Bericht

Bodenverbrauch und steigende Temperaturen sind fatal für unser Land

Städte werden verbaut, Böden werden zubetoniert. Das Ganze hat jedoch fatale Folgen für Umwelt und Klima. Dabei wäre es wichtig, den Boden zu schützen und die Werte des Bodenverbrauchs zu erreichen.

(c) ÖHV

Mag. Simon Tschannett, Meteorologe, Stadtklimatologe und Geschäftsführer Weatherpark GmbH und Dr. Kurt Weinberger, Vorstandsvorsitzender der Österreichischen Hagelversicherung

„Österreich ist nach wie vor Europameister im negativen Sinn, was die tägliche Verbauung für Straßen, Gewerbeflächen oder Einkaufszentren betrifft“, so Dr. Kurt Weinberger, Vorstandsvorsitzender der Österreichischen Hagelversicherung. Täglich werden demnach rund 11,5 Hektar wertvoller Äcker und Wiesen durch Verbauung zerstört. Das sind in etwa 16 Fußballfelder. In der Nachhaltigkeitsstrategie von 2002 wurde der tägliche Wert des Bodenverbrauchs mit 2,5 Hektar pro Tag festgelegt. Das Ziel dieser Strategie wurde damit klar verfehlt. „Gleichzeitig haben wir aber in Österreich mit 1,67 Quadratmetern die größte Supermarktfläche pro Kopf, mit 15 Metern pro Kopf das längste Straßennetz und auf der anderen Seite stehen Immobilien in der Größenordnung der Stadt Wien leer“, so Weinberger.

Die Folgen des Bodenverbrauchs sind fatal

Zubetonierter Boden kann kein Wasser speichern und der Grundwasserspiegel sinkt dadurch. Folglich trocknen Österreichs Seen zunehmend aus. Außerdem kann kein Kohlenstoff aufgenommen werden und die Temperaturen in den Städten steigen massiv. Mittlerweile gibt es schon vier Mal mehr Hitzetage als noch in den Achtziger- bzw. Neunziger-Jahren, Tendenz weiterhin steigend. Auch nicht zu vergessen: Zubetonierter Boden führt zum Verlust der Selbstversorgung bei den regionalen Lebensmitteln. Österreich ist bereits jetzt bei der Eigenversorgung sehr verletzbar. Zudem droht auch der Verlust der Biodiversität. Rund 80 Prozent der Arten und Lebensräume in Österreich seien „in keinem guten Zustand“, stellt die Europäische Umweltagentur Österreich fest.

„Angesichts dieser Fakten gilt es, dass 2,5-Hektar-Ziel der Bundesregierung, verankert auch im Regierungsübereinkommen, rasch umzusetzen. Das Thema „Stopp dem Bodenverbrauch“ muss oberste Priorität für Österreich haben“, so Weinberger.

Mehr Rücksicht auf Hitzewellen in der Stadtplanung ist gefragt 

Fußgängerzonen in den Innenstädten mögen zunächst autofreie, umweltfreundliche Zonen sein, dabei sind sie in der Praxis alles andere als klimafit. Die Zubetonierung der Innenstädte hat zur Folge, dass diese sich immer mehr aufheizen. Somit erreichen versiegelte Flächen Temperaturen von bis zu 50 Grad, asphaltierte Flächen sogar bis zu 70 Grad. Es fehlt der Naturraum. In der Stadtplanung müssen große begrünte Flächen miteinberechnet werden. Sowohl bei bestehenden Flächen als auch bei Neubauten. Lokale Kaltluft entsteht und sorgt für Abkühlung. „Die Oberflächentemperatur bei begrünten Flächen mit genügend Wasser ist viel geringer und für Bewohner*innen weitaus erträglicher. Im Schatten der Bäume wirkt auch noch die Verdunstungskälte. Die Hitze unter Tags ist auch besser auszuhalten“, so Mag. Simon Tschannett, Stadtmeteorologe, Stadtklimatologe und Geschäftsführer der Weatherpark GmbH. Die Städte seien nicht für den Klimawandel gerüstet. In der Stadtplanung müsse zukünftig mehr Rücksicht auf Hitzewellen genommen werden bzw. die Städte ans neue Klima angepasst werden. Böden müssen sofort vor Verbauung geschützt werden.

Umfassendes Maßnahmenbündel für weniger Bodenverbrauch notwendig

Um das 2,5-Hektar-Ziel zu erreichen gibt es verschiedene Lösungsansätze. Einige dieser Ansätze wären, dass vermehrt in die Höhe und Tiefe gebaut wird, sowie der Ausbau des öffentlichen Verkehrs, da dieser weniger Fläche in Anspruch nehme, so Weinberger. Besonders wertvolle Flächen wie Landwirtschaftsböden und Äcker müssen geschützt werden. Innenentwicklung kommt vor Außenentwicklung; Baulandanweisungen sollen nur noch dann genehmigt werden, wenn die jeweilige Gemeinde nachweisen kann, dass keine angemessene Innenentwicklungspotentiale verfügbar sind. Außerdem könnten Brachflächen revitalisiert werden, insofern das kostentechnisch möglich ist. Natürlich muss auch die Volkswirtschaft umdenken. „Nicht die Natur braucht uns, sondern wir die Natur. Daher müssen wir die Natur schützen und endlich einen Wandel hin zu einem intelligenteren Wirtschaftsdenken einleiten“, so Weinberger. Der Boden ist ein Wunderwerk und dieses gehört mit allen Mitteln geschützt.

 

Quelle: Österreichische Hagelversicherung VaG


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