich an ein Ufer oder den Beckenrand zu retten“, so Dr. Trauner-Karner.

 

Schulen bei der Umsetzung des Schwimmunterrichts unterstützen

Die Expertin betont die Wichtigkeit, das Schwimmen bereits von klein auf zu lernen und alle Bevölkerungsgruppen einzubeziehen: „Viele Kinder haben nicht die Möglichkeit außerhalb der Schule schwimmen zu lernen, beispielsweise weil die Eltern nicht die zeitlichen oder finanziellen Ressourcen haben. Deswegen kommt dem Schwimmunterricht an den Schulen eine besonders wichtige Bedeutung zu. Dort erreicht man alle Kinder – unabhängig vom sozioökonomischen Status der Erziehungsberechtigten“. Allerdings benötigen das Schulsystem dafür auch adäquate finanzielle und personelle (externe) Ressourcen sowie die Verfügbarkeit einer flächendeckenden Bäderinfrastruktur.

 

KFV pocht auf die Umsetzung des Regierungsprogramms 

Jeder Zehnte zwischen fünf und 19 Jahren kann nicht schwimmen. Mangelnde Schwimmkenntnisse sind allerdings kein Phänomen, das nur schulpflichtige Kinder und Jugendliche betrifft, sondern auch Erwachsene. Laut KFV-Erhebungen können sieben Prozent der österreichischen Bevölkerung (ab 5 Jahren) nicht schwimmen – das sind rund 600.000 Betroffene. Dr. Trauner-Karner betont daher: „Auch in Zeiten der Teuerung müssen auf allen Ebenen die Anstrengungen intensiviert werden, um das Schwimmen und Schwimmenlernen zu forcieren. Das ist auch so im Regierungsprogramm verankert“. Auf Seite 44 heißt es dort: „Schwimmkurse für alle: Ein österreichweites Konzept für Gratisschwimmkurse für alle Menschen ist zu erarbeiten und umzusetzen“. Dr. Trauner-Karner dazu: „Die zeitnahe Umsetzung des Regierungsprogramms, ausreichende finanzielle Unterstützung der Bildungsinstitutionen und geförderte Programme wären jetzt besonders wichtig“.

 

Neu: Selbstrettungsschwimmtrainings

Ausgewählte Schwimmschulen bieten auch sogenannte Selbstrettungsschwimmtrainings an. Pilotprojekte des KFV in diesem Bereich zeigen große Erfolge. Schwimmschulen, die dieses Format in ihr Portfolio aufnehmen möchten, können sich unter sf@kfv.at melden. Weitere Infos unter www.wateradventure.kfv.at. Selbstrettungsschwimmtrainings sind zwar kein vollwertiger Ersatz für Schwimmkurse, die Kinder lernen dort aber, wie sie sich bei einem Sturz ins Wasser eigenhändig ans Ufer bzw. den Beckenrand retten können.


KFV-Sicherheitstipps

  • Kleinkinder sollten immer in unmittelbarer Reichweite beaufsichtigt werden, größere Kinder in Sichtweite. Sind mehrere Personen vor Ort, sollte eine Person konkret für die Beaufsichtigung der Kinder zuständig sein.
  • In der Regel lernen Kinder in einem Schwimmbecken schwimmen. Beim Schwimmen in offenen Gewässern sollte berücksichtigt werden, dass hier andere Bedingungen (Wind, kaltes Wasser, Strömung, Wellen, …) herrschen. Das gilt auch für Erwachsene.
  • Kinder sollten Badebekleidung in gut sichtbaren, grellen Farben tragen. Dadurch behält man sie besser im Auge und im absoluten Notfall werden sie dadurch auch unter Wasser schneller aufgefunden.
  • Kindern nicht die Aufsicht über andere (kleinere) Kinder übertragen: Sie sind noch nicht in der Lage, die Verantwortung für andere Kinder im und am Wasser zu übernehmen.
  • Selbst bei Planschbecken im eigenen Garten sollten Kinder niemals unbeaufsichtigt bleiben. Entleeren Sie Planschbecken sofort nach dem Gebrauch – auch geringe Wassertiefen sind für Kleinkinder gefährlich.
  • Sichern Sie Pools, Biotope und Schwimmteiche mit einem Zaun sowie einer selbstschließenden Tür. Dadurch wird der direkte Zugang zum Wasser verhindert – denn auch rechtlich gilt: Wer eine Gefahrenquelle schafft, muss diese auch absichern.
  • Alarmsysteme für Pools und Gartenteiche bieten zusätzliche Sicherheit, können aber eine Aufsichtsperson nicht ersetzen.
  • Entfernen Sie die Einstiegsleitern, wenn gerade nicht im Wasser geplanscht werden soll – Leitern, Treppen und Rutschen wirken insbesondere auf kleine Kinder wie eine Einladung.
  • Auf Booten sollten Kinder immer eine ohnmachtssichere Schwimmweste bzw. Rettungsweste tragen.
  • Wer sich in offenen Gewässern weit vom Ufer entfernt, sollte eine Schwimmboje mitführen. Falls man müde wird, kann man sich daran festzuhalten und um Hilfe rufen bzw. nach einer Erholungsphase ans Ufer zurückzuschwimmen. Aber Achtung: Schwimmbojen sind keine Schwimmhilfen bzw. Schutzausrüstung und nur für erfahrene Schwimmer*innen zur Unterstützung geeignet.

Quelle: KFV


Dr. Johanna Trauner-Karner, Leiterin der Abteilung Sport- und Freizeitsicherheit im KFV

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